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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Pilastro
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schärfer als sie beabsichtigt hatte. Lian
schluchzte noch mehr und Zhousheng hatte Mitleid. „Es tut mir leid. Ihr hattet
das Wohl meines Enkels im Sinne und habt auf einen Befehl hin gehandelt. Ich
bin Euch sehr dankbar, dass Ihr diesen Weg auf Euch genommen habt – gerade zu
dieser Jahreszeit! Und ich bin den Göttern auf immer zu Dank verpflichtet, dass
ihr beide heil in meinem Haus angekommen seid! Es muss eine beschwerliche Reise
gewesen sein.“
     
    In der Tat! Lian hatte mehrere Wochen gebraucht,
bis sie in Qing angekommen war. Da niemand von der Geburt eines verbotenen
Kindes wusste, achtete auch niemand auf sie. Ganz im Gegenteil: Sie hatte das Mitleid
vieler Frauen auf ihrer Seite und stets ein Dach über dem Kopf sowie eine warme
Mahlzeit im Bauch. Shao war, wenn keine stillende Mutter in der Nähe war, von
Ziegenmilch ernährt worden.
    Nun, endlich am Ende ihrer Reise angekommen, war
Lian sehr erleichtert. Da sie weder nach Qin noch nach Dongjing zurückkehren
wollte, nahm sie das Angebot Zhoushengs, einstweilen in Qing zu bleiben,
bereitwillig an. Sie erzählte alles über Min-Tao, was sie wusste, und half der
Mutter ein wenig über den viel zu frühen Tod der Tochter hinweg.
    Den meisten Trost aber fand die alte Frau in ihrem
Enkel, doch die Freude währte nicht lange.
     
    Eines Tages kündigte sich ein weiterer Gast an.
    „Herrin, da ist eine Frau, die Euch zu sprechen
wünscht.“
    Zhoushengs sah auf. „Erwarte ich heute Besuch?“
    „Nein, aber die Frau bat mich, Euch das hier zu geben.“
Die Dienerin reichte Zhousheng ein Stück Stoff, in dem sich etwas Schweres
befand. Zhousheng packte den Gegenstand aus und sah das kaiserliche Siegel in
ihren Händen liegen. „Ach du meine Güte!“, murmelte sie. „Ich komme sofort.“
    Zhousheng konnte sich nicht erklären, was der
Palast von ihr wollte. Niemand wusste dort von dem Jungen, oder etwa doch?
    Die Frau, die in ihrem Gästeraum saß, hatte so gar
nichts Kaiserliches.
    Zhousheng wunderte sich immer mehr. „Was kann ich
für Euch tun?“, fragte sie, während sie sich vorsichtshalber verbeugte. Wer
wusste schon, wen sie vor sich hatte.
    „Ich habe gehört, ihr habt einen Enkel“, sagte die
Fremde.
    Zhousheng richtete sich schlagartig auf und musterte
ihr Gegenüber scharf. Also doch! Aber egal, wen sie da vor sich hatte, wenn es
um Shao ging, war sie äußerst vorsichtig. „Wer sagt das? Und wer will das
wissen?“
    Die Frau lächelte. „Ihr braucht mich nicht zu
fürchten. Ich will nur das Beste für den Jungen.“
    „Das beantwortet keine meiner Fragen!“, entgegnete
Zhousheng knapp.
    Der Gast blickte sich im Raum um. „Kann man hier
offen sprechen?“
    Zhousheng nickte. „Fühlt Euch frei, zu sprechen.
Und lasst am besten nichts aus.“
    „Der Ehrwürdigen Hauptfrau ist zugetragen worden,
dass Min-Tao einen Sohn bekommen hat, bevor sie starb. Soweit sie informiert
ist, ist der Säugling, der an eurem Hof lebt, Min-Taos Nachkomme. Und wie sie
gehört hat, ist die Frage des Vaters etwas delikat. Die Ehrwürdige Hauptfrau hat
Eure Tochter als einzige unter den Nebenfrauen geschätzt. Es hat sie sehr
berührt, von diesem Schicksal zu erfahren.“
    „Was will sie?“ Zhoushengs Hals krampfte sich zusammen.
Worauf lief diese Unterhaltung hinaus?
    „Wie Ihr vielleicht wisst, ist die Frage um einen
rechtmäßigen Thronerben ebenfalls sehr delikat, da es unsere Ehrwürdige
Hauptfrau bis jetzt noch nicht geschafft hat, ein Kind, geschweige denn einen
Sohn zu gebären.“
    „Was hat das mit dem Jungen zu tun?“
    „Die Ehrwürdige Hauptfrau kommt nun in ein Alter,
in dem das Kinderkriegen eine schwierige Angelegenheit wird.“ Die Gesandte
legte eine Kunstpause ein und ließ schließlich die Katze aus dem Sack: „Die
Ehrwürdige Hauptfrau wünscht, den Jungen als den ihren anzunehmen.“
    Zhousheng war sprachlos. Sie schloss die Augen, um
sich besser auf die Worte zu konzentrieren, die sie gerade gehört hatte.
Reichte es nicht, dass sie den Tod ihrer Tochter ertragen musste, musste sie
sich nun auch solch einen Unsinn anhören?
    „Verzeiht meine Worte“, sagte sie schließlich,
„aber das kommt nicht in Frage! Woher soll ich wissen, dass Ihr tatsächlich vom
kaiserlichen Palast kommt? Es gibt genügend Menschen, die den Tod meines Enkels
sehen wollen. Darüber sind wir beide – die wir offensichtlich die Wahrheit
kennen – uns im Klaren! Wenn die Ehrwürdige Hauptfrau einen solchen Wunsch
hegt, dann soll sie mir das persönlich

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