Die Geister schweigen: Roman (German Edition)
spiritistischen Vereinigung, der beide angehörten, einen großen Gefallen erwiesen.
»Dein Vater ist ein großartiger Mann«, stellte Maria del Roser fest. »Viele wissen das und erkennen das auch an.«
Die Hausherrin bezog sich damit auf die Überführung der sterblichen Reste von Francisco Canals Ambrós, für die sich Don Eduardo sehr eingesetzt hatte. Dank dem Warenhausbesitzer und den tausend Anhängern des jungen Wundertäters hatten sie schließlich einen Ort erhalten, wo sie diesen angemessen verehren konnten. In der Annahme, dass Octavio nichts von den Verdiensten seines Vaters wusste, wollte sie gerade davon berichten, doch das Ungestüm der adligen Gäste, die sofort in Rage gerieten, sobald gewisse Dinge angesprochen wurden, hinderte sie daran.
»Wo wir gerade von den Katalanisten sprechen …«, merkte Claudio López Bru an, seines Zeichens Marqués de Comillas, Besitzer der Banco Hispano Colonial und wegen seines karitativen Engagements für die Stadt mit dem Spitznamen »Oberster Almosengeber des Königreichs« bedacht. »Ich habe vernommen, dass der König bei seinem Aufenthalt in Barcelona auch den Palau de la Música besuchen wird. Meine Herren, nehmen Sie sich ein Beispiel daran! Das ist wahre Solidarität mit Katalonien!«
»Ja, ja … Aber ich denke, ihn interessiert eher, die Höhle des feindlichen Löwen kennenzulernen, finden Sie nicht?«, wandte José Rafael Plandolit von der Banco de Barcelona ein.
Die beiden Adligen nickten. López beteuerte:
»Es ist doch bekannt, dass der König Barcelona weitaus mehr schätzt als Madrid.«
»Liegt das vielleicht daran, dass wir Barcelonesen ihm besser gefallen als diese Adligen in Madrid? Die sehen doch alle aus, als wären sie gerade einem Velázquez-Bild entstiegen, oder?«, fragte der erlauchte Geschäftsführer der Banco de Barcelona, Josep Estruch.
Don Rodolfo musste über diesen Einwand lachen.
»Tja, ich würde eher sagen, es liegt an den Damen von Barcelona.«
»Sie haben recht«, pflichtete ihm Plandolit bei. »Victoria Eugénie vernachlässigt ihn einfach zu sehr. Ihr Mann ist zu jung und sie ist einfach zu britisch, damit aus diesem Schauspiel keine Farce wird.«
Just in diesem Augenblick stieß Don Ramón Bassegoda zu der Gruppe, ein imposanter Mittachtziger mit wallendem Vollbart, in eine seiner notorischen Nikotinwolken gehüllt.
»Und, junge Männer, was gibt es Neues?«, sagte er zur Begrüßung, ehe er sich vor Maria del Roser verbeugte. »Sind Sie alle wohlauf?«
Octavio Conde erwiderte die Begrüßung des alten Herrn mit einer formvollendeten Verbeugung.
»Wie geht es Ihrem Vater? Hat er inzwischen den Verlust der wunderbaren Doña Cecilia überwunden?«
Der junge Mann reagierte darauf nur kurz, aber höflich. Er wollte keinesfalls über den Tod seiner Mutter sprechen, die bei einem Unfall ums Leben gekommen war, als eine Flasche Benzin ihre langen Röcke in Brand gesetzt hatte. Glücklicherweise hatte die Presse über den Vorfall größtenteils Diskretion bewahrt, und die gesamte Stadt stand der Familie in ihrer Trauer bei. Dies machte das Unglück etwas erträglicher.
»Und, was ist mit Ihnen, Don Rodolfo? Geht es Ihnen gut? Man hat mir berichtet, dass Sie inzwischen nicht nur Städte niederreißen, sondern auch Nonnenkloster Stein für Stein umsetzen.«
Rodolfo verdrehte die Augen, als wolle er sagen: ›Bitte, lassen Sie uns nicht darüber reden!‹
Der alte Haudegen meinte die Nonnen vom Kloster Santa María de Montesión, die ebenso launenhaft waren wie begierig nach schwierigen Umzügen. Bassegoda deutete mit einem Zeigefinger auf seinen Gastgeber und senkte dann die Stimme: »Sagen Sie, Don Rodolfo, könnten Sie mir nicht irgendeinen Portikus oder irgendeinen Säulengang besorgen, der derzeit in den Kirchen überflüssig geworden ist? Ich würde meiner Gemahlin gerne eine kleine Aufmerksamkeit erweisen. Wir feiern nämlich demnächst goldene Hochzeit. Ich habe gehört, dass eine gewisse Baronin dank Ihrer Mithilfe zu einem Spottpreis das Klosterportal vom Convento del Carmen erworben hat, das nun ihren Garten schmückt, neben den vierzehn Säulen, die die Nonnen von Santa Maria de Jonqueras übrig hatten. Na ja, nebenbei gesagt für einen sündhaften Preis! Aber das ist mir egal, denn ich kann mir das leisten. Ich finde diese neue Sitte, Klöster auf Cerdà-Maße zu reduzieren, sehr hübsch. Auch Gott muss mit der Zeit gehen. Aber, ehrlich gesagt, von jemandem, der nur daran denkt, überall Abwasserkanäle
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