Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
Vom Netzwerk:
Kürzeren zieht.«
    Er lächelte ihr zu. Mary funkelte ihn wütend an. Er konnte sie nicht einen Augenblick zum Narren halten. Geoffrey trug zwar die lange, dunkle Robe eines Prälaten, doch er hatte absolut nichts Heiligmäßiges an sich.
    Kein Gottesmann sollte ein solches Gesicht und schon gar keinen solchen Blick haben. Er war unverkennbar ein Mann, unverkennbar mächtig und vor allen Dingen ein de Warenne und damit ebenfalls ein Feind.
    »Ich muss euch beide nicht vergleichen, damit er den Kürzeren zieht«, sagte sie barsch. Ihr Blick ruhte bereits wieder auf Stephen.
    Geoffrey zuckte zusammen – und lachte.
    Auch Stephen war amüsiert.
    »Letzte Nacht fandet Ihr nicht, dass ich den Kürzeren ziehe, Demoiselle.
    Mary lief hochrot an.
    »Ihr erweist Euch bei wirklich jeder Gelegenheit als Scheusal, Normanne«, fauchte sie mit unendlicher Wut. »Nur eine Bestie würde in der Öffentlichkeit so mit mir sprechen!«
    Eisig wandte sie ihm den Rücken zu. Sie war nach unten gekommen, weil sie nicht mehr hatte schlafen können. Im Bett bleiben, als würde sie auf die Liebesdienste des Normannen warten, wollte sie nicht. Tatsächlich hatte sie kaum Schlaf gefunden, sondern dies nur vorgetäuscht, als er ihr dazu endlich Gelegenheit gab. Er dagegen hatte tief und fest neben ihr geschlafen.
    Ihre Scham kannte keine Grenzen. Ihre Tugend war unverletzt gewesen, als sie zu ihm ging, und sie hatte beabsichtigt, ihm zu widerstehen. Hätte er sie vergewaltigt, dann hätte sie wenigstens noch einen Rest Stolz übrig behalten, doch dazu war es nicht gekommen. Ihr Widerstand war jämmerlich gewesen; er hatte sie mühelos verführt. Während er schlief und nachdem er das Bett verlassen hatte, war Mary von jedem Detail des Zusammentreffens verfolgt worden, so sehr sie auch versucht hatte, diese Erinnerungen beiseitezuschieben. Sie wollte sich mit dem, wozu er sie im Bett gebracht hatte, nicht auseinandersetzen. Aber sie konnte es nicht aus ihren Gedanken verbannen.
    Mary war sich qualvoll dessen bewusst, dass sie hinsichtlich ihres Landes und ihres Königs gefehlt, dass sie ihre beiden Eltern, Doug und auch sich selbst enttäuscht hatte.
    Sie versuchte, etwas Trost daraus zu ziehen, dass sie nicht den ganzen Krieg verloren hatte – immerhin wusste er nach wie vor nicht, dass sie König Malcolms Tochter war. Und er würde es nie erfahren, gelobte sie sich, selbst wenn das bedeutete, auf Dauer das Bett mit ihm teilen zu müssen. Sie versuchte, nicht an diese Möglichkeit zu denken, wagte es nicht, daran zu denken. Vielmehr musste sie sich darauf konzentrieren, zu überleben.
    Mary spürte Stephens Blick auf sich ruhen, und ihre Haut begann zu kribbeln. Sie musste ihm wieder in die Augen sehen.
    Sein Blick war klar und entschlossen; trotz ihrer Wut auf ihn errötete sie.
    Und die Wut, die sie nun durchbrandete, war nichts im Vergleich zu dem Zorn von vorher. Adele Beaufort. Wer war Adele Beaufort? Sie hatten mit einigem Respekt von ihr gesprochen; offenbar war sie eine schöne Frau und eine Erbin. Oh, wie sehr sie sich wünschte, ihm sagen zu können, dass sie König Malcolms Tochter war, eine Prinzessin und weit bedeutender als jede englische Erbin!
    Stephen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich.
    »Ihr könnt mich nennen, wie immer Ihr wollt. Ebenso wie Ihr Euch auch dafür entscheiden könnt, aus dieser Situation das Schlimmste oder das Beste zu machen, Mademoiselle. Es wird meine Absichten nicht ändern, sondern bestenfalls mein Interesse wecken. Ich schlage vor, Ihr haltet Euch lieber an die Fakten.«
    »Ihr habt in der Tat bekommen, was Ihr wolltet«, entgegnete Mary unsicher. »Ihr seid stärker als ich, und offenbar wesentlich erfahrener. Aber das ändert meine Absichten nicht. Ich werde nicht Eure Geliebte sein, ungeachtet dessen, was gestern Nacht geschah. Ich bin Eure Gefangene und sonst nichts, gezwungen, mich Euren Absichten zu beugen. Merkt Euch das, Normanne!«
    »Ich halte mich lieber an Taten als an Worte.«
    Seine Selbstgefälligkeit war einfach unerträglich.
    »Dann solltet Ihr alle meine Taten in Betracht ziehen! Ich war nicht so willig, wie Ihr es gern gehabt hättet, Normanne!«
    Er musterte sie.
    Sie lächelte für den Fall, dass er sie nicht verstehen sollte.
    »Ihr habt lediglich die Schlacht der letzten Nacht gewonnen. Eine, die ich für wesentlich unbedeutender halte als jene um meine Identität. In der Tat habe den Krieg meiner Meinung nach ich gewonnen.«
    Zornesröte stieg Stephen ins Gesicht.

Weitere Kostenlose Bücher