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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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nötig war. Sie befürchtete, sich damit Ärger einzuhandeln, bis ich ihr versprach, ihr diese Gefälligkeit irgendwie zu lohnen. Also rief sie mir um drei Uhr vom Innenhof aus zu:
    »Chiyo-chan, würdest du bitte so gut sein und mir ein paar neue Shamisen-Saiten besorgen und außerdem ein paar Kabuki-Zeitschriften?« Man hatte sie nämlich angewiesen, zu ihrer Weiterbildung Kabuki-Zeitschriften zu lesen. Dann hörte ich sie noch lauter fragen: »Ist das in Ordnung, Tantchen?« Doch Tantchen antwortete nicht, weil sie Mittagsschlaf hielt.
    Also verließ ich die Okiya und ging am Shirakawa-Bach entlang bis zu der Bogenbrücke, die in den Motoyoshi-cho-Teil von Gion führte. Da es so schön und warm war, ergingen sich eine Menge Herren und Geishas auf diesem Weg und bewunderten die Kirschbäume, deren Zweige sich aufs Wasser hinabsenkten. Während ich an der Brücke wartete, beobachtete ich eine Gruppe ausländischer Touristen, die das berühmte Gion besichtigten. Sie waren nicht die ersten Ausländer, die ich in Kyoto gesehen hatte, aber sie wirkten höchst sonderbar auf mich: großnasige Frauen mit langen Kleidern und hellen Haaren, hochgewachsene, selbstbewußte Herren mit Absätzen, die auf dem Pflaster knallten. Einer der Herren zeigte auf mich und sagte etwas in einer fremden Sprache, worauf sich alle umdrehten und mich ansahen. Ich war so verlegen, daß ich tat, als hätte ich etwas auf dem Boden gesehen, damit ich mich niederhocken und mein Gesicht verbergen konnte.
    Schließlich kam Mamehas Dienerin, und wie ich befürchtet hatte, führte sie mich über die Brücke und am Bach entlang zu jener Haustür, wo mir Hatsumomo und Korin den Kimono in die Hand gedrückt und mich die Treppe hinaufgeschickt hatten. Ich fand es furchtbar ungerecht, daß mir dieser Zwischenfall nach all der Zeit nun noch mehr Ärger bereiten sollte. Doch als das Mädchen die Tür für mich aufschob, stieg ich im grauen Licht des Treppenhauses nach oben. Dann schlüpften wir aus unseren Schuhen und betraten die Wohnung.
    »Chiyo ist hier, Herrin!« rief sie.
    Gleich darauf hörte ich Mameha aus dem hinteren Zimmer rufen: »Gut, vielen Dank, Tatsumo!«
    Die junge Frau führte mich zu einem Tisch am offenen Fenster, wo ich mich auf eines der Kissen kniete und versuchte, möglichst nicht nervös zu wirken. Kurz darauf kam ein anderes Mädchen mit einer Tasse Tee für mich, denn wie sich herausstellte, hatte Mameha nicht eine, sondern sogar zwei Dienerinnen. Daß mir dort Tee serviert werden würde, hatte ich nicht erwartet; seit dem Abendessen in Herrn Tanakas Haus Jahre zuvor hatte ich nichts derartiges mehr erlebt. Ich verneigte mich, um ihr zu danken, und trank aus reiner Höflichkeit einige Schlückchen. Anschließend saß ich sehr lange da, ohne etwas anderes zu tun, als dem Geräusch des Shirakawa-Bachs zu lauschen, der über ein kniehohes Wehr rauschte.
    Mamehas Wohnung war nicht groß, aber überaus elegant, mit wunderschönen Tatami-Matten, die eindeutig neu waren, denn sie hatten einen bezaubernden gelbgrünen Glanz und dufteten kräftig nach Reisstroh. Wenn man eine Tatami-Matte genau betrachtet, sieht man, daß sie mit Stoff eingefaßt ist, normalerweise mit dunklen Baumwoll- oder Leinenstreifen, doch diese waren mit Seidenstreifen eingefaßt, die ein grün-goldenes Muster aufwiesen. In einer nahen Nische hing eine Schriftrolle, bedeckt mit einer wundervollen Handschrift, wie sich herausstellte, ein Geschenk des berühmten Kalligraphen Matsudaira Koichi. Darunter stand in einer flachen, unregelmäßig geformten Schale, die mit einer tiefschwarzen Glasur überzogen war, ein Arrangement aus blühenden Hartriegelzweigen. Ich fand die Schale äußerst merkwürdig, aber sie war Mameha von keinem Geringeren als Yoshida Sakuhei geschenkt worden, dem Großmeister der Keramik im setoguro-Stil, der nach dem Zweiten Weltkrieg zum Lebenden Nationaldenkmal erklärt wurde.
    Schließlich trat Mameha in einem kostbaren cremefarbenen Kimono mit Wassermuster am Saum aus dem hinteren Zimmer. Während sie zum Tisch schwebte, wandte ich mich um und verneigte mich auf den Matten besonders tief. Als sie dort angelangt war, ließ sie sich mir gegenüber auf den Knien nieder, trank einen Schluck Tee und sagte:
    »Also… Chiyo, nicht wahr? Erzähl mir doch mal, wie es dir gelungen ist, heute nachmittag eure Okiya zu verlassen. Frau Nitta hat doch sicher etwas dagegen, daß ihre Dienstmädchen am hellichten Tag persönliche Angelegenheiten erledigen –

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