Die Geliebte des Normannen
rieb. Ein neuerlicher Schrei löste sich von ihren Lippen. Irgendwann hatte er ihre andere Hand losgelassen, und sie umklammerte ihn fest.
»Mairi«, stöhnte er.
»Ja, Stephen, bitte!«
Ihre Blicke trafen sich, seine Pupillen waren geweitet, der Blick leer vor Qual und Frustration. Er lag auf ihr, das Gesicht dicht über ihrem, und rieb sich verzweifelt an ihr, als sei auch er hilflos seiner Lust ausgeliefert. Mary wand sich vor Leidenschaft, sie flüsterte, schluchzte seinen Namen.
»Gott, hilf mir!«, stieß er hervor, »ich kann nicht mehr!«
Seine Lippen pressten sich auf ihren Mund, sein Kuss erstickte Marys lustvollen Schrei. Begierig öffnete sie sich ihm, umfangen von seiner starken Umarmung, saugte seine Zunge tief in ihren Mund, drängte ihn, sie in jeder erdenklichen Weise zu erforschen. Er gab einen tiefen, leisen Laut von sich und drängte noch heftiger gegen ihre Weiblichkeit. Mary schlang die Beine um seine Hüften, umklammerte ihn, hob ihren Unterleib empor.
»Bitte«, keuchte sie.
»Mairi«, flüsterte er und umarmte sie fest.
Er drang in sie ein. Der Schmerz dauerte weniger als einen Herzschlag, denn mit ihm kam eine Explosion der Verzückung, die so überwältigend war, dass sie beinahe ohnmächtig geworden wäre. Ihr tiefes Stöhnen erfüllte die steinerne Kammer, und wilde Zuckungen schüttelten ihren Körper. In diesem Moment starb Mary tausend köstliche Tode und wurde neu geboren.
Ganz allmählich fand sie in die Wirklichkeit zurück. Sie fühlte sich erschöpft, wie berauscht, die Glieder schwer, ihr Körper gesättigt. Der Sturm draußen drang in ihr Bewusstsein. Der Wind heulte, der Regen prasselte, Blitze erhellten die Nacht und die Kammer.
Mary spürte ihn. Er lag noch immer auf ihr, in ihr. Langsam nur erwachte ihr benommener Geist.
Ihr Verstand wurde klar. Klar genug, um zu fühlen, dass sie blaue Flecken hatte und ausgelaugt war, dass sie Schmerzen hatte als Folge des Geschehenen, und schlimmer, viel schlimmer noch, klar genug, um ihr Entsetzen zu spüren.
Was hatte sie getan?
Stephen stützte sich auf die Ellbogen, und ihre Blicke trafen aufeinander. Er sah die Panik in ihren Augen. Seine Gesichtszüge verhärteten sich. Bevor Mary ihn von sich herunterschieben konnte, spürte sie, wie er sich in ihr regte, erneut anschwoll. Ihr Körper spannte sich an.
»Später«, sagte er grob. »Später kannst du Bedauern äußern.«
Mary wollte protestieren. Doch seine Lippen verschlossen die ihren, seine Hüften bewegten sich, und sie war verloren.
5
Die Sonne ging gerade auf, als Stephen zur Prim frühstückte. Er war allein. Sein ganzer Hof war in der Familienkapelle bei der von Pater Bertold zelebrierten Messe, eine Pflicht, vor der Stephen sich heute drückte. Die Frau, die sich Mairi nannte, schlief noch in seinem Bett.
Harsch schob er das Stück Brot, mit dem er herumgespielt hatte, von sich weg. Was in Gottes Namen war bloß in ihn gefahren?
Sie hatte sich nicht offenbart. Niemals hätte er geglaubt, dass sie sich stattdessen lieber entehren lassen würde. Er hatte noch immer nicht den geringsten Zweifel daran, dass sie eine hochgeborene Lady war. Er hätte sie noch mehr bedrängen, er hätte sie an den Rand der Verzweiflung bringen können, ohne sie zu nehmen, er hätte den unschuldigen Lippen die Wahrheit abringen können. Aber all das hatte er nicht getan. Sondern er hatte sie genommen – er hatte einfach aufgehört, sich darum zu kümmern, was auf dem Spiel stand.
Seine Miene verhärtete sich. Wieso hatte er, ein Mann mit viel Erfahrung und noch mehr Selbstdisziplin, sich benommen wie ein bartloser Jüngling, der zum ersten Mal bei einer Kurtisane lag?
Er schloss für einen Moment die Augen, denn zum ersten Mal an diesem Morgen wurde er sich des Pochens hinter seinen Schläfen bewusst.
Er hatte letzte Nacht einen Fehltritt begangen. Und er hatte insgeheim Angst, erneut zu fehlen.
Denn die Frau, die sich Mairi nannte, war noch immer in seinem Gemach und in seinem Bett. Schon jetzt dachte er an die bevorstehende Nacht. Er stellte sich vor, wie sie sich wieder vereinigen würden, und konnte kaum an etwas anderes denken.
Aber er musste sie wegschicken. Und zwar sofort, noch ehe sie seine Heirat mit Adele Beaufort wirklich gefährden konnte. Er musste es einfach tun. Für Northumberland stand er in der Pflicht, und eine Geliebte, die seine mit Vorteilen verbundene Ehe bedrohte, bedrohte auch Northumberland.
Mit einem Gefühl der Beklemmung starrte Stephen auf den
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