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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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gekauft. Er wollte blind tippen lernen. Er hatte eine Schreibkraft engagiert, die ihm die Grundlagen des Zehn-Finger-Systems beibringen sollte, danach würde er allein zurechtkommen. Wenn er etwas machte, sollte es perfekt sein. »Brief an meinen Sohn!« Es würde ein schöner Brief werden. Er würde seine ganze Liebe hineinlegen. Er würde sich entschuldigen, wie sich noch nie ein Vater bei seinem Sohn entschuldigt hatte. Er würde ihm vorschlagen,
noch einmal ganz von vorn anzufangen. Er verwuschelte seinen viel zu strengen Scheitel. Lächelte beim Gedanken an Alexandre. Wandte sich wieder seiner Akte zu. Das Wichtigste war, genug Geld aufzutreiben. Sollte man den Angestellten die Möglichkeit geben, Anteile an der Firma zu erwerben, um ihr Interesse an einer Sanierung zu wecken? Wie würde er seinen Brief beginnen? Alex, Alexandre, mein Sohn? Er könnte Joséphine fragen. Sie würde es wissen. Er unterhielt sich immer häufiger mit Joséphine. Ich rede gern mit ihr. Ich mag ihre empfindsame Art. Sie hat immer gute Ideen! Sie ist brillant und weiß es nicht. Und so diskret! Sie bleibt immer an der Tür stehen, als hätte sie Angst zu stören. »Ich glaube, ich werde meine Kanzlei verkaufen und mich ins Privatleben zurückziehen«, hatte er neulich zu ihr gesagt, »ich langweile mich, dieser Beruf wird immer härter, meine Mitarbeiter langweilen mich.«
    »Aber ihr seid die besten Anwälte in ganz Paris«, hatte sie protestiert.
    »Ja, sie sind gut, aber sie stumpfen ab, und menschlich ist von ihnen nicht viel zu erwarten. Weißt du, wovon ich träume, Jo?« Sie hatte den Kopf geschüttelt. »Ich träume davon, Berater zu sein … Hin und wieder meine Meinung zu sagen und ansonsten Zeit für mich zu haben.«
    »Und was würdest du damit anstellen?«
    Er hatte sie angesehen.
    »Gute Frage! Ich müsste wieder bei Null anfangen, etwas Neues finden.«
    Sie hatte gelächelt.
    »Es ist lustig, wie oft du ›bei Null‹ sagst, wo du doch so viele Nullen verdienst!«
    Er hatte ihr von Alexandre erzählt, und sie hatte gesagt: »Er macht sich Sorgen, er braucht dich, es ist wichtig, dass du Zeit mit ihm verbringst. Du bist zwar da, aber gleichzeitig auch wieder nicht … Die meisten Leute glauben, das Entscheidende sei, wie man die Zeit mit seinem Kind verbringt, aber genauso wichtig ist, wie viel Zeit man ihm schenkt, denn ein Kind redet nicht auf Kommando. Manchmal verbringt man den ganzen Tag mit ihm, und erst abends auf der Heimfahrt im Auto macht es plötzlich den Mund auf und vertraut dir ein Geheimnis an, erzählt dir, was es bewegt, wovor es sich fürchtet.
Und dann sagst du dir, dass du die ganze Zeit nur darauf gewartet hast, dass die ganze Zeit davor, von der du schon geglaubt hattest, dass sie vergeudet wäre, es letztlich doch nicht war …« Sie war rot geworden. »Ich weiß nicht, ob ich mich klar ausdrücke.« Und dann war sie wieder gegangen, ein klein wenig gebückt, in der Tasche drei neue Verträge, die sie übersetzen sollte. Sie wirkte müde. Er würde ihr Honorar erhöhen.
    Er hatte sie noch einmal zurückgerufen und gefragt: »Brauchst du etwas, Jo? Bist du sicher, dass du zurechtkommst?«
    »Ja, ja«, hatte sie geantwortet und nach kurzem Zögern hinzugefügt: »Iris weiß, dass ich für dich arbeite …«
    »Wie hat sie davon erfahren?«
    »Durch Maître Vibert … Sie haben zusammen Tee getrunken. Sie war etwas gekränkt, weil du ihr nichts davon gesagt hattest, also vielleicht solltest du …«
    »Das mache ich, versprochen. Ich vermische nicht gern Arbeit und Privates … Aber du hast recht. Es war idiotisch. Vor allem, da es nun wirklich kein so furchtbares Geheimnis war, was? Wir sind schon zwei jämmerliche Verschwörer, wir beide! Wir können einfach nicht lügen …«
    Seine letzten Worte schienen ihr schrecklich peinlich zu sein.
    »Du brauchst nicht gleich rot zu werden, Jo! Ich werde mit ihr reden, versprochen. Daran führt kein Weg vorbei, wenn ich wieder bei Null anfangen will!«
    Er hatte laut aufgelacht. Sie hatte ihn verlegen angeschaut und war rückwärts aus seinem Büro gegangen.
    Was für ein merkwürdiges Ding, hatte er gedacht. So anders als ihre Schwester! Man könnte fast meinen, sie wäre im Krankenhaus vertauscht worden und die Plissonniers hätten das falsche Baby mit nach Hause genommen. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn eines Tages so etwas herauskäme. Und dann würde ich zu gern Henriettes Gesicht sehen! Ihr würde vor Schreck dieser ewige Hut vom

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