Die Geliebte des Kosaken
zu sein.
Ein leichter Wind hatte sich erhoben und trieb das gelbe Laub einer Birke über den Hof, Bogdan unterhielt sich flüsternd mit Katja, erzählte ein ums andere Mal, dass er sich über den Gefangenen gebeugt hatte, um nach seinen Fesseln zu sehen, da war der Kerl plötzlich aufgesprungen und hatte ihm ein Messer in den Leib gerammt. Wahrscheinlich hatte er seinen Bewacher überredet, mit ihm Karten zu spielen, und der hatte ihn danach nicht ordentlich festgebunden.
Nataljas Unruhe stieg an. Warum sollte sie hier untätig herumsitzen, sie konnte nichts mehr für Bogdan tun. War es nicht besser, den Kosaken nachzureiten? Auch wenn Andrej es ihr verboten hatte?
Ein heller Fleck blitzte für einen Augenblick hinter dem verfallenen Zaun auf, und im gleichen Moment hörte sie den Hund knurren. Der Schreck durchfuhr sie, sie sprang von ihrem Sitz auf, um die anderen zu warnen – da stand er vor ihr, sein helles Haar glänzte in der Sonne.
„Ganz ruhig, Natalja!“, befahl Oleg. „Leg den Sattel auf. Rasch!“
Das Messer blitzte in seiner rechten Hand, und als Natalja sich nicht rührte, glitt er hinüber zu Katja, packte die Erstarrte am Arm und setzte ihr die Waffe an die Brust.
„Tu, was ich sage, Natalja.“
Katja spürte, wie die Klinge durch den Stoff drang und ihre Haut ritzte, ein kleiner roter Fleck erschien auf ihrem Kleid.
„Dreckiger Mörder!“, brüllte Bogdan und versuchte, Oleg am Fuß zu packen. Doch ein fester Tritt ließ ihn zurückstürzen, und er rang keuchend nach Luft.
„Worauf wartest du?“, zischte Oleg Natalja an.
Sie begriff, dass eine Weigerung sinnlos war, und trug den Sattel zu einem der Pferde hinüber. Sie hörte hinter sich eine Tür knarren, ein Riegel wurde vorgeschoben – Oleg hatte Katja in die Vorratshütte gesperrt. Die beiden alten Leute hatten sich längst auf dem Dachboden ihres Hauses in Sicherheit gebracht, Bogdan rührte sich nicht mehr.
Sie war mit Oleg allein. Mit dem Mann, den sie einst über alles geliebt hatte und für den sie nun nur noch Hass und Verachtung empfand.
„Ich reite nicht mit dir!“, fauchte sie ihn an, als er neben sie trat, um den Sattelgurt festzuziehen.
„Hältst du so deinen Schwur?“, rief er theatralisch. „Mein Gott – ja; ich hatte etwas mit der kleinen Katja, sie wird es dir erzählt haben. Aber ich tat es nur, damit sie mich aus dem verdammten Kerker herausließ.“
„Mir ist gleich, warum du es getan hast, Oleg. Du hast deinen Eid gebrochen, und damit ist unsere Verlobung gelöst!“
Da packte er sie so fest am Arm, dass sie erschrak. „Natalja“, bettelte er flehend, „ich liebe dich unendlich und vertraue auf deine Großmut. Ich werde meine Schulden bezahlen und dann um dich anhalten. Bitte verlass mich nicht, du bist die einzige, große Hoffnung meines Lebens.“
Sie zerrte an ihrem Arm, erreichte jedoch nichts anderes, als dass das Pferd unruhig wurde. Olegs Griff war eisenhart und drückte ihr fast den Arm ab.
„Ich denke nicht daran! Niemals werde ich deine Frau!“
Da fasste er in ihr offenes Haar und zog ihren Kopf zu sich heran. Sie spürte seinen heißen Atem und versuchte verzweifelt, dem Kuss auszuweichen, doch vergebens. Wütend bemühte er sich, mit der Zunge ihre fest zusammengekniffenen Lippen zu öffnen, schließlich gab er auf und sah ein, dass sie auf diese Weise nicht mehr zu gewinnen war. Ein böser Verdacht stieg in ihm auf. „Es ist Andrej, nicht wahr?“, zischte er sie an. „Ich habe doch gesehen, wie du diesen dreckigen Kosaken immer wieder angestarrt hast.“
„Und wenn es so wäre, könnte es dir gleich sein. Wir sind geschiedene Leute, Oleg!“
„Du Schlampe“, stieß er hervor und schlug ihr mit der Hand ins Gesicht. „Mir gehörst du und keinem anderen!“
„Lieber sterbe ich!“, rief sie und zerrte an ihrem Haar.
Er lachte hämisch auf. Ja, er hatte sie endgültig verloren, die Hoffnung, sich mit ihrer Hilfe aus dieser Klemme zu befreien, war dahin. Aber sie sollte es büßen.
„Das wäre jammerschade, denn du bist immerhin ein hübsches Lösegeld wert, wenn du mich schon nicht heiraten willst“, sagte er boshaft.
Er widerte sie so an, dass ihr fast schlecht war. Immer noch hielt er sie an ihrem langen Haar fest, sein Griff war so schmerzhaft, dass sie am liebsten laut geschrien hätte.
„Du hast wohl immer nur eines im Sinn, Oleg: Geld“, stieß sie gepresst hervor.
„Gold!“, stellte er richtig und grinste sie schamlos an. „Du hast recht. Gold ist
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