Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
ich ohne weitere Einleitung.
»Wie mache ich was?«
»So verflixt wach zu klingen, wenn du gerade erst aufgewacht bist.«
»Ich bin eben ein Naturtalent. Alles in Ordnung bei dir?«
»Ich kann nur nicht schlafen.«
»Aha. Und das wolltest du mit mir teilen, ja?«
»Göre.« Ich fühlte mich schon besser, lehnte mich zurück und schenkte mir noch eine Tasse Tee ein. »Wie kommst du da unten zurecht?«
»Wunderbar, danke. Deine Wohnung ist wirklich großartig. Ich werde nie wieder ausziehen.«
Ich lächelte. »Na, sie wird mich auch gar nicht zurückhaben wollen, nach dir. Ich bin sicher, sie ist nie sauberer gewesen.«
»Hin und wieder abzustauben«, erklärte meine Schwester schnippisch, »macht schon was aus, Verity. Oh, und dein Usambaraveilchen blüht. Weißt du noch, daß du gesagt hast, du könntest es nie …«
»Wie zum Teufel hast du es zum Blühen gebracht?«
»Ich habe es gegossen.«
»Aha.« Mein Lächeln wurde breiter, und ich fühlte mich lang nicht mehr so einsam. »Das ist also das Geheimnis, ja? Und wie läuft’s an der Uni?«
»Nicht ganz so großartig«, gab Alison zu, »aber auch nicht schlecht. Ach übrigens, was ich dich fragen wollte – wie heißt der Mann doch gleich, für den du arbeitest?«
»Peter Quinnell.«
»Ach so, stimmt ja. Dann hab ich das verwechselt.«
»Was denn?«
»Also ich wußte noch, daß er Quinnell heißt, konnte mich aber nicht an den Vornamen erinnern. Und letzte Woche in Waterstones habe ich dieses Buch von einem Mann namens Quinnell gesehen und es gekauft, weil ich dachte, es könnte von deinem Chef sein, weißt du.« Sie holte kurz Luft. »Aber als ich dann nach Hause kam und es mir genauer ansah, merkte ich schon, daß es nicht dein Quinnell sein konnte, weil im Klappentext steht, daß der Autor inzwischen verstorben ist.«
»Aha.« Ich verdaute die Information. »Trotzdem sehr aufmerksam von dir, es zu kaufen.«
»Ja schon, aber ich hätte mir eigentlich denken können, daß dies kein Buch von einem Archäologen sein kann. Es besteht nur aus Fotos, weißt du, so ein Bildband für den Couchtisch. Aber Quinnell ist kein sehr verbreiteter Name, deshalb dachte ich …«
»Fotos?« unterbrach ich sie. »Heißt der Autor vielleicht Philip Quinnell?«
»Wart mal, ich sehe nach. Ich hab das Buch hier liegen. Ja, stimmt … Philip. Wer ist das denn?«
»Er war Peters Sohn.«
»Wirklich? Also, seine Fotos sind ganz schön verrückt«, lautete ihr Urteil. »So komische computermanipulierte Dinger, ganz verzerrt. Aber der Mann selbst sieht toll aus auf dem Foto. Sieht sein Vater auch so gut aus?«
»Peter? Ja, er ist ein sehr gutaussehender Mann.«
»Ist es okay, für ihn zu arbeiten?«
»Ganz wunderbar.«
»Dann muß es Adrian sein.«
Ich runzelte verständnislos die Stirn. »Was?«
»Was dich unglücklich macht. Und streite es nicht ab, weil du mich nie um fünf Uhr morgens anrufen würdest, wenn du nicht unglücklich wärst. Du hast doch nicht wieder was mit ihm, oder?«
»Mit Adrian ? Du spinnst wohl.«
»Also wer …?« Sie unterbrach sich und formulierte ihre Frage geschickt um. »Wer ist denn noch so in deinem Ausgrabungsteam?«
Die spanische Inquisition, dachte ich, hätte für jemanden wie Alison gute Verwendung gehabt. Wenn sie einmal einen Verdacht hatte, war sie wie ein Terrier mit einer Ratte: Sie ließ nicht locker.
»Du bist auf der falschen Fährte«, sagte ich und versuchte, überzeugend zu klingen. »Es hat gar nichts mit einem Mann zu tun. Es ist nur … na ja, wir hatten hier eine Art Krise heute nacht. Die Mutter eines Kollegen hatte einen Herzinfarkt, und wir wissen noch nicht, wie es ihr geht. Die Warterei macht mich nervös, das ist alles.«
»Oh«, sagte meine Schwester.
»Ganz ehrlich.«
»Ich glaub dir ja«, sagte sie.
»Hör zu, ich sollte jetzt besser wieder auflegen, fällt mir ein. Die Leitung frei machen, falls uns jemand benachrichtigen will.«
»Gut. Soll ich das Buch also behalten? Das von Philip Quinnell?«
»O ja, bitte. Ich möchte es gerne sehen.«
Irgend etwas nagte in mir, als ich den Hörer auflegte – irgendeine kleine Bemerkung, aber ich konnte nicht sagen, was es war. Ich schloß die Augen und ging unser Gespräch in Gedanken noch einmal durch, aber ich kam nicht darauf. Was immer es gewesen sein mochte, es war weg.
Ich seufzte erneut aus tiefstem Herzen. Charlie öffnete ungehalten ein Auge, als ich sie zum hundertstenmal hochhob. »Tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Zeit, wieder
Weitere Kostenlose Bücher