Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
erwiderte ich ruhig. »Für eine solche Liebe reicht auch ein ganzes Leben nicht.« Ich fragte mich, wo Jamie war und wie es ihm ging.
    Mary, die sich inzwischen etwas gefaßt hatte, hielt mich am Ärmel fest. »Claire, kannst du mit mir zu ihm gehen? Ich weiß, daß d-du nicht viel tun kannst...« Ihre Stimme versagte, und nur mit sichtlicher Anstrengung beruhigte sie sich. »Aber vielleicht kannst du... helfen.« Sie fing den Blick auf, mit dem ich den Lakai musterte, der draußen auf der Gasse stand, ohne den regen Verkehr zu beachten. »Ich bezahle ihn«, erklärte sie schlicht. »Meine Tante denkt, ich gehe jeden N-nachmittag spazieren. Kommst du mit?«
    »Ja, natürlich.« Ich spähte zwischen den hoch aufragenden Häusern hindurch zum Himmel und versuchte den Sonnenstand abzuschätzen. In einer Stunde würde es dunkel sein. Ich wollte die Decken ins Gefängnis bringen lassen, bevor die feuchten Steinmauern in der Nachtluft noch kälter wurden. Ich wandte mich an
Fergus, der geduldig neben mir wartete und Mary neugierig ansah. Er war mit den restlichen Lallybroch-Männern nach Edinburgh zurückgekehrt, war aber als Franzose der Inhaftierung entgangen und hatte sich mit Hilfe seines alten Handwerks durchgeschlagen. Ich hatte ihn gefunden, als er seinen eingekerkerten Gefährten etwas zu essen brachte.
    »Nimm das Geld«, sagte ich und gab ihm meine Börse, »und geh damit zu Murtagh. Er soll davon so viele Decken wie möglich kaufen und dafür zu sorgen, daß sie zu dem Gefängniswärter im Tolbooth gebracht werden. Er hat schon Geld bekommen, aber behalte ein paar Shilling übrig, nur für den Fall.«
    »Aber, Madame«, protestierte er, »ich habe dem Herrn versprochen, daß ich Sie nicht allein lasse...«
    »Der Herr ist nicht hier«, sagte ich mit fester Stimme, »aber ich. Geh jetzt, Fergus.«
    Er sah erst mich an, dann Mary, und kam offenbar zu dem Schluß, daß sie für mich eine geringere Gefahr darstellte als mein Zorn für ihn. Schließlich entfernte er sich achselzuckend, während er auf französisch etwas über weiblichen Starrsinn vor sich hin murmelte.
     
    Die kleine Dachstube hatte sich seit meinem letzten Besuch erheblich verändert. Erstens herrschte peinliche Sauberkeit, der Kasten war mit Lebensmitteln gefüllt, und auf dem Bett lag eine Daunendecke. Daneben gab es allerhand Kleinigkeiten, die dem Kranken das Leben erleichtern sollten. Auf dem Weg hierher hatte mir Mary anvertraut, daß sie in aller Stille die Juwelen ihrer Mutter versetzt hatte, um Alexander Randall möglichst gut versorgen zu können.
    Mit Geld konnte man zwar nicht alles erreichen, doch als Mary zur Tür hereinkam, leuchtete Alexanders Gesicht auf.
    »Ich habe Claire mitgebracht, Liebster.« Mary ließ ihren Umhang achtlos auf einen Stuhl fallen, kniete neben Alex nieder und nahm seine magere, blaugeäderte Hand in die ihre.
    »Mrs. Fräser.« Er wirkte erschöpft und außer Atem, aber er lächelte mich an. »Es ist schön, wieder einmal ein nettes Gesicht zu sehen.«
    »Ja, das finde ich auch.« Ich erwiderte sein Lächeln und registrierte beinahe unbewußt die schnell und flatternd pulsierende Halsschlagader. Seine braunen Augen aber blickten freundlich und
warm, als sammelten sich in ihnen die letzten Lebenskräfte seines gebrechlichen Körpers.
    Ohne Medikamente konnte ich nichts für ihn tun, aber ich untersuchte ihn sorgfältig und achtete darauf, daß er anschließend warm zugedeckt wurde. Die Untersuchung hatte ihn so viel Kraft gekostet, daß seine Lippen blau anliefen.
    Ich verbarg die Sorge, die sein Zustand in mir weckte, und versprach, am nächsten Tag mit Medikamenten wiederzukommen, die für Beruhigung und Schlaf sorgen würden. Doch er achtete kaum auf meine Versprechungen; er hatte nur Augen für Mary, die mit bangem Gesicht neben ihm saß und seine Hand hielt. Sie blickte zum Fenster, und ich begriff ihre Sorge. Sie mußte vor Einbruch der Dunkelheit ins Haus ihrer Tante zurückkehren.
    »Nun werde ich gehen«, sagte ich zu Alex und verabschiedete mich so taktvoll wie möglich, damit die beiden einige kostbare Minuten für sich hatten.
    Sein Blick wanderte von mir zu Mary, dann lächelte er mich dankbar an.
    »Gott segne Sie, Mrs. Fraser.«
    »Wir sehen uns morgen«, sagte ich und hoffte, daß ich mich nicht täuschte.
     
    In den nächsten Tagen hatte ich viel zu tun. Die Waffen der Männer waren bei der Verhaftung konfisziert worden, und ich tat mein Bestes, um zu retten, was zu retten war, indem ich

Weitere Kostenlose Bücher