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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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schliefen. Gelegentlich war ein Schnarchen oder ein Stöhnen zu hören.
    Ihr Blick wanderte zum Podium; sie erwartete, dort Stephen zu sehen. Aber es war niemand dort. Sie fühlte sich ausgesprochen unbehaglich und spürte Zweifel in sich aufsteigen. Dann näherte sie sich den beiden thronartigen Stühlen vor der Feuerstelle; vielleicht saß er ja in einem davon. Aber sie waren beide leer. Mary rang die Hände.
    Er war also weder oben im Bett noch im Saal bei den Zechern. Was das bedeutete, wusste sie nur zu gut. Er tat, was alle Männer zu dieser gottlosen Stunde taten – er lag bei einem Weib. Mary konnte sich nicht bewegen, eine plötzliche Wut verzehrte sie.
    Doch dann machte sie abrupt kehrt. Ihre Wut war unangebracht. Es war ihr gleichgültig, was der Bastard trieb – keine Frau konnte von ihrem Herrn Treue erwarten, und das war er weder jetzt, noch würde er es in der Zukunft jemals sein.
    Entschlossen stieg Mary wieder die Treppe hinauf.
    Stephen war nicht betrunken, ganz im Gegenteil. Er neigte nicht zu übermäßigen Ausschweifungen. Vorsichtig stellte er den Kerzenhalter beiseite; schließlich wollte er nicht seinen eigenen Stall niederbrennen.
    »Mylord?«, fragte die Magd reglos und außer Atem.
    Stephen fühlte sich nicht sehr zufrieden. Sie war nicht nach seinem Geschmack: zu große Brüste, zu üppige Hüften. Früher hätte diese Fülle ihm vielleicht gefallen. Aber wenigstens ihr hellblondes Haar sagte ihm zu.
    Seine Lust schien unstillbar. Wie schon in der vorhergehenden, konnte er auch in dieser Nacht nicht schlafen; seine Männlichkeit drückte und drängte. Allen seinen Vorsätzen zum Trotz weilten seine Gedanken ständig bei seiner Braut. Er war daran gewöhnt, seinen Appetit zu stillen, sobald er welchen verspürte. Mit Fantasien hatte er sich noch nie zufriedengegeben, noch nicht einmal als Halbwüchsiger. Und er wusste, er konnte nicht noch eine Nacht wie die letzte aushalten.
    Mit Mary ins Bett zu gehen stand nicht zur Debatte. Sie war in jeder Hinsicht seine Braut, auch wenn die Verlobung formell erst noch stattfinden musste. Sie derart gefühllos zu benutzen wäre der Gipfel der Respektlosigkeit gewesen. Sie war weder das uneheliche Kind eines kleinen Lords noch eine Hörige. Sie war von königlichem Blut, und sie war seine Braut. Er konnte sie nicht behandeln wie eine Geliebte, nun nicht mehr.
    In einem Wohnturm gab es keine Geheimnisse, und in Alnwick schon gar nicht. Wenn er ihr nicht gerade in der tiefsten Nacht in den Ställen mit ihr schlief, würden es alle erfahren.
    Das Erste kam nicht infrage, das Zweite wäre eine weitere Zumutung für sie, die er ihr ersparen wollte. Eines Tages würde sie seine Gräfin sein; wenn er sie mit Missachtung behandelte, würde er ein schlechtes Beispiel geben.
    Er musterte die atemlos vor ihm stehende Magd. Sie war ein notdürftiger Ersatz für die Frau, die er begehrte. Doch das spielte keine Rolle. Es wäre absurd, einen vollen Monat bis zu seiner Hochzeit so weiterzumachen. Was eine Rolle spielte, war sein übergroßes Verlangen. Als sie vorhin im Saal auf seinem Schoß gesessen hatte, hatte sich sein Unterleib gegen ihren Hintern gedrückt, bis er es kaum mehr aushalten konnte.
    Stephen ging auf sie zu. Einen Augenblick später war sie auf den Knien und nahm sich seines sichtbaren Bedürfnisses an.
    Mary schlief erst am frühen Morgen ein. Sie brütete nicht mehr über dem gefährlichen Spiel von Krieg und Verrat, in dem sie die Hauptrolle spielte. Sie war wütend und verletzt, doch zu beiden Gefühlen hatte sie kein Recht. Aber sie konnte nicht aufhören, sich Stephen zusammen mit einer gesichtslosen Dienstmagd von niedriger Geburt vorzustellen. Sie sollte sich nicht darum kümmern, was er tat und mit wem – aber, Gott stehe ihr bei, sie tat es.
    Als der Morgen graute, Isobel schlief noch selig, setzte sich Mary mit den harten Tatsachen auseinander. Sie hatte häufig über diesen Mann nachgedacht, schon seit sie ihn in Abernathy zum ersten Mal gesehen hatte. Es war unmöglich, ihn aus dem Gedächtnis zu streichen, dazu war sie viel zu sehr von seiner männlichen, kraftvollen Ausstrahlung gebannt gewesen. Trotz der Tatsache, dass er ihr Feind war, hatte vom ersten Augenblick an eine starke Anziehung zwischen ihnen bestanden.
    Mary beschloss, dass das keine Rolle spielte. Abernathy war längst Vergangenheit. Heute Nacht hatte er die Tiefe seiner Leidenschaft für sie unter Beweis gestellt. Seine Leidenschaft für sie war politischer Natur.

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