Die Geliebte des Prinzen
haben, auf die ich mich verlassen kann.“
Grace kam sich vor wie eine Betrügerin.
Ihre Familie hatte keinerlei Rücklagen. Und nun hatte auch sie kein Einkommen mehr. In einer Woche schon würden sie ihr geliebtes Haus am Meer verlieren und bei Bekannten oder Verwandten unterkriechen müssen. Doch zu fünft, einschließlich dreier Rabauken im Teenageralter, würden sie selbst den geduldigsten Freunden schon bald auf die Nerven fallen.
Morgen, nahm sie sich vor, sage ich ihr die Wahrheit. Morgen. Ich will ihr das Weihnachtsfest nicht verderben.
Es tat ihr in der Seele weh, mit ansehen zu müssen, wie ihre Brüder freudig ihre Geschenke auspackten und ihre Mutter überglücklich umarmten. Denn morgen würden sie all die schönen Sachen in die Läden zurückbringen müssen – den lang ersehnten iPod für den siebzehnjährigen Josh, die neue Gitarre für den vierzehnjährigen Ethan und das Schlagzeug für Connor, den Jüngsten. Sie brauchten jeden Cent zum Überleben. Auch ihre Mutter würde den Kaschmirpullover, den ihr die Jungen von ihrem selbst verdienten Geld gekauft hatten, wieder hergeben müssen.
Als Grace ihr Geschenk von der Familie öffnete, war sie den Tränen nahe. Es war ein prächtiger Bildband von der Transsibirischen Eisenbahn.
„Danke“, sagte sie mit belegter Stimme. „Tausend Dank! Ich liebe euch.“
„Weil du so viel in der Welt herumkommst“, verkündete ihr kleiner Bruder stolz.
Zum Brunch servierte ihre Mutter einen Braten. Die Jungen machten sich begeistert darüber her. Grace aber musste immerzu daran denken, dass das Geld, das ihre Mutter beim Metzger ausgegeben hatte, gereicht hätte, um die ganze Familie bei sparsamer Lebensweise zwei Wochen lang zu ernähren.
Morgen, dachte sie angestrengt lächelnd. Morgen sage ich es ihnen.
Als die anderen sich nach dem Essen auf den Weg zur Kirche machten, schob sie Müdigkeit vor und blieb zu Hause. Endlich allein, wartete sie angespannt auf das Ergebnis des Schwangerschaftstests.
Sei negativ, flehte sie unter Aufbietung aller mentalen Beschwörungsformeln, die sie aus irgendeiner Fernsehshow kannte. Bitte, sei negativ.
Ängstlich studierte sie den Teststreifen, doch in dem kleinen Badezimmer war es zu dunkel, um etwas erkennen zu können. Waren es zwei Linien oder eine?
Mit dem Test in der Hand lief sie in das sonnige Wohnzimmer, dessen Fenster aufs Meer hinauszeigten. Es war freundlich und gemütlich eingerichtet mit seinen behäbigen, bunt gestreiften Polstermöbeln, die noch aus ihrer Kindheit stammten.
Sie hielt den Test ins Licht. Zwei Linien. Du meine Güte! Zwei Linien. Positiv.
Das hieß, sie war schwanger.
Sie hörte ein Geräusch im Flur und fuhr herum.
In der Tür stand Maxim. Seine dunkle Gestalt wirkte viel zu groß für das kleine Haus.
Sein Anblick bescherte ihr immer noch weiche Knie. Sie wünschte, er würde sie in die Arme nehmen und ihr sagen, dass Alan gelogen hatte. Dass er sie nicht verführt hatte, um sie auszuhorchen. Oder um eine Frau zurückzugewinnen, die tausendmal begehrenswerter war als sie.
Schnell ließ sie den Schwangerschaftstest in der Tasche ihres Bademantels verschwinden. „Was machst du hier?“
„Ich wollte dich sehen.“
Zitternd raffte sie den Bademantel um sich. „Du hättest nicht kommen sollen.“
Entschlossen trat er auf sie zu. „Und du hättest nicht gehen sollen.“
„Und warum nicht?“, erwiderte sie kühl. „Gibt es irgendwelche Geheimnisse, die ich in deinem Bett noch nicht ausgeplaudert habe?“
Seine Miene verfinsterte sich. „Ich habe dein Vertrauen nicht missbraucht.“
„Hast du den Vertrag mit Exemplary Oil abgeschlossen, ja oder nein?“
„Ja, gestern.“
Grace schloss die Augen. Alan hatte nicht gelogen. Es stimmte, was er über Maxim gesagt hatte. „Du musst sie sehr lieben“, flüsterte sie.
„Grace, hör zu …“
Plötzlich hasste sie ihn, wie sie noch nie einen Menschen gehasst hatte. „Was suchst du hier? Willst du nicht mit Francesca Weihnachten feiern?“, rief sie zornig.
„Nein, verdammt!“ Er kam auf sie zu und packte sie an den Schultern. „Ich will nicht Francesca, ich will dich!“
„Zusätzlich?“ Sie lachte bitter. „Du glaubst, du kannst alles haben! Du hast von Anfang an vorgehabt, mich zu verführen, um an Informationen heranzukommen. Es war alles geplant, schon unsere Begegnung damals im Regen!“
Maxim lockerte seinen Griff. „Du hast recht“, sagte er zerknirscht. „Du warst für mich nichts weiter als
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