Die Geisterseherin (German Edition)
hier weg wollte, bis spät in die Nacht gewartet hat, statt den erstbesten Zug zu nehmen?“
„Sein Name ist Yuki, Herr Kinoshita...“
Yuki war Japanisch und bedeutete Schnee, etwas, dass es in Hokkaido weitaus mehr gab, als in Tokio... aber das war kein guter Grund. „Außerdem hat er sich immer für die nördliche Halbinsel interessiert. Er wollte sogar irgendwann einmal dorthin ziehen.“
„Ach...?“
Kinoshita zog eine Braue hoch. Davon hatte er bislang noch nichts gehört und diese Info hätte einen Polizisten sicherlich dazu gebracht, die Suche mehr in Richtung Hokkaido zu verlagern.
„Das ist interessant... dann hat er vermutlich eine Mitfahrgelegenheit gefunden... das werde ich recherchieren.“
Kinoshita stand auf und bedankte sich bei Yuki's Vater für seine freundliche und offene Hilfe. Vermutlich hatten ihn die kleinen Puzzleteile erneut einen Ansatz geliefert, der ihm helfen konnte, das große Puzzle endlich zu lösen.
Er hatte Yuki's Aufenthaltsort zwar noch nicht, aber immerhin hatte er ihn schon einmal grob eingrenzen können. Und inzwischen hatte er auch den Verdacht, dass die Versteifung auf die Informationen dieser „Zeugin“ die Polizei nur in die Irre geführt hatte. Zeugenaussagen waren eh für gewöhnlich sehr unzuverlässig. Vermutlich war Yuki gar nicht so schwer zu finden... man hatte nur am falschen Ort nach ihm gesucht.
„Ich werde mich auf alle Fälle bei Ihnen melden, sobald ich etwas herausgefunden habe. Selbst, wenn Yuki sie tatsächlich nie mehr besuchen will und mich darum bittet seinen Aufenthaltsort Ihnen gegenüber zu verschweigen, so kann ich Ihnen dann dennoch mitteilen, was aus Ihm geworden ist. Keine Angst, ich werde die Suche nicht einfach aufgeben, versprochen.“
„Das... das wäre schon toll. Aber... wenn Sie ihn finden, dann versuchen Sie ihn bitte zu einem kleinen Besuch zu überreden... wenigstens einen.“
„Versprochen...“
Er schüttelte die Hand von Yuki's Vater, der ihn inzwischen mit großen, funkelnden Augen anstarrte und fühlte sich dabei ein wenig unwohl. Auf der einen Seite wollte er dem Vater, der in ihm alle Hoffnung sah, die er noch hatte, den Wunsch erfüllen und ihm Yuki wieder bringen, aber auf der anderen Seiten brauchte er den Jungen ja nur, damit Steve ihm das verriet, weswegen er den ganzen Kram hier anstellte. Und außerdem... wenn Yuki ihn darum bat, seinen Aufenthaltsort geheim zu halten, dann war er der letzte Mensch, der diesem Wunsch widersprechen durfte. Yuki hatte seine Gründe sich nach diesem letzten Brief nie wieder gemeldet zu haben... und dieser Grund war sicherlich nicht ohne.
20 Jahre ohne Meldung waren nun einmal eine verdammt lange Zeit... „Auf Wiedersehen, Herr Yukata.“
Er verabschiedete sich und trat den Heimweg an. Bereits unterwegs beschloss er, dass er sich an diesem Tag nicht mehr auf den Weg nach Sapporo machen würde. Selbst, wenn er zufälligerweise noch etwas über Yuki heraus fand. so war Sapporo immerhin 850 Kilometer entfernt. Da er Osaka, was knapp halb so weit entfernt war, nicht in einem Tag erreichen konnte, würde er das bei Sapporo auch nicht schaffen.
Dieses Mal würde er die Reise besser planen müssen, wenn er nicht wieder ewig durch die Gegend fahren wollte, bis er eine Möglichkeit zu übernachten fand. Um im Auto zu schlafen war er wirklich zu alt... Und er brauchte in Sapporo eine Tankstelle, an der er noch Benzin bekam, denn auch der Tank des Polizeiwagens würde nach einer solchen Strecke leer sein!
So lief er zurück nach Hause, in Gedanken die gesamte Zeit über bei dem Fall, der so unerwartet wieder an Fahrt gewonnen hatte und der ihn jetzt erst Recht nicht mehr los ließ...
Kinoshita hatte 20 Jahre lang über diesem Fall gebrütet, er lebte quasi dafür...
Als er Zuhause ankam, verschwendete er daher keine Zeit und begann sofort seine Reise nach Sapporo zu planen. Er suchte sich über das Internet mögliche Hotels heraus und rief im Voraus schon einmal einige davon an, jedoch vergeblich. Sämtliche Hotels waren bereits geschlossen worden, weshalb er die Suche nach einer Weile genervt aufgab und sich erst einmal anderen Dingen zuwandte... ebenfalls sehr wichtigen Dingen.
Er öffnete in seinem einem Laptop, eine Karte von Japan und ließ sich dann auf ihr mögliche Routen nach Sapporo anzeigen.
Wenn Yuki mit dem Zug gefahren wäre, dann wäre er am Berg Yotsudaki vorbei gekommen und wäre dann von dort über die Tsugaru Straits am Berg Iwabe vorbei von Südwesten nach Sapporo gefahren.
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