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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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das weder Spinnen noch Archäologen beeinflussen konnten: das Wetter.
    Der Wind hatte meine Haare kräftig zerzaust, wie ich erst jetzt bemerkte. Einzelne Strähnen, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, fielen mir ins Gesicht, und als ich vergeblich versuchte, sie wieder einzuflechten, stießen meine Finger auf ein kleines Stück eines Zweiges, das sich hinter meinem Ohr verfangen hatte. Ich zog es mit einem selbstironischen Lächeln heraus. »Im Moment fühle ich mich jedenfalls nicht wie ein stoater «, gestand ich, »egal, wie dein Sohn darüber denkt.«
    »Du siehst prima aus«, sagte Jeannie im Brustton der Überzeugung. »Und außerdem glaube ich, daß Robbie mit seiner Meinung nicht allein dasteht.«
    »Wieso?«
    »Das ist doch Davys Jacke, die du da trägst, oder?«
    Ehrlich gesagt hatte ich die Windjacke völlig vergessen, doch jetzt sah ich an mir hinunter auf das dunkelgrüne Stoffzelt, in dem ich fast ganz verschwand. Es roch nach ihm, nach einem sauberen, schwachen Duft, der ganz anders war als die modischen Männerdüfte, die mir sonst überall in die Nase stiegen. Ich hatte die Jacke fest und beinahe liebkosend um mich gezogen, wie ein Schulmädchen, das stolz das Fußballhemd ihres Freundes trägt.
    Mir war das vorher nicht aufgefallen, aber jetzt fragte ich mich, ob David Fortune es auch bemerkt hatte. Ich zog die Stirn in Falten und räusperte mich. »Er hat sie mir nur geliehen, weil mir kalt war.«
    Jeannie sagte nichts darauf, aber ich sah das schelmische Lachen in ihren Augen, als sie sich über den Tisch beugte, um die Teekanne und unsere Tassen abzuräumen. Seufzend insistierte ich nicht weiter und schlüpfte lässig aus der viel zu großen Jacke, als ob es mir nicht das geringste bedeutete, daß ich sie trug.
    Aber ohne sie war mir doch kalt.

X
     
    Der Regen fiel stetig die ganze Nacht hindurch, und als der Morgen kam, zeigte sich keine Sonne, sondern nur ein trüber, grauer Himmel, von dem mit monotonem Rhythmus unaufhörlich dicke Tropfen auf das Dach trommelten. Die einzige Variation dieses Geräusches bildeten die Regengüsse, die der Wind gegen mein Schlafzimmerfenster peitschte – sie schlugen gegen die Scheibe, rannen in kleinen Bächen daran hinab und fielen mit einem tiefer klingenden Plitsch-Platsch, das sich wie die Baßstimme zu einer schwunglosen Melodie anhörte, zu Boden.
    Es war mir noch nie gelungen, an einem solch düsteren Morgen einfach mutig aus dem Bett zu springen. Ein kurzer Blick aus noch schlafverhangenen Augen, ein innerliches Proteststöhnen, und ich zog mir wieder die Decke über die Ohren, kuschelte mich entschlossen in die Kissen und versuchte, noch einmal ins Reich des Schlafs hinüberzugleiten. Natürlich ohne Erfolg. Wenn ich einmal wach war, konnte ich nie wieder richtig einschlafen, aber trotzdem hatte es etwas wunderbar Luxuriöses, sich am Sonntag morgen eine zusätzliche Viertelstunde im Bett zu gönnen. Außerdem, rechtfertigte ich mich, gab es bei diesem stürmischen Wetter, unter dem das ganze Haus erschauerte, wirklich wenig Anreiz zum Aufstehen.
    Die Luft im Zimmer war kalt, wie ich an meiner Nasenspitze merkte, aber das Bett war warm, besonders da sich beide Katzen irgendwann in der Nacht zu mir gesellt hatten. Murphy, der schwarze Kater, lag über meine Füße gebreitet, während die kleine Charlie sich unterhalb meines Ellbogens zusammengerollt hatte und in flachen, gleichmäßigen Zügen atmete, so daß ihre Schnurrhaare zitterten. Es wäre eine Schande, sie zu stören, dachte ich, also tat ich es nicht. Statt dessen schloß ich die Augen und ließ träge die seltsamen Ereignisse des vergangenen Tages noch einmal Revue passieren.
    Wir hatten eine Topfscherbe gefunden, erinnerte ich mich. Und einen Befestigungsgraben. Jedenfalls etwas, das nach einem Befestigungsgraben aussah, korrigierte mich mein wissenschaftlicher Verstand automatisch. Es bereitete ihm schon große Schwierigkeiten zu akzeptieren, daß wir überhaupt etwas gefunden hatten, geschweige denn Graben und Wall eines römischen Marschlagers. Nicht, daß der Wall – wenn es denn ein Wall war – notwendigerweise römischer Herkunft sein mußte. Kindischerweise wünschte ich mir fast, er wäre es nicht. Dann bräuchte ich mir keine Gedanken mehr über hellsichtige Kinder und römische Wächter und Unsichtbare, die mir in den Nacken pusteten, zu machen.
    Aber so wie die Dinge lagen, würde ich nichts von all dem einfach vergessen können. Ich fühlte mich wie diese armen Opfer, die

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