Die Geliebte des Malers
die Hand, ohne stehen zu bleiben.
»Es ist großartig hier!« Sobald sie saßen, schaute Cassidy sich begeistert um. »Ich bin sicher, dass hier mit Waffen gehandelt wird. Oder geht es um Juwelenschmuggel?«
Lachend nahm Colin ihre Hände in seine. »Das würde dir gefallen, nicht wahr?«
»Sicher.« Sie grinste, und ihre Augen funkelten verschmitzt.
Eine Kellnerin hatte sich den Weg durch die Tische zu ihnen gebahnt. Ungeduldig wartete sie auf die Bestellung, eine Hand in die Hüfte gestützt.
»Die Lady braucht Champagner«, sagte Colin zu ihr.
»Wer braucht den nicht?«, kam es gelangweilt zurück, dann drängte sie sich wieder zurück zur Bar.
Cassidy lachte entzückt auf. »Hier gibt es also keine ehrerbietigen Verbeugungen vor dem großen Colin Sullivan.«
»Das hängt alles von der Atmosphäre ab. In der richtigen Umgebung liebe ich aufsässige Kellnerinnen. Und«, fügte er leise hinzu, während er Cassidys Hand drehte und die Innenfläche küsste, »eng stehende Tische, die einem wenig Platz lassen und dazu zwingen, näher zusammenzurücken. Spärliche Beleuchtung«, zählte er weiter auf, »sodass ich den Geschmack deiner Haut in relativer Privatsphäre genießen kann.« Er drehte leicht den Kopf und küsste die empfindsame Haut hinter ihrem Ohr.
»Colin«, hauchte sie atemlos und legte die Hand an seinen Mund, um ihn aufzuhalten, doch er griff nur ihre Finger und küsste jede einzelne Fingerspitze.
Mit einem dumpfen Poltern wurde die Champagnerflasche vor ihnen auf den Tisch gestellt. Colin zog einen Geldschein hervor und reichte ihn an die Bedienung. Die Frau stopfte den Schein achtlos in ihr großes Portemonnaie und stolzierte davon.
»Das geht heute Abend aber schnell«, murmelte er. »Äußerst ärgerlich.« Gekonnt öffnete er die Flasche. Das Knallen des Korkens ging unter in dem lauten Klagen des Saxofons. Cassidy nahm das Glas von Colin entgegen und hoffte, dass der große Schluck Champagner ihre Nerven beruhigen würde.
In einträchtigem Schweigen tranken sie Champagner und beobachteten das ausschweifende Nachtleben, das sich um sie herum abspielte. Cassidy verfiel in eine verträumte, romantische Stimmung, Realität und Scheinwelt ließen sich nicht mehr trennen. Als Colin aufstand und ihre Hand nahm, folgte sie ihm willig auf die Tanzfläche.
Die Band spielte einen langsamen Blues. Colin schlang seine Arme um Cassidys Hüfte, sie ihre um seinen Nacken. Ihre Körper schmiegten sich aneinander. Ein Gemisch aus Parfüm und Zigarettenrauch hing in der Luft. Im dämmrigen Licht glichen die anderen Paare Schatten. Das Tanzen war nicht mehr als ein langsames Wiegen verschmolzener Körper.
Cassidy legte den Kopf zurück, um Colin ansehen zu können. Ihre Blicke trafen sich, ihre Lippen waren nur ein Flüstern voneinander entfernt. Sehnsucht übermannte Cassidy. Wären sie auf einer einsamen Insel, könnte das Gefühl, völlig allein mit ihm zu sein, nicht stärker sein.
Die Musik endete mit einem schrillen Akkord der Blechbläser.
Colin nahm Cassidy bei der Hand und führte sie weg von der Menge.
Der Mond stand wie eine silberne schmale Sichel am Himmel. Die Nachtluft kühlte Cassidys erhitzten Körper und vertrieb die sinnlichen Wolken, die ihren Verstand trübten. Der Ferrari erklomm einen Hügel und fuhr dann wieder bergab. Cassidy lächelte still vor sich hin. Der Abend war perfekt. Es gab nichts, was sie anders machen würde. Keine Reue, kein Bedauern.
Nebel verschluckte die Straße und waberte in Schwaden vor den Scheinwerfern. Als Cassidy den Kopf zur Seite wandte, sah sie die dichte graue Decke, die über der Bucht unter ihnen lag. Sie sah zu Colin.
»Wir fahren zu meinem Hausboot«, sagte er, bevor sie die Frage aussprechen konnte. »Ich habe etwas für dich.«
Warnlichter blitzten in ihrem Kopf auf, der bittersüße Geschmack von Gefahr stieg ihr in den Mund. Cassidy blickte auf die nebelverhangene Bucht hinunter und sagte sich, dass sie Colin bitten sollte, sie nach Hause, zu ihrem Apartment, zu bringen. Doch die Nacht war noch nicht vorbei. Und sie hatte sich diese eine Nacht versprochen.
Der Nebel wurde dichter, je weiter sie sich der Bucht näherten. Ab und zu erklangen warnende Nebelhörner. Cassidy hatte längst jedes Zeitgefühl verloren, als Colin den Wagen abbremste. Sie war in eine Traumwelt abgetaucht, die aus wirbelnden Nebelschwaden und dem leisen Schwappen der Wellen bestand. Colin führte sie auf ein verschwommenes Gebilde zu. Der gellende schrille Schrei
Weitere Kostenlose Bücher