Die Geisterseherin (German Edition)
Verlangen... wie ein Raubtier, das im Schatten hockte und seine Beute bereits anvisiert hatte.
Es war nicht nur so, dass ihr Körper danach schrie, diese Frau zu töten... da war irgendwie noch mehr.
Mikoto hob das Schwert erneut, sah, wie es vor ihren Augen unstetig schwankte, weil sie kaum noch die Kraft hatte, sich auf den Beinen zu halten. Der letzte Schlag dieser Frau war schlimm gewesen... sehr schlimm. Mikoto hatte keine Chance gehabt... aber so würde es nicht enden.
„Ich... ich...“
Sie hustete erneut, musste sich fast übergeben. Doch Hatsumomo nutzte die Chance nicht für einen Angriff, stattdessen hatte sie nur begonnen, Mikoto wieder langsam zu umrunden.
Schließlich schwang Mikoto das Schwert erneut über ihren Kopf, fixierte mit ihren Augen, den Husten unterdrückend, Hatsumomo. Die Frau vor ihr, die Göttin, lächelte die ganze Zeit nur. Dieses verdammte Lächeln, es machte Mikoto so wütend... so verdammt wütend!
Ihr ganzer Körper bebte und obwohl sie hustete, wie ein Kettenraucher und ihr jede Faser ihres Körpers schmerzte, konnte sie das Brodeln in ihr spüren.
„Verfluchte Göttin!“
In dem Moment, als sie diese zwei Worte schrie, erschien ein seltsames Licht um Mikoto. Es kam ihr nicht komisch vor, im Gegenteil... etwas in ihr sagte ihr, dass es so richtig war. Dass sie tun musste, was sie tat... das Licht war wie ein Führer, der ihr die genauen Schritte ihres Tuns zuflüsterte, dem sie nur noch folgen brauchte.
In diesem Moment dachte sie an gar nichts, außer daran, dass sie die Frau vor ihr vernichten würden.
Töten, zerstückeln, vernichten, ermorden, auslöschen, köpfen, spalten...
„Waaaaaaaaaaah!“
Ihr ganzer Körper zitterte, als würde er unter Strom stehen. Die Welt um sie herum wurde schwarz und sie sah nur noch die blonde Göttin und das Schwert, das sie in der Hand hielt. Sie ahnte, dass sie nur diesen einen Schlag hatte und sie ahnte auch, dass in ihm all die Wut lag, die sie gegen so viele Leute hegte... Dieser Schlag... er würde ausreichen, um die Frau zu pulverisieren. Noch nie war sie sich einer Sache so sicher, wie dieser.
Mikoto lief los, in Richtung der blonden Göttin. Ihr Schwert zog dabei einen gewaltigen, blauen Schweif durch die dunkle Nacht. Die Zeit schien in diesem Moment wie in Zeitlupe zu vergehen... oder als würde sie durch Wackelpudding rennen.
Schritt für Schritt näherte sie sich der Frau und schwang das Schwert mit all ihrer Macht, konnte die Kraft in ihr explodieren fühlen und wusste, dass dieser Schlag alles niedermähen würde, was er traf. Das Licht um sie herum hatte eine Intensität erreicht, welche die gesamte Straße erleuchtete.
„Das reicht!“, drang die Stimme der Göttin an ihre Ohren. Das Schwert stoppte mitten in der Luft und im gleichen Moment traf Mikoto ein gewaltiger Schlag, schleuderte sie meterweit durch die Luft. Plötzlich waren die Positionen von Asphalt und Sternen vertauscht.
Dann kam der brennende Schmerz von Stein, als sie kopfüber gegen eine steinerne Mauer prallte und zu Boden sank.
Die Welt um sie herum verlor ihre Farbe und wurde dann völlig schwarz, auch die Frau verschwand aus ihrem Blickfeld und die süße Ohnmacht zerrte ihr Bewusstsein davon.
Hatsumomo, die blonde Göttin, hatte die ganze Zeit triumphierend gelächelt, denn sie hatte bereits in dem Moment gewonnen gehabt, als Mikoto ihr Schwert in ihrer Schulter versenkt hatte.
Alles war so gelaufen, wie sie es geplant hatte.
Ja, sie konnte gar nicht anders, als zu lächeln. All die Jahre, die sie nur geplant und im Hintergrund die Fäden gezogen hatte, hatten von diesem einen Abend abgehangen.
Ihr Engagement in der Unterdrückung jenes Desasters, dass kurz bevor stand, ihr Befehl zur Ermordung so vieler Menschen, die künstliche Heranzüchtung von Mikoto als Geisterseherin... all das war nur ein Teil ihres Planes gewesen. Das Mädchen hatte all die Jahre über nicht geahnt, warum sie eigentlich war, was sie war... und die Geisterseherin hatte ihre Rolle stets brav gespielt, wie sie niemand hätte besser spielen können, hatte sich schön an das Drehbuch gehalten, dass sie so sorgfältig geschrieben hatte.
Sie hatte das Mädchen erfolgreich infiziert... was jetzt bevorstand, war nur noch eine Frage der Zeit. Schon bald würde sie triumphierend über der Leiche der Herrin der Zeit stehen.
Oh welch süßer Sieg es sein würde, wenn diese ignorante Frau, die sich so auf die Vergangenheit versteift hatte, endlich aus dem Weg geräumt war und den Weg in
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