Die Geliebte des Zeitreisenden
er hoffte, dass sie keine Narben davontrug.
Wenigstens hatten Lucan und Rion Cael dazu überreden können, die Autoritäten zu umgehen und sich bei Nacht in das Laborgebäude zu stehlen. Ohne Caels Wissen um einen geheimen Tunnel, der von den Flammen glücklicherweise verschont geblieben war, hätten sie es niemals unentdeckt bis ins Innere des Gebäudes geschafft. Nachdem sie sich im Lagerraum der Wissenschaftler bedient hatten und nun Taschenlampen sowie Werkzeug besaßen, machten sie sich zum Haupteingang Avalons auf.
Das dunkle und massive Äußere des Bauwerks sah noch genauso aus, wie Lucan es in Erinnerung hatte - allerdings stand das Vordertor weit offen, und das Gebäude war noch weiter in den Boden eingesunken.
»Schaltet das Licht erst an, wenn wir tiefer drinnen sind«, wies Lucan die anderen an.
»Wir sind doch keine Idioten«, murmelte Cael.
Als er bemerkte, dass sie noch immer verletzt war, fügte er mit sanfter Stimme hinzu: »Und du bist nicht daran gewöhnt, so in der Gegend herumzuschleichen.«
Cael versteifte sich. »Ich bin vielleicht keine Diebin oder Spionin, aber deswegen brauchst du mir noch lange nicht zu sagen, dass ...«
»Bitte«, unterbrach Lucan sie. »Still. Ich höre etwas.«
»Ich auch«, stimmte ihm Rion zu. Seine Gegenwart half, die unangenehmen Spannungen zwischen Cael und Lucan zu mildern. »Es klingt wie - Flügelschlag.«
»Das ist Merlin.« Mit ungeduldigem Blick schritt Cael in den dunklen Raum hinein.
Es konnte nur Merlin sein. Aber wie hatte er den weiten Weg von den Bergen bis hierher zurückgelegt? Gewiss konnte kein Vogel mit einem Gleiter mithalten. Und wie hatte er sie gefunden? Vielleicht war er durch so etwas wie ein inneres Radar mit Cael verbunden.
Lucan zog die Taschenlampe aus dem Gürtel und rückte sein schweres Gepäck zurecht. Er hatte einen leeren Beutel für den Gral sowie Pickel, Schaufeln, Sprengstoff, Bürsten und Kellen dabei. Er wusste nicht, wie weit sie in das Gebäude eindringen mussten, bis sie an den nächsten Schild kamen.
»Beeilt euch«, sagte Cael und ging schnell voran. »Uns bleiben nur acht Stunden, bevor Quentins Mannschaft hierher zurückkommt.«
»Ich bin ohnehin überrascht, dass sie nicht rund um die Uhr arbeiten«, sagte Lucan.
»Sie haben vor Erschöpfung und Enttäuschung aufgehört«, erklärte Rion, »und sie wussten nicht mehr, wie es weitergehen soll. Quentin war der Meinung, dass eine Pause zu neuen Ideen führen könnte.«
Cael hatte etwas zu essen und zu trinken eingepackt. Sie war bisher äußerst schweigsam gewesen und hatte das Pläneschmieden Rion und Lucan überlassen. Lucan war schon froh, dass sie endlich wieder etwas gesagt hatte. Er vermisste ihre Stimme und den klaren Verstand. Vor allem aber schmerzte es ihn, dass er sie so verletzt hatte.
Mit seiner Lampe beleuchtete er die Innenwände und suchte nach weiteren alten Schriftzeichen. Dabei erwartete er raffinierte Baumaterialien, denn wer immer Avalons Schutzschild konstruiert hatte, war im Besitz einer weit fortgeschritteneren Technik gewesen. Doch der Gang erinnerte ihn an die Tunnel im Innern von ägyptischen Pyramiden; er war dunkel und bestand aus solidem Stein. Und soweit Lucans Lampenlicht reichte, verlief der Boden eben.
»Wie ist die Luft?«, fragte er.
Rion hob eine Anzeige an seinem Handgelenk in den Kegel seiner Taschenlampe. »Ausgezeichnet, aber ich verstehe nicht ganz warum. Ich habe nirgendwo ein Ventilationssystem gesehen.«
»Es gibt auch keins.« Lucan leuchtete die Decke ab und bemerkte Fugen, die so schmal waren, dass nicht einmal ein Blatt Papier zwischen sie gepasst hätte. Dies hier war Präzisionsarbeit. Wer immer Avalon errichtet hatte, er war ein Meister seines Fachs gewesen. Die Gespenster der Vergangenheit befeuerten Lucans Phantasie.
Waren König Arthur und seine Ritter einst durch diesen Korridor geschritten? War der Ratgeber Merlin an ihrer Seite gewesen und hatte ihnen seine Weisheiten mitgeteilt?
»Quentin muss diesen Gang irgendwie gelüftet haben«, meinte Cael, deren Stimme nun wieder gelassen klang.
Lucan war sogar eine wütende Cael lieber als gar keine
Cael. Sie eignete sich gut als Gruppenarbeiterin und besaß eine scharfe Beobachtungsgabe. Er sehnte sich danach, sie im Arm zu halten und seine Gedanken mit ihr zu teilen. Da sein Geheimnis nun enthüllt war, wollte er ihr auch alles über die Erde erzählen. Und er wollte ihr sagen, wie viel sie ihm bedeutete.
Rion trat neben Lucan. »In der Stadt gibt
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