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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Laib warmen Brotes vor ihm auf dem Tisch. Mairis Bild trat vor sein geistiges Auge, wie sie sich letzte Nacht in seinem Bett gezeigt hatte, mit einer Leidenschaft, die der seinen gleichkam. Einer Leidenschaft, die er vorher nie erlebt hatte, bei keiner anderen Frau – und auch bei sich selbst nicht. Sie weckte etwas in ihm, was er bisher stets verborgen gehalten hatte. Was war nur los mit ihm?
    Er konnte sein Tun nicht bedauern, und er wusste, dass er sie nicht wegschicken würde – noch nicht.
    Aber welchen Preis würde er für diese Verrücktheit zu zahlen haben?
    Stephen leerte sein Glas Ale. Er sagte sich, dass er in ein oder zwei Nächten ihrer müde sein und sie dann fortschicken würde. Bevor irgendein Schaden angerichtet wurde. Ihm blieb keine andere Wahl.
    Der Klang entschlossen sich nähernder Schritte holte ihn in die Gegenwart zurück.
    Stephen war froh, von seinen Gedanken abgelenkt zu werden.
    Doch als er seinen Bruder Geoffrey kommen sah, zog er erstaunt eine Braue hoch. Geoffrey hatte nur selten Zeit und Lust, heim nach Northumberland zu kommen.
    »Was bringt dich so weit nach Norden, Bruder?«, fragte er.
    Geoffrey musterte ihn mit der Andeutung eines Lächelns. »Was ist das für eine Begrüßung, nach so einer langen Zeit?«, fragte er scherzhaft zurück, während er mit großen Schritten und wallender Robe den Saal durchmaß.
    Seine Verwandtschaft mit Brand war unverkennbar. Er war hochgewachsen, muskulös und mit goldblondem Haar gesegnet, ein auffallend gut aussehender Mann, bei dem die Frauen immer zweimal hinsahen. Selbst in diesem Augenblick, als er den Saal betrat, in dem er seine ersten Kindheitsjahre verbracht hatte, einen Ort, an dem sein Gesicht bekannt und auch gelegentlich zu sehen war, erröteten die Dienstmägde vor Verlangen.
    »Verdiene ich nicht, dass man mir ein wenig Zuneigung entgegenbringt?«
    Stephen musterte ihn verständnislos.
    »Ich bin nicht in der Stimmung, Zuneigung zu zeigen.«
    »Das habe ich bereits bemerkt.« Geoffrey erstieg geschmeidig das Podest und setzte sich zu seinem Bruder. Ein Dolch erschien in seiner Hand, einer, der zu groß und spitz war, um nur zum Essen zu dienen. Wie nebenbei spießte er damit ein Stück kalten Braten auf.
    »Du bist scharfsinnig wie immer«, bemerkte Stephen. »Wann bist du angekommen? Gestern Abend?«
    »Heute Morgen. Was bedrückt dich? Ich hatte gehofft, nach der ersten Morgenmesse ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, aber aus deinem Gemach kam ein solcher Lärm, dass nicht daran zu denken war.«
    Geoffrey wischte den Dolch ab und steckte ihn wieder ein. Auf seinen Wangen erschienen beim Lächeln kleine Grübchen, die so gar nicht zu seinem spöttischen Ton und den leuchtenden Augen passen wollten.
    »Deine Geliebte war ja sehr lautstark. Man sollte meinen, du müsstest heute Morgen in bester Stimmung sein.«
    Stephens Blick war kalt; er wollte die Bemerkung seines Bruders nicht kommentieren.
    »Ist dies ein Familienbesuch oder etwas anderes?« Geoffreys Lächeln verschwand.
    »Du weißt, dass ich für Familienbesuche keine Zeit habe. Ich habe Neuigkeiten. Der König ist erkrankt.«
    Er hob die Hand, eine braun gebrannte, schwielige Hand, die Hand eines Mannes, der körperlich arbeitete und viel im Freien war.
    »Es ist nichts Ernstes, sagen die Ärzte, aber er hat Anselm zum Erzbischof von Canterbury ernannt.«
    Stephen blieb erst einmal stumm. Dann sagte er: »Dann muss der König denken, an der Schwelle des Todes zu stehen.«
    »Das tut er.«
    »Inwiefern betrifft das dich? Und uns?«
    »Er ist ein guter Mann«, sagte Geoffrey. »Es war längst fällig, dass unser guter König einen Nachfolger für Lanfranc bestimmte.«
    »Und?«
    Geoffreys Miene verhärtete sich.
    »Ich gewinne einen Verbündeten in meinem Kampf gegen die Versuche der Krone, Canterbury zur Ader zu lassen, hoffe ich.«
    »Du hoffst?«
    In Geoffreys Ton schwang eine Spur Spott über sich selbst mit.
    »Anselm ist ähnlich wie Lanfranc ein wahrhafter und frommer Mann. Wir verfolgen womöglich das gleiche Ziel, aber ich bin mir nicht sicher, ob er mich akzeptiert.« Sein Lächeln war verkrampft. »Vielleicht gewinne ich ja auch einen neuen Feind.«
    Stephen musterte seinen allzu ansehnlichen Bruder. In mancher Hinsicht waren sie sich sehr ähnlich, und insofern verstand er ihn gut.
    Geoffrey würde tun, was er tun musste, aber war das nicht das Los eines Mannes?
    »Besser ein Freund als ein Feind. Sieh zu, dass er dich liebt, so wie es Lanfranc tat.«
    Geoffrey

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