Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
wurde schon erwähnt. Nun muss das Bratl noch gewürzt werden. Dafür empfehle ich ein paar Esslöffel Kümmel und wie es in Oberösterreich üblich ist, ein paar Esslöffel zerstoßenen Koriander. Natürlich darf auch Knoblauch in antiviraler Dosis nicht vergessen werden. Da sind wir wieder bei einer interessanten Frage: Wie soll der Knoblauch zerkleinert werden? Soll man ihn schneiden, fein zerhacken oder gar pressen? Für den Schweinsbraten können wir die Frage leicht beantworten: Knoblauch sollte gepresst werden. Beim Schweinsbraten möchten wir einen konstanten Hintergrundgeschmack. Deshalb sollte der Knoblauch möglichst gut zerkleinert werden.
Aber was ist bei einem Gurkensalat – geschnitten, zerhackt oder gepresst? Genuss kann auch darin bestehen, dass jeder Bissen anders schmeckt, oder dass jeder Bissen gleich schmeckt. Es kommt darauf an, wie die Beilagen beschaffen sind. Würde wirklich jeder Bissen einer jeden Zutat anders schmecken, so würden wir sehr schnell verwirrt sein. Umgekehrt kann aber die Hauptspeise sehr fad, pardon, eher monoton gestaltet sein. Dann sollte zumindest der Gurkensalat, um beim Beispiel zu bleiben, eine gewisse Variation aufweisen. Möchten Sie, dass jeder Bissen anders schmeckt, so empfehle ich Ihnen, den Knoblauch in feine Blätter zu schneiden. Nicht bei jedem Bissen zerkauen wir Knoblauch. Damit wird nicht jeder Bissen nach Knoblauch schmecken, sondern nur jeder dritte oder vierte – in Abhängigkeit von der Menge des verwendeten Knoblauchs. Zerhacken wir den Knoblauch, so wird das Verhältnis schon besser. Bei fast jedem Bissen werden wir Knoblauch schmecken – aber in einer unterschiedlichen Intensität. Der zerhackte Knoblauch lässt sich nicht so leicht gleichmäßig im gesamten Salat verteilen. Damit wird es Bissen geben, die mehr, und andere, die weniger nach Knoblauch schmecken. Pressen wir den Knoblauch aber, so wird überall gleich viel Knoblauch im Salat sein – jeder Bissen wird nach Knoblauch schmecken.
Zurück zum Schweinsbraten: Damit die Gewürze auf das Fleisch schön einwirken können, packen Sie das Fleisch in einen Kunststoffbeutel, pressen die Luft heraus und schnüren ihn zu. Das Ganze sollte dann über Nacht im Kühlschrank lagern. Am nächsten Tag werden ein paar Kartoffeln geschält – damit haben wir dann automatisch eine Beilage. In eine große Kasserolle wird das Fleisch mit der Schwarte nach unten gelegt. Den restlichen Platz füllen wir mit den Kartoffeln auf. Nun kommt das Wichtigste: Rund einen halben Liter heißes Wasser oder – wenn Sie der formvollendete Genussspitz sind – einen halben Liter heiße Suppe in die Kasserolle schütten. Diese Flüssigkeit ist wichtig.
Viele glauben, dass im Backrohr die Wärmeübertragung hauptsächlich durch die Wärmestrahlung erfolgt. Dies ist aber falsch. Es gibt nur zwei Speisen in Österreich, die durch die Wärmestrahlung erwärmt werden: der Kebab und das Grillhendl, das seitlich von den Strahlen erhitzt wird. Beim Thema Grillen dann mehr dazu.
Im Backrohr wird das Fleisch vor allem durch Wasserdampf erhitzt. Jedes Mal, wenn wir das Backrohr öffnen, kommt uns ein Schwall von heißem Wasserdampf entgegen. Der ist für das Erwärmen der Speisen verantwortlich. Würden wir kein Wasser dazugeben, so würde über die Wärmeleitung das Fleisch erhitzt. Dabei wird Wasser aus dem Fleisch frei – das wäre dann der wunderbare Saft aus dem Inneren des Schweinsbratens. Dieser würde dann trocken werden. Deshalb ist es notwendig, Flüssigkeit zusätzlich in die Kasserolle zu geben, damit dieses Wasser verdampft, und nicht das Wasser aus dem Braten. Es ist auch sinnvoll, dass dieses Wasser oder die Suppe heiß ist – umso leichter können sie verdampfen und der Erwärmung des Bratens dienen. Damit der Braten auf der Oberfläche nicht verbrennt, geben Sie ein paar Butterflocken auf das Fleisch. Die Butter schmilzt, und wenn es zu heiß werden würde, würde diese verdampfen. Dadurch kühlt sie das darunterliegende Fleisch.
Dann geben wir das Fleisch für rund 45 Minuten bei 180 °C bei Ober-und Unterhitze in das vorgeheizte Backrohr. Warum eigentlich vorheizen? Ähnlich wie bei der Zubereitung des Frühstückseies ist es notwendig, einen Referenzpunkt zu haben. Jedes Backrohr verhält sich anders. Manches braucht länger, um die 180 °C zu erreichen, ein anderes ist fast sofort einsatzbereit. Um diese Zeiten nicht berücksichtigen zu müssen – es treten ja schon bei Temperaturen um die 60
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