Die Geliebte des Kosaken
weinte, und sie ergab sich in die Umarmung, umfasste ihn sogar und versuchte, das Glück zu empfinden, das sie so lange herbeigesehnt hatte. Doch es gelang ihr nicht. Stattdessen spürte sie nichts als Ablehnung. Sein schlanker, sehniger Körper schien der eines Fremden zu sein, der süßliche Pomadegeruch, der seinem Haar entströmte, stieß sie ab, und seine Tränen waren ihr unangenehm. Als seine Lippen ihren Mund suchten, wandte sie das Gesicht zur Seite und hatte dabei ein schrecklich schlechtes Gewissen.
„Du Ärmste“, flüsterte er und presste sie an sich, „was wirst du durchgemacht haben? Ach, ich fürchte, ich verdiene eine solche Frau wie dich nicht. Wie hast du um meinetwillen leiden müssen …“
Sie musste sich fast Gewalt antun, ihn nicht von sich zu schieben. Warum war ihr früher niemals aufgefallen, dass er solch gefühlsduseliges Zeug redete? Wieso hatte sie immer an seinen Lippen gehangen und jedes seiner Worte für klug und weitblickend gehalten?
„Oleg, ich bitte dich“, unterbrach sie ihn schließlich, nachdem er mehrere Tränenflecken in ihre Bluse geweint hatte. „Ich möchte, dass du mir die Wahrheit sagst.“
Er spürte, dass es jetzt gefährlich wurde. Was hatte man ihr erzählt? Welche Beweise hatte man ihr gegeben? Teufel, er musste aufpassen, um nicht noch alles zu verderben.
„Ich liebe dich mehr als mein Leben, Natalja. Wie könnte ich dich belügen? Zwischen uns beiden wird immer nur die Wahrheit sein …“
Sie löste sich jetzt endlich von ihm und setzte sich auf einen der Stühle. Oleg blieb stehen, seine Arme hingen herunter, er sah sie mit so hilflosem Blick an, dass sie in Bedrängnis kam. Sie spürte Mitleid mit ihm und zugleich eine unerklärliche Abneigung, die sie selbst erschreckte. Es waren die gleichen Züge, die sie noch vor Monaten so geliebt hatte. Jetzt schienen seine edel geschwungene Nase, seine schön gewölbten Augenbrauen ihr plötzlich unglaublich banal.
„Ist es wahr, dass du in einen Goldschmuggel verwickelt bist?“
Er hatte die Veränderung gespürt, die mit ihr vonstattengegangen war, und Angst befiel ihn. Zugleich begriff er jedoch, dass noch nicht alles verloren war. Er musste klug und bedachtsam zu Werke zu gehen.
„Ja, Natalja. Ich schäme mich zutiefst, dir dies eingestehen zu müssen“, sagte er und senkte den Kopf. „Ich habe es dir verheimlicht, um dich aus allem herauszuhalten, mein Liebes. Ich wollte nicht, dass mein Elend dein Leben beeinträchtigen sollte. Ich liebe dich, und dein Glück ist mir heilig …“
„Mein Glück, einen Schmuggler zu heiraten?“, fragte sie ironisch zurück.
Er stellte fest, dass sie inzwischen gelernt hatte, ihren Verstand zu gebrauchen. Die süße, kleine Natalja war erwachsen geworden.
„Es ist also auch wahr, dass du mir deine Schulden verheimlicht hast.“
Das wusste sie also auch. Nun – kein Wunder. In Petersburg würde inzwischen vermutlich der Teufel los sein, man würde dort kein gutes Haar mehr an ihm lassen.
„Ich war blind vor Liebe“, sagte er in kläglichem Ton, „ich habe geglaubt, mit diesem Goldgeschäft alle meine Schulden begleichen zu können. Es war die einzige Möglichkeit, dich nicht zu verlieren, Natalja.“
Sie zögerte einen Moment, bevor sie den letzten, schlimmsten Vorwurf aussprach, und sah dabei in seine Augen, die flehentlich auf sie gerichtet waren.
„Du hast mich heiraten wollen, um deine Schulden loszuwerden, Oleg. Wozu noch dieses Goldgeschäft?“
Er erzitterte, denn jetzt war der Augenblick der Entscheidung gekommen. Er fiel vor ihr auf die Knie und fasste ihre Hand. „Wirf mir vor, was immer du willst“, rief er aus. „Beschuldige mich des Diebstahls, sage laut, dass ich ein Betrüger sei! Ich werde es ohne Widerspruch ertragen, Liebste. Aber niemals darfst du mir vorwerfen, ich hätte dich aus eigennützigen Gründen an mich binden wollen. Ich liebe dich, Natalja. Ich war bereit, jedes Risiko einzugehen, sogar mein Leben einzusetzen, um deiner würdig zu sein. Ich stehe als Verbrecher vor dir – aber meine Liebe zu dir ist heilig und unverbrüchlich, nur für diese Liebe bin ich zum Verbrecher geworden.“
Sie war überwältigt von diesem Geständnis. Ja, es war ohne Zweifel so, wie sie vermutet hatte. Oleg hatte dieses Verbrechen um ihretwillen begangen. Großer Gott – wie konnte sie ihn jetzt zurückweisen?
„Verlass mich“, rief er theatralisch aus. „Überlasse mich meinem Schicksal – ich bin deiner nicht wert. Ich bin ein
Weitere Kostenlose Bücher