Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
Vom Netzwerk:
Dinge gesprochen, doch das konnte er nicht sagen.
    »Wenn er darauf aus ist, mir seine Bücher offenzulegen, dann hat er sich zu einem Mann gewandelt, den ich kennenlernen muss«, meinte William Rufus trocken.
    Rolfe lächelte.
    »Der Erzdiakon ist Euer loyaler Vasall, Sire.«
    »Er ist nur loyal, weil er mich nicht schlagen kann«, erwiderte Rufus.
    Rolfe entschied, darauf nicht zu antworten.
    Er kannte William Rufus seit dessen Kindheit. Als Rolfe bei Hastings an der Seite Wilhelms des Eroberers gekämpft hatte, war Rufus zehn gewesen; bereits damals glich er seinem Vater, dessen Lieblingssohn er war, äußerlich sehr. Es hatte die Erwartung bestanden, er werde diesem auch vom Wesen her gleichen. Aber Rufus entwickelte sich nicht zu dem in jeder Hinsicht mächtigen Herrscher, der sein Vater einst gewesen war. Er ging zwar ebenso skrupellos vor, zeigte sich ebenso Furcht einflößend in der Schlacht und ebenso klug in der Politik, doch in vielen anderen Dingen ließ er sehr zu wünschen übrig.
    Aus dem tyrannischen Knaben war ein tyrannischer König geworden, der seinen Adel ebenso schikanierte wie das gemeine Volk. Seine Gesetze und seine Rechtsprechung waren hart und bar jeder Vernunft und schürten heftigen Widerstand. Die Steuern, die er nach Lust und Laune erhob, um seine zahlreichen Kriege zu finanzieren, drückten die Menschen. Bereits kurz nach seiner Thronbesteigung war es im Jahr 1088 im Osten Englands zu einem großen Aufstand gekommen. Rufus hatte die Rebellion mit brutaler Gewalt niedergeschlagen, große Versprechungen hinsichtlich seiner Regierungsarbeit gemacht und Erleichterungen bei den Steuern und den harten Forstgesetzen zugesichert. Er hatte einen schnellen Sieg errungen, die Anführer verbannt und ihre Ländereien eingezogen. Einer der Rebellen war der erste Graf von Kent gewesen. Ein großer Teil seines Landes samt Titel waren an Roger Beaufort gefallen, der ebenso wie Northumberland bei der Niederschlagung des Aufstands eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Aber schon wenig später war klar geworden, dass Rufus' Versprechen haltlos gewesen waren und die Zustände im ganzen Land unverändert blieben.
    Rolfe hatte mit den Rebellen sympathisiert, aber er blieb immer auf der Seite des Königs: zuerst auf der von Rufus' Vater Wilhelm I., nun auf der von Rufus selbst. Das Erreichen eines hohen Alters vorausgesetzt, würde er es auch noch mit dessen Sohn so halten. Doch seine Loyalität gründete auf wesentlich mehr als auf seinem strengen Ehrenkodex und seinem Pflichtgefühl.
    William Rufus brauchte Rolfes aufrichtigen Rat. Rolfe war stets bemüht, den König zu mehr Gerechtigkeit gegenüber seinen Untertanen und dem Reich zu bewegen. In den vier Jahren seit dem Tod des guten Erzbischofs Lanfranc war Rufus' Hang zu Willkür und Dekadenz noch größer geworden. Wie Rolfe hatte Lanfranc versucht, den König moralisch anzuleiten. Rolfe wusste, wenn er von der Seite des Königs wich, würde sich dieser nur noch von seinen Freunden beraten lassen – Männern, die ebenso unzulänglich waren wie er selbst oder sogar schlimmer.
    Natürlich schützte Rolfe auch stets die Interessen seiner Familie und Northumberlands.
    Und nun beabsichtigte er, diese Interessen zu fördern wie nie zuvor.
    Rufus hatte Duncan und einige andere Gefolgsleute aus dem Raum geschickt. Auf ihrem Weg hinaus konnte keiner von ihnen seine Neugierde verbergen; jeder wollte so schnell wie möglich in Erfahrung bringen, was dem König und Rolfe de Warenne so wichtig war, dass sie es unter vier Augen besprechen mussten.
    Duncan warf Rolfe beim Hinausgehen einen durchdringenden Blick zu. Rolfe fragte sich, was er wohl denken würde, wenn er wüsste, dass sich Mary als Geisel in Alnwick befand, denn er war ihr Halbbruder.
    Rufus kicherte, als sie alle gegangen waren und die Tür fest verschlossen war.
    »Missgünstige Geier, was? Sie gieren alle nur darauf, zu erfahren, welche Neuigkeiten Ihr bringt; jeder befürchtet, dass Ihr Euch noch mehr lieb Kind bei mir macht und dafür unschätzbare Gunstbeweise erhaltet. Und der arme, liebe Duncan dreht fast durch, denn er muss ja unbedingt als Erster erfahren, ob womöglich sein Geburtsrecht beschnitten wird.« Sein Blick wurde eisig. »Nun, dann sagt mir, Rolfe, warum sind wir ganz unter uns? Welche Intrige braut sich zusammen?«
    »Stephen hält Malcolm Canmores Tochter als Geisel fest, Sire.«
    Rufus verschluckte sich an dem Wein, den er gerade zu sich nahm.
    »Beim Blut unseres Herrn!«
    Rolfe

Weitere Kostenlose Bücher