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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Mary denken. Es tat einfach zu weh.
    Er stand reglos und lauschte. Irgendjemand kam auf ihn zu – sein Vater. Es war noch zu früh für Rolfe, um schon auf den Beinen zu sein; er war ein alter Kämpfer, einer, der vor einer Schlacht ohne Probleme tiefen Schlaf fand. Er konnte also nur schlechte Nachrichten bringen.
    Rolfe blieb stehen.
    »Ich habe gerade einen Boten aus Alnwick empfangen.«
    Stephen biss die Zähne zusammen. Es konnte nichts mit seiner Gemahlin zu tun haben, sagte er sich. Es konnte einfach nichts mit ihr zu tun haben.
    Das durfte nicht sein.
    »Deine Gemahlin ist verschwunden.«
    »Verschwunden?«
    Rolfe erklärte, dass Mary als Bauernjunge verkleidet heimlich Alnwick verlassen hatte. Stephen war so schockiert, dass er nicht weiter zuhören konnte. Er taumelte, und sein Vater versuchte, ihn zu stützen. Aber Stephen bemerkte Rolfe gar nicht.
    Sie hatte ihn verlassen.
    Mary war geflohen, zu ihrer Familie, nach Schottland. Am Vorabend des Krieges hatte sie ihn verlassen, ihre Heimtücke einmal mehr und endgültig bewiesen.
    Seine Gemahlin hatte ihn verlassen.
    In seinem Herzen erstarb etwas, und dann erwachte etwas Anderes, etwas Machtvolles und Verzehrendes, zum Leben. »Stephen?«, fragte Rolfe.
    Er antwortete nicht. Er konnte nicht antworten.
    Stephen spürte die Wut in sich wachsen, und er hieß sie willkommen.

23
    Mary ritt in Windeseile nach Edinburgh. Die Nacht war schwarz und eiskalt, es roch nach Schnee. Die Pferde stießen kleine Dampfwolken aus. Die Eskorte legte ein unbarmherziges Tempo vor; die Männer strapazierten die Tiere mit einem permanenten Galopp, als sei die normannische Armee hinter ihnen her, obwohl beide Heere längst weit hinter ihnen lagen. Mary vermutete, sie hatten Anweisung, sie so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen und sich dann sofort wieder ihren Truppen anzuschließen. Doch das war ihr gleichgültig. Denn mit jedem donnernden Hufschlag, der sie dem Ort ihrer Kindheit näher brachte, kam sie auch ihrem Verhängnis einen Schritt näher.
    Sie war vor Erschöpfung wie betäubt, weil sie schon den ganzen Tag und den größten Teil der Nacht im Sattel verbracht hatte, aber nicht so erschöpft, dass sie nicht den herzzerreißenden Schmerz spürte, der von der grausamen Zurückweisung ihres Vaters herrührte. Aber auch das schien kaum eine Rolle zu spielen angesichts der Tatsache, dass man ihr die Verfügungsgewalt über ihr eigenes Leben entriss und sie mit gebrochenem Herzen ins Unglück stürzte. Man schickte sie nach Edinburgh. Aber sie sollte nach Alnwick unterwegs sein, wo sie hingehörte. Alnwick war ihr Zuhause. Sie sollte dort sein,' wenn Stephen aus dem Krieg zurückkehrte. Stattdessen wurde sie ins Herz von Schottland zurückbefördert, in die Hochburg von Stephens Feinden. Feinden, mit denen er sich bald in einer tödlichen Schlacht messen würde.
    Dieses Mal, dachte sie, konnte er es nicht verstehen; dieses Mal, sie wusste es, konnte er ihr nicht vergeben.
    Sie wollte nicht nach Norden reiten. Während sie weiter und weiter galoppierten und ihre schweißbedeckten Pferde an den Rand der Erschöpfung trieben, verspürte Mary ständig den Drang, plötzlich auszuscheren und heimwärts zu fliehen. Doch das war Wahnsinn. Vielleicht würde sie es gerade noch schaffen, der Eskorte zu entkommen, aber ihr armes Pferd würde niemals imstande sein, den ganzen Weg bis Alnwick durchzuhalten. Selbst wenn – es hätte Selbstmord bedeutet, mitten durch das Kampfgebiet zu reiten.
    Im Morgengrauen, zur selben Zeit, als weiter im Süden die Hörner zur Schlacht riefen, als die ersten Schwerter aufeinanderkrachten und die Sonne gerade den aschgrauen Himmel mit ersten Strahlen geisterhaft weißen Lichts durchbrach, kam Edinburgh in Sicht. Die dunkle, fast schwarze Stadt aus verwittertem Holz und uraltem Stein thronte auf demselben jäh abfallenden Hügel wie die Burg, einem steil aufragenden Felshügel, der Stadt und Feste seit undenklichen Zeiten vor allen potenziellen Eindringlingen beschützt hatte. Über dem Ort ragte die Festung des Königs von Schottland in den Himmel, so dunkel und schwarz wie die Felseninsel, auf der sie erbaut war. Wieder wurde Mary von einer Vorahnung des Untergangs befallen.
    Sie galoppierten durch den Ort, vorbei an einer alten Frau, die einen Karren mit Feuerholz schob, vorbei an zwei Jungen, die gesalzene Heringe verkauften, vorbei an einem Rudel streunender Hunde, und den steilen, gefrorenen Weg hinauf zur Burg. Das Tor wurde geöffnet,

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