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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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so, unter siebzigtausend Mark könne er sich nicht von meinen Büchern und seinem Wissen trennen, denn er habe für die ganze Münchmeyerei hundertfünfundsiebzigtausend Mark bezahlt …
    Nun schwieg er. Er schien am Ende seines geschäftlichen Vorschlages, wippte mit dem Fuß, zeigte seine teuren italienischen Schuhe und die seidenen Socken und wartete, wartete auf meine Antwort. Jaaa, so war das damals, Maxe. Es ist jetzt fast ein ganzes Jahr her.
    May hält in seiner Rede inne, atmet hörbar aus.
    Was glaubst du, mein Lieber, ruft May nach wenigen Sekunden des Schweigens, und er spielt mit einem schweren verzierten Brieföffner, einem wahren Monstrum von einem Brieföffner, mit dem man einem leicht den Schädel einhauen kann, was glaubst du, Max, was ich getan habe, wie ich auf diese Unverschämtheit reagiert habe? Na, na …? Sag, was hättest du getan?
    Max Dittrich indes, der Freund und ehemalige Haftgenosse, zuckt mit den Achseln, er weiß, Mays Frage ist eine rein rethorische. Er kennt seinen May und wartet deshalb, ohne etwas zu sagen, auf die Fortsetzung der Rede. Einmal im Fluss wird der nicht aufhören, aber, so denkt sich Dittrich, bald werde der Punkt erreicht sein, wo es um ihn, Dittrich, und seine Mithilfe im Fall Münchmeyer gehen werde. Dann erst werde es interessant für ihn, aber, beruhigt er sich, er glaubt schon zu wissen, was es sein werde, was May von ihm will. Oh, er kenne seinen Karl besser, als dieser vermute …
    So also beugt er sich, der alte Kumpel Max Dittrich, ein wenig auf seinem Stuhle vor und deutet dem Freunde damit an, er werde jetzt nicht sagen, was
er
getan hätte, May, der Freund, erwarte es ohnehin nicht, er solle stattdessen seine Ausführungen fortsetzen, man müsse zu Entscheidungen kommen, die Zeit, die schöne Zeit …
    Inzwischen ist es später Nachmittag geworden, die Sonne, schon tief stehend, sendet rötliche Strahlen, wie die Zeichen einer Rachegottheit, ins Zimmer, durchschneidet die feinen, weißen Musselinvorhänge, taucht die Waffen an der Wand hinter dem Schreibtisch in abenteuerlichen Glanz.
    Dittrich, betont langsam, zieht seine Taschenuhr, schaut nachdenklich, jedoch ohne Konzentration, auf das Ziffernblatt, schnäuzt sich in ein großes, gelbrotes Taschentuch. Versonnen betrachtet er das gestickte Monogramm, eine Arbeit von Helene, seiner 29-jährigen und dritten Frau, mit der erst seit zwei Jahren verheiratet ist. Was sie jetzt wohl macht, sein Lenchen, denkt er und steckt das Tuch umständlich und mit spitzen Fingern wieder in seine Rocktasche.
    May stutzt, blinzelt, beobachtet den Freund, von welchem er tatsächlich keine Antwort erwartet hat, seufzt und fährt fort: Selbstverständlich, das war klar, wollte ich ihm keinen Pfennig geben. Ich wäre zur Klage fest entschlossen, sagte ich ihm. Da feixte er mir ins Gesicht und fragte, ob sich die Klage gegen ihn oder gegen die Witwe Münchmeyer richte, denn wenn ich die Witwe verklagen würde, mit der er schon manchen Strauß ausgefochten habe, könne er mir als Zeuge dienen, wozu er sich ausdrücklich anbiete. Darauf verabschiedete sich dieser saubere Mensch, doch an der Tür drehte er sich nochmals um, hob den Finger, wie er es während der Unterredung schon zweimal getan hatte, und warnte mich. Ich solle bezüglich meiner Vorstrafen aufpassen, Optimismus wäre hier fehl am Platze.
    Was soll ich dir sagen, mein Freund, fährt May den Dittrich unverwandt ansehend fort, ich verklagte Fischer, obwohl ich zuerst die Witwe im Visier hatte, aber mein Anwalt und auch meine Frau überzeugten mich, es gerade mit diesem Fischer aufzunehmen. Die Münchmeyer hatte indes nichts Eiligeres zu tun, als dem Nachfolger ihres Mannes als Nebenintervenientin beizuspringen. Es gelang mir indes, ein einstweiliges Druckverbot für meine Romane durchzusetzen. Nun war Fischer in höchstem Grade wirtschaftlich gefährdet. Ich wusste das. Eilig suchte er meinen Rechtsanwalt, den Dr. Bernstein, auf und jammerte, er sei ruiniert, sein Verlust betrage schon jetzt vierzigtausend Mark. Wenn ich meinen Boykott nicht beende, müsse er andere Saiten aufziehen und mich durch die Veröffentlichung meiner Vorstrafen zur Umkehr zwingen, denn wenn in ganz Deutschland bekannt würde, wer Karl May einmal gewesen, dass er ein paar Mal im Zuchthaus gesessen, dass er ein verurteilter Verbrecher wäre, dann sei es um mich geschehen, kein Hund nehme dann mehr ein Stück Brot von mir. Da wurde mir Himmelangst und ich schrieb Fischer, ich wolle mich mit

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