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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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erkennen. Nahe beim Haus schwankten die Äste eines großen Baumes über einem Meer von geisterhaft bleichen Narzissen, die ihre Köpfe im Wind neigten. Und dahinter beschien das unstete Mondlicht ein Feld, das sanft zum dunklen Kamm eines Hügels anstieg. »Siehst du?« sagte ich. »Da ist nichts …«
    Plötzlich stellten sich die Haare des Katers auf. Er machte einen Buckel auf der Fensterbank, entblößte mit funkelnden Augen seine Fangzähne und fauchte bösartig.
    Ich fuhr erschrocken zurück. Und obwohl sein Fauchen nicht mir galt, merkte ich, wie ich eine Gänsehaut bekam, und ich bemühte mich, mein wild klopfendes Herz zu beruhigen. »Murphy«, sagte ich streng, »hör auf damit.«
    Er starrte mich kurz mit seinen leuchtenden Augen an und wandte sich dann wieder ab, um in die Nacht zu spähen. Das zweite Fauchen klang noch bösartiger als das erste und erschreckte mich derart, daß ich ruckartig das Rollo herunterzog und den schwarzen Kater mit zitternder Hand von der Fensterbank schob.
    Murphy ließ sich gutmütig am Fußende meines Betts nieder und blinzelte ausdruckslos. Dummes Tier, dachte ich. Dort draußen war nichts, überhaupt nichts. Nur der Baum und die Narzissen und das dunkle, verlassene Feld.
    Trotzdem war ich froh über die Gesellschaft des Katers, als ich unter die Decke des weiter vom Fenster entfernt stehenden Bettes kroch. Und zum erstenmal seit meinen Kindertagen ließ ich die Nachttischlampe brennen.
    »Schläfst du immer bei eingeschaltetem Licht?« fragte mich Fabia Quinnell am nächsten Morgen beim Frühstück. Sie lehnte lässig mit einem Ellbogen am Küchenschrank, knabberte an einer getrockneten Aprikose und wartete darauf, daß ich mit meinem Kaffee und meinem Toast fertig wurde.
    Ich hatte mir noch kein klares Bild von Fabia gemacht. Sie war im gleichen Alter wie meine Schwester Alison, noch nicht ganz zwanzig, aber während Alison schon sehr erwachsen war und sich völlig ungezwungen benahm, trug Fabia Quinnell den betont gelangweilten Gesichtsausdruck einer Heranwachsenden zur Schau und nannte ihren Großvater »Peter«.
    Sie war, wie Adrian gesagt hatte, eine attraktive junge Frau – sehr attraktiv sogar. Und sehr blond. Ihr helles, flaumweiches Haar streifte mit einem kunstvollen Schwung ihre weiche Kinnlinie und ließ ihren schmalen, zerbrechlich aussehenden Nacken frei. Zierlich und kulleräugig sah sie ihrem Großvater weder ähnlich, noch schien sie dessen gastfreundliches Wesen geerbt zu haben, denn ihre Begrüßung war alles andere als herzlich gewesen.
    Ich bezweifelte stark, daß sie etwas mit der Dekoration meines Zimmers zu tun gehabt hatte, egal, was Quinnell mir am Abend zuvor erzählt hatte. Wahrscheinlicher war es, daß der alte Herr selbst Vorhänge und Tagesdecke ausgesucht und für ein gemütliches Ambiente gesorgt hatte. Fabia, schätzte ich, gehörte nicht zu der Sorte junger Frauen, die sich um das Wohlergehen anderer sorgten.
    Es überraschte mich daher, daß ihr in der vergangenen Nacht das Licht in meinem Zimmer aufgefallen war.
    Den Mund voll mit kalt gewordenem Toast antwortete ich ihr, daß ich normalerweise wie alle anderen im Dunkeln zu schlafen pflegte. »Nur manchmal geht meine Phantasie ein wenig mit mir durch – wenn ich nachts ein polterndes Geräusch höre oder so etwas. Besonders in fremden Häusern. Dann hilft es mir, wenn ich das Licht anlasse.«
    »Na, jedenfalls hast du mir einen schönen Schrecken eingejagt«, sagte sie. »Ich dachte, es sei Peter, der auf mich wartet. Er trinkt, weißt du, und dann will er immer reden.« Sie verdrehte entnervt die Augen. »Typisch Ire.«
    Ich hätte Peter Quinnell nie für einen Iren gehalten. Seine geschliffene, elegante Sprache ließ keine Spur eines irischen Akzents erkennen. Doch jetzt, da ich darauf gestoßen worden war, konnte ich dieses undefinierbare Etwas ausmachen, diesen Beigeschmack von Pferden und Jagdhunden, der einen bestimmten Teil der anglo-irischen Oberschicht kennzeichnete.
    Ich nahm noch einen Schluck Kaffee und drehte mich auf meinem Stuhl um, so daß ich aus dem schmalen Küchenfenster nach draußen sehen konnte. Von dem baumlosen Hügel hinter dem Haus erstreckte sich ein unbebautes Feld in saftigem Grün bis hinunter zu den dicht verzweigten Weißdorn- und Heckenrosenbüschen, die den Blick auf die Straße verdeckten. Zwei Männer standen mitten auf dem Feld, ihre Augen fest auf den Hügelkamm gerichtet. Einer der beiden war Peter Quinnell. Der andere war kräftiger gebaut,

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