Die Geliebte des Koenigs
Jesslyn ihn hastig. „Ich habe wahnsinnig viel zu lesen, und du hast sicher auch genug Arbeit nachzuholen.“
Sharif blickte sie an. „Wir werden während des Dinners über die Kinder sprechen“, sagte er sanft. „Vielleicht fühlst du dich dadurch entspannter.“ An der Tür wandte er sich noch einmal zu ihr um. „Und zu Abend gegessen wird hier grundsätzlich um sieben …“
Der Nachmittag verging für Jesslyn wie im Fluge. Sie betrat die Bibliothek – und verliebte sich sofort in den großen, luftigen Raum mit dem prachtvollen goldenen Kuppeldach. Die hohen Wände waren vom Boden bis zur Decke mit offenen Regalen bestückt. Hingerissen blickte Jesslyn sich um. Tatsächlich hatte die Bibliothek die Größe eines mittleren Ballsaales. Damit bot der Raum ausreichend Platz für zwei komfortable Sofas, zwei Holzschreibtische, vier bequem aussehende Sessel und einen langen antiken Tisch mit prachtvoll geschnitzten Beinen.
Auf Anhieb fand Jesslyn die neuen Lehrbücher, von denen Sharif gesprochen hatte. Doch bevor sie sich hinsetzte, um sie zu studieren, sah sie sich die Bücher für die Kinder an. Der Herausgeber war ihr bekannt, und die Literatur- und Fremdsprachenbücher hatte sie selbst vor einiger Zeit in der Mittelstufe benutzt. Der Lernstoff, den sie verwenden wollte, erschien ihr nicht als zu schwierig. Was ihr jedoch Sorge bereitete, war der Umfang. Für jedes der drei Kinder gab es stapelweise Bücher. Mathe, Naturwissenschaft, Sozialkunde, Literatur, Grammatik, Fremdsprachen und natürlich Bücher über Kunst und Musik.
Jesslyn trug den Bücherstapel der Kinder zu einem der Sessel und legte sie auf dem Beistelltisch ab. Dann nahm sie ihren Notizblock und einen Stift zur Hand und notierte sich von jedem Buch die Anzahl der Kapitel und die Anzahl der Tage, die ihr bis zum ersten Schultag nach den Sommerferien zur Verfügung standen. Schließlich erstellte sie einen Stundenplan, um einen Überblick darüber zu bekommen, wie viel Stoff sie jeden Tag ohne übermäßigen Stress bewältigen konnten.
Als Mehta einige Stunden später an die Tür klopfte, war sie immer noch in ihre Arbeit vertieft. „Fertig zum Baden, Lehrerin Jesslyn Fine?“, fragte Mehta lächelnd.
Verwirrt sah Jesslyn auf. „Ein Bad?“
„Vor Dinner.“
„Ah ja, richtig …“, murmelte sie und klappte das Buch zu. Sie fragte sich, wie sie Mehta begreiflich machen sollte, dass sie ein Vollbad vor dem Essen nicht für unbedingt notwendig erachtete. „Ich habe noch so viel für morgen vorzubereiten … Ich denke, es reicht, wenn ich mir einfach das Gesicht wasche und die Haare kämme“, schlug sie versuchsweise vor.
Verständnislos blickte Mehta sie an. „Kein Bad?“
„Ich habe heute Morgen geduscht.“
„Kein Bad vor Dinner?“, beharrte Mehta.
Jesslyn seufzte und legte das Buch zur Seite. „Ich bade nicht vor jeder Mahlzeit, Mehta.“
„Kein Bad …“
„Nein.“
Mehta runzelte die Stirn. „Kein Dinner?“
„Doch, das schon. Ich werde mich um sieben mit Scheich Fehz zum …“
„Dinner mit Seiner Hoheit?“
„Richtig. Dinner“, sagte sie. „Um sieben.“
Mehta tippte mit einem Finger auf ihr Handgelenk, als säße dort eine Uhr und maß Jesslyn mit einem strengen Blick. „Halb sechs. Dinner um sieben. Baden … jetzt.“
Jesslyn gab sich geschlagen. „Hört sich wundervoll an“, versicherte sie lächelnd und schaute dann bedauernd auf den Stapel ungelesener Bücher, den sie zurücklassen musste. „Aber ich bin hier noch nicht fertig, und werde später vielleicht weiterarbeiten.“
„Ja, Lehrerin Jesslyn Fine. Jetzt kommen.“
Jesslyn hatte ihr Schlafzimmer bisher noch nicht zu Gesicht bekommen, doch als sie Mehta dorthin folgte, stellte sie begeistert fest, dass es mit dem antiken Himmelbett und dem liebevoll ausgesuchten Mobiliar noch gemütlicher und femininer eingerichtet war als ihr Wohnzimmer.
Blassrosa Satinvorhänge reichten vom Himmel des riesigen Bettes bis zum Boden. Auf dem Tischchen neben dem Bett stand eine Silbervase mit wunderschönen Rosen in blassem Pink. Jesslyn beugte sich vor und sog mit geschlossenen Augen ihren verführerischen Duft ein.
In der sengenden Hitze dieses Landes war es ausgesprochen schwierig, Rosen zu züchten. Doch genau das machte sie besonders wertvoll …
„Ihr Bad.“ Mehta machte eine auffordernde Geste in Richtung des angrenzenden Bades, und Jesslyn folgte ihr.
Es war ein römisches Marmorbad mit einer opulenten, in den Boden eingelassenen
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