Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
von einem Zauberer aus dem Publikum herausgepickt werden, damit sie ihm auf der Bühne assistieren und bei jedem gelungenen Trick mit offenem Mund dastehen und staunend fragen: »Wie haben Sie das bloß gemacht?«
Der Trick, wenn man dahinterkam, war meistens ganz simpel, was die Illusion jedoch nicht weniger beeindruckend machte. Und es konnte kein geringer Trick sein, der mich – wenn auch nur vorübergehend – dazu brachte, an Geister zu glauben.
Selbst jetzt noch, am Morgen danach, fühlte ich einen irrationalen Anflug von Panik, als eine Bodendiele im Flur vor meinem Zimmer knarrte. Einen Herzschlag lang lag ich ganz still da, kniff die Augen fest zusammen, drehte mich weg … und dann hörte ich ein unterdrücktes Gähnen und wußte, daß es nur Fabia war, die auf dem Weg nach unten an meiner Tür vorbeiging. Erleichtert sank ich wieder in die Kissen zurück, atmete tief durch und griff mit routinierter Geste nach dem Wecker, um ihn auszuschalten, bevor er klingelte.
Murphy, der durch diese Bewegung aufgewacht war, hob den Kopf und funkelte mich an, ehe er vom Fußende des Bettes herunter und auf das Fensterbrett sprang. »Fang ja nicht wieder an«, warnte ich ihn, als er mit dem Schwanz zu zucken begann. »Wenn du in dem Schlamassel da draußen irgend etwas erkennen kannst, dann behalte es bitte schön für dich.« Als ob er mich verstanden hätte, ließ der Kater sich ruhig vor dem Fenster nieder und starrte wie versteinert in den strömenden Regen hinaus.
An diesem Tag würde es keine Ausgrabungsarbeiten geben, nicht nur wegen des Wetters, sondern weil Quinnell die Sonntagsruhe heilig war. »Wenn Gott wollte, daß wir sonntags arbeiten«, hatte er mir am Abend zuvor erklärt und dabei zum erstenmal wie ein echter Ire geklungen, »würde er es nicht zulassen, daß die Pubs geöffnet haben.«
Als ich mich schließlich unter den Decken hervorgekämpft und auf der Suche nach Kaffee nach unten begeben hatte, überraschte es mich daher ziemlich zu erfahren, daß Quinnell sein eigenes Gebot ignorierte.
»Er ist hinauf zu den Principia gegangen«, sagte Fabia gleichgültig. Der Sunday Telegraph war in verstreuten Teilen vor ihr auf dem Küchentisch ausgebreitet, und sie hatte sich einen zweiten Stuhl herangezogen, um die Füße mit gekreuzten Knöcheln darauf ablegen und ganz bequem lesen zu können. Sie nahm die Feuilletonseiten zur Hand, faltete sie zurecht und sah mich über den Rand hinweg an. »Er hat bestimmt Kaffee oben gemacht, wenn du welchen möchtest. Ich trinke das Zeug nicht.«
Der Teekessel stand abgekühlt auf dem Herd, und in der Küche war es kalt. Ich entschied, daß Quinnells Gesellschaft aufmunternder sein würde als die seiner Enkelin, borgte mir einen grellgelben Regenmantel, der an einem Haken in der Vorhalle hing, und stürzte aus dem Haus und den Hügel hinauf.
Ich fand Quinnell an Davids Schreibtisch, wo er ziellos mit einem Finger auf die Computertastatur einhackte. Er hob den Kopf, als ich hereinkam, und lächelte bei meinem Anblick.
»Meine Liebe, einen größeren Regenmantel haben Sie wohl nicht finden können, oder?«
»Er hing griffbereit in der Halle«, erwiderte ich und schob die Kapuze zurück. »Meine Schwester hat schlauerweise vergessen, meinen eigenen einzupacken, wissen Sie …«
»Schlauerweise?«
»Es ist ein Barbourmantel«, erklärte ich, »fast neu.«
»Aha.« Er betrachtete mich eingehend von oben bis unten. »Nun, ich bin sicher, wir werden noch etwas finden, das Ihnen besser paßt. Ich kann Sie kaum anschauen in diesem Monstrum. Sie sehen aus wie eine riesige Gummiente.«
Wenigstens war ich trocken geblieben, tröstete ich mich, während ich den tropfenden Mantel ausschüttelte und Peter sich wieder dem Computer zuwandte. »Ich dachte, Sonntag sollte Ruhetag sein«, erinnerte ich ihn.
»Wie? O ja … eigentlich schon.« Er drückte ein paar Tasten und runzelte die Stirn. »Es ist nur so, daß dieses Programm uns immer noch Schwierigkeiten bereitet. Es schluckt meine Berichte, wissen Sie, und spuckt dafür alle möglichen unverständlichen Zeichen und Symbole aus.«
»Klingt nach einem Virus«, vermutete ich und trat näher heran, um auf den Bildschirm zu sehen.
»Ja, das haben wir auch zuerst gedacht. Aber wir haben alles durchgehen und untersuchen lassen, und der Mann vom Kundendienst konnte den Fehler nicht finden.«
»Sehr merkwürdig.«
»Kein Grund zur Sorge, wir werden es schon hinkriegen.« Er schaltete das Gerät aus, stand auf und
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