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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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Vorratshäuschen, in dem Natalja und Andrej genächtigt hatten, wurde jetzt von drei Kosaken durchwühlt, und Natalja flüchtete auf den Hof.
    „Verdammte Idioten“, hörte sie Andrej brüllen, „habe ich euch nicht gewarnt? Was sucht ihr dort im Heu herum? Er hat ein Pferd genommen – hinterher.“
    Gleich darauf ertönte Katjas lautes Wehklagen, und Natalja erblickte einen am Boden sitzenden Mann, den Katja weinend umschlungen hielt.
    „Bogdan!“, schluchzte sie. „Bogdan, bleib um Gottes willen hier. Du kannst nicht reiten, du wirst verbluten. Oh, wenn ich dieses Schwein erwische, ich steche ihn eigenhändig ab …“
    Natalja eilte an ihre Seite. Bogdans Hemd war voller dunkler Flecke, und seine Hände waren rot von Blut.
    „Lass mich, Katjuscha!“, keuchte er und versuchte, sich aus ihrer Umarmung zu befreien. „Ich muss ihm nach! Ich kriege ihn, diesen Lumpen. Ich werde …“
    Andrej hatte schon sein Pferd gesattelt, jetzt wandte er sich zu Bogdan, riss ihm die Bluse auseinander, und Natalja sah, dass der Kosak aus mehreren Stichwunden in Brust und Bauch blutete.
    „Du tust, was Katja dir sagt, Brüderchen“, ordnete Andrej an. „Wir bringen ihn dir, verlass dich auf uns.“
    „Nie im Leben!“, wehrte sich Bogdan und versuchte, sich zu erheben. Doch er sank gleich darauf in sich zusammen, und Katja bemühte sich, seinen schweren Körper auf dem Boden auszustrecken und seine Wunden zu untersuchen.
    Natalja griff nach einem der Sättel, doch Andrej schüttelte den Kopf.
    „Du wirst hierbleiben und Katja beistehen.“
    „Nein!“, rief sie aufgeregt. „Ich will an deiner Seite sein, Andrej.“
    Er riss ihr den Sattel aus der Hand und warf ihn zu Boden. „Hör zu, Nadenka“, sagte er mühsam beherrscht, „du wirst uns nur hinderlich sein und dich noch dazu in Gefahr begeben. Versteh doch: Dies ist eine Sache unter Männern!“
    Ohne auf ihren zornigen Protest zu achten, schwang er sich auf sein Pferd und ritt davon. Er hatte Zeit verloren, die Kosaken waren längst ausgeschwärmt und hatten dabei in ihrer Hast Olegs Spuren vernichtet. Nun würde es nicht leicht sein, ihn aufzuspüren.
    „Männersache!“, murmelte Natalja aufgebracht und bückte sich, um den Sattel wieder aufzuheben. Doch Katjas lautes Weinen hielt sie davon ab, ihren Willen durchzusetzen.
    „So hilf mir doch, Natalja. Er stirbt mir ja unter den Händen weg. Was soll ich nur tun?“
    Die beiden alten Leute, denen der Hof gehörte, waren nun ebenfalls herbeigelaufen, erschreckt von dem Getümmel und dem raschen Aufbruch der Kosaken.
    „Wir müssen die Wunden waschen und Moos auflegen“, riet die alte Frau, „tragen wir ihn ins Haus.“
    „Nein“, widersprach Natalja energisch. „Lasst ihn hier liegen. Bringt Decken, um ihn zu wärmen, und Stoff, um ihn zu verbinden. Kaltes Wasser, um die Blutung zu stillen …“
    Ihre Umsicht übertrug sich auf die verzweifelte Katja und brachte ihr zu Bewusstsein, dass noch nicht alles verloren war. Sie opferte einen ihrer Unterröcke, riss ihn in Streifen, und die Frauen verbanden damit Bogdans Wunden. Der große Bär war bleich geworden, es schwindelte ihn, und er machte keinen Versuch, sich der Pflege zu entziehen. Vorsichtig flößte Katja ihm ein wenig Wasser ein und streichelte dann zärtlich seine bärtige Wange.
    „Du wirst es schaffen, Bogdan. Ich weiß, dass du es schaffen wirst, Liebster …“
    „Aber das Gold …“, stöhnte er, „das schöne Gold …“
    „Ich pfeife auf das verdammte Gold“, rief Katja wütend, „wenn du nur am Leben bleibst, Bogdan.“
    Überwältigt von so viel Liebe, schloss der Kosak die Augen und schwieg, zumal ein bisher unbekanntes Schwächegefühl ihn erfasste.
    Die Sonne stieg über den Bergen auf, übergoss das Gestein für kurze Zeit mit roter Glut, schuf Flammenkronen um die hohen, schroffen Gipfel und ließ die dunklen Wälder violettfarbig schimmern. Natalja verfolgte das Naturschauspiel mit unruhigem Herzen, keiner der Kosaken war bisher zurückgekehrt, und es schien unwahrscheinlich, dass sie den Entflohenen so schnell aufspüren würden. Der Ural war wild und zerklüftet, es gab dort jede Menge Verstecke. Was, wenn Andrej in einen Hinterhalt geriet?
    Sie setzte sich auf eine niedrige Bank vor dem Haus, lehnte das Frühstück ab, das die alte Frau ihr reichte, und starrte vor sich hin. Warum hatte er sie nicht mitgenommen? Viel lieber wäre sie in der Gefahr bei ihm gewesen, ja sogar mit ihm gestorben, als hier zum Warten verdammt

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