Die Geisterseherin (German Edition)
Hand hielt. „Wa...?“
Hatte ihre Mutter ihr... eine Ohrfeige verpasst? Mikoto konnte ihren Augen nicht trauen und rieb sich noch immer verwundert die Wange. Was war das für ein Tag... erst Hausarrest und dann Ohrfeigen? War sie zufällig in der falschen Familie gelandet...? So etwas kannte Mikoto eigentlich gar nicht.
Das war nicht wirklich geschehen, oder?
„Verdammt, Mikoto! Komm endlich mal zu Sinnen! Weißt du eigentlich, wie viele Probleme ich damit hatte, die Zutaten für dieses Curry zu besorgen? Ich habe dieses Essen nicht mit viel Liebe gekocht, damit du es in den Mülleimer wirfst!“
Mikoto bekam das dringende Bedürfnis, ihrer Mutter auch eine zu knallen... aber da diese ein Geist war, der sich unfassbar machen konnte, wann immer er wollte, würde ihr Schlag wohl nur ins Leere gehen... und mit ihrem Schwert wollte sie dann auch nicht ihrer eigenen Mutter drohen...
„Es ist doch vollkommen egal, ob Yujiro denkt, dass das Essen von dir ist oder nicht! Lass ihn das ruhig denken... Es wird nichts daran ändern, dass dein Leben normal weitergehen wird. Überlasse das Essen mir... Wir sind doch eine Familie. Du lernst für die Schule, dein Vater forscht in Ruhe weiter und ich sorge für den Haushalt. So wie früher, wenn ich nicht in der Oper war.“
„Du kannst aber nicht ewig...“
In diesem Moment hörte man den Schlüssel im Türschloss und kurz darauf flog die Tür auf und ein sichtlich verwunderter Yujiro kam zur Tür herein.
„Oha... hier riecht es aber gut. Für einen Moment dachte ich, dass es die Nachbarn seien, die Curry gekocht haben...“
Mikoto warf einen Blick auf den Geist ihrer Mutter und zischte ihr leise, kaum hörbar zu: „Wir reden später weiter... und bis dahin will ich, dass du die verdammten Finger von der Welt der Lebenden lässt!“ Dann rannte sie ihrem Vater entgegen und versuchte freundlich zu lächeln.
„Guten Abend...“, grüßte sie ihn und versuchte sich eine einfache Lüge wegen dem Essen ausdenken. Die musste sie dann nur noch so rüber bringen, dass er ihr glaubte... was eigentlich unmöglich war, zumindest für sie.
„Ist bei dir heute etwa eine Unterrichtsstunde ausgefallen?“ Ihr Vater fragte sie das verwundert, während er eine Augenbraue nach oben zog und Mikoto blieb nichts anderes übrig, als nervös zu nicken. „Oh Gott“, dachte sie bei sich... „Lass ihn bloß nicht weiter nachhaken!“ Aber Yujiro gab sich seltsamerweise mit der Erklärung zufrieden und begutachtete den Inhalt des noch vollen Topfes. „Hmmm... lecker. Aber weißt du, Mikoto... so nett das auch gemeint ist, du solltest dir wenigstens die Zeit nehmen, deine Schuluniform auszuziehen, bevor du kochst. Es wäre doch schade um sie, wenn du sie bekleckerst.“
Mikoto sah aus den Augenwinkeln, wie ihre Mutter anfing zu kichern. Für sie schien das wohl ein Heidenspaß zu sein.
„Huch...? Hast du einen Teil des Currys etwa weggeschmissen?“ Als Yujiro verwundert den Mülleimer öffnete und diese Frage stellte, rettete das Telefon Mikoto davor, etwas Dummes zu sagen. Wie hätte sie ihrem Vater das auch erklären sollen? Außer... mit der Wahrheit? Dass ihre Mutter zu viel gekocht hatte... die Mutter, die bereits seit Jahren tot war.
Doch in dem Moment erlöste sie eben das Schrillen des Telefons und Mikoto hastete eilig zum Hörer, froh darüber, dass das Gespräch mit ihrem Vater so unerwartet unterbrochen wurde.
„Haushalt Sugisaki! Mikoto am Apparat!“
Sie meldete sich und für einen Moment war es still in der Leitung. Dann drang die Stimme eines Mannes durch den Hörer.
„Hallo, Mikoto.“
Mikoto erkannte die Stimme, obwohl sie am Telefon leicht anders klang, sofort.
„Kommissar Kinoshita? Schön, dass Sie anrufen. Wie geht es Ihnen?“ Ihr Vater runzelte die Stirn und sie versuchte, das zu ignorieren und sich auf das Telefongespräch zu konzentrieren – was nicht sonderlich einfach war, wenn ihr Vater hinter ihr und ihre Mutter vor ihr standen und sie beobachteten... und beide hegten größtes Interesse daran, mitzubekommen, warum der Kommissar Mikoto so unerwartet anrief. Der Fall Iori war nun einmal abgeschlossen und die Polizei hatte daher eigentlich nichts mehr mit Mikoto zu tun.
„Danke der Nachfrage, im Moment ziemlich gut. Und dir?“ „Ach, es geht... ein wenig Stress, aber das war es auch schon. Was kann ich denn eigentlich für Sie tun?“, fragte sie freundlich und versuchte sich dabei die Wut, die sich gegen ihre Mutter und ihre Aktionen in ihr aufgestaut hatten,
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