Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
Vom Netzwerk:
Balg. Haben dich gehegt und gefüttert, und das ist jetzt der Dank! Bringst deine eigenen Eltern ins Grab …“
    „Sei endlich still!“, gebot Scharin seiner Frau. „Willst du, dass die Wächter uns hören? Bring sie hinauf, ich werde sie mir oben vornehmen.“
    Galina Scharina hielt inne und begriff trotz ihrer Zornesaufwallung, dass ihr Ehemann recht hatte. Sie packte Katja an ihrem langen Haar und zog sie hinter sich her die Treppe hinauf. Oben war bald wieder ihr Schelten und Kreischen zu vernehmen, das vermuten ließ, dass Katja keine gute Zeit hatte.
    „Was stehst du noch da herum?“, herrschte Scharin die Köchin Pelageja an, die das Schauspiel mit offenem Mund verfolgt hatte. „Verschwinde in deine Kammer, und wehe dir, wenn auch nur ein einziges Wörtchen über deine Lippen kommt!“
    Pelagejas Holzschuhe klapperten die Stiege hinauf, und als sie oben die Tür öffnete, drang für einen Augenblick das Geschrei der beiden Frauen ungedämpft hinunter, und Scharin verzog das Gesicht.
    „Darum habt Ihr mein Angebot ausgeschlagen“, fuhr er Oleg wütend an, „kein Wunder, dass der Herr Offizier keinen Bedarf an Weibern hatte. Er hat sein Liebchen ja hier im Haus gefunden.“
    Oleg hatte eine undurchdringliche Miene aufgesetzt. Was hatte Scharin ihm schon zu sagen? Er war dem Militärposten unterstellt und im Grunde nichts weiter als ein Lakai.
    Doch er täuschte sich, denn auch Scharin hatte sehr wohl Mittel, seinen Zorn an ihm auszulassen.
    „Wie auch immer“, knurrte er boshaft, „in ein paar Tagen werdet Ihr sowieso abgeholt und nach Jekaterinburg gebracht.“ Er rief die beiden Wächter herbei und erteilte ihnen Anweisung, die sich für Oleg als äußerst fatal erwies. „Bringt ihn runter ins Turmverlies.“
    Die Wächter schauten gleichmütig drein, sie waren es gewohnt, ohne Fragen zu gehorchen. Man band dem Gefangenen Oleg Petrow die Hände hinter den Rücken und stieß ihn in den Flur. Der Weg führte über den Hof auf die andere Seite der Festung zu einem schmalen Türchen aus dicken Holzbohlen. Umständlich schloss man es auf, entzündete eine Fackel und schob ihn eine steile Treppe aus behauenem Stein hinab. Diese endete in einem winzigen, kreisrunden Raum, in dem ein erwachsener Mann nur zusammengekauert liegen konnte.
    „Wohl bekomm’s“, meinte einer der Wächter boshaft und stieß Oleg hinein. Als die Tür sich hinter ihm schloss, war es stockdunkel um ihn.
    Man hatte ihm nicht einmal die Fesseln abgenommen. Oleg lehnte an der Wand, trotz der Dunkelheit flimmerte es ihm vor den Augen. Jetzt war alle Hoffnung endgültig dahin. Man würde ihn nach Jekaterinburg bringen. Was ihn dort erwartete, war klar: die Verurteilung durch ein Militärgericht und im günstigsten Fall der Abtransport nach Sibirien.
    ***
    Nataljas Schlummer war unruhig, immer wieder erwachte sie, hörte das Pferd leise schnauben, vernahm das Knacken der Baumzweige im Morgenwind und verspürte eine seltsame Unruhe.
    Kein Wunder, dachte sie. Es ist nur natürlich, dass die Angst vor dem, was gestern hätte geschehen können, noch in mir steckt. Sie seufzte tief auf, lehnte sich gegen den Baumstamm und blickte in die grünen Zweige, durch die die Sonne schien. Andrej lebte, er war bei ihr – was konnte jetzt noch Schlimmes geschehen? 
    Lang ausgestreckt lag er neben ihr, ein Bein leicht angewinkelt, unter seinem zerrissenen Hemd sah sie die noch unverheilten Striemen, welche die Kantschu auf seiner Haut hinterlassen hatte. Er schlief tief und fest, sein Gesicht war ihr zugewandt, es war blass und wirkte erschöpft. Hart zeichneten sich seine schwarzen Augenbrauen ab, das Kinn war von einem dunklen Flaum bedeckt, seine Lippen leicht geschwungen. Vorsichtig hob sie die Hand und strich über seine rechte Schläfe, glitt zart der weichen Haut zwischen Bartflaum und Ohr entlang und folgte dann der Linie seiner Lippen. 
    Wieder schnaubte das Pferd, und sie hob den Blick über die Wiesen und Felder. In einiger Entfernung war eine Frau zu sehen, neben ihr ein Kind. Aha, dachte sie. Also gibt es hier doch Menschen. Wie schön die rote Farbe ihres Kleides leuchtet, dem Schnitt nach ist es kein Sarafan – ob sie wohl eine Adelige ist?
    Die Frau stand gebückt auf einem der Äcker und grub etwas aus der Erde, das Kind warf kleine Steinchen über das Feld, trottete dann zur Mutter und hängte sich an ihren Rock. Scheinbar weinte es, denn die Frau hob es auf den Arm, strich ihm über das zerzauste Haar und setzte es dann wieder

Weitere Kostenlose Bücher