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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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sich vorzustellen, wie sie an einem sturmumtosten Mast hingen.
    Während ich die Instrumente in den Händen hielt, dachte ich darüber nach, welche Experimente ich genau durchführen sollte, vorausgesetzt, dass Stagg mir die Erlaubnis gab, zu den Saunders-Roe-Werken nach Cowes zu fahren, was bei weitem nicht sicher war. Dann fiel mir ein, dass ich auch die Erlaubnis der Fabrik selbst brauchte, also lief ich zur Hütte und rief die Vermittlung an, die mich zur Isle of Wight durchstellte.
    Als mich die Sekretärin in der Fabrik fragte, mit wem ich sprechen wolle, fiel mir niemand außer Gills Vater ein, Chefingenieur Blackford. Nach einer langen Wartezeit meldete er sich schließlich persönlich am anderen Ende.
    »Mein Name ist Meadows«, stellte ich mich vor. »Ich arbeite in der meteorologischen Abteilung des SHAEF in Portsmouth. Wir müssen dringend in Ihrem Windkanal einige Instrumente prüfen ...«
    Auf der anderen Seite blieb es still, also sprach ich weiter. »Ihre Tochter, Mrs Ryman, hat vielleicht vor kurzem einen Brief von mir bekommen. Wir kennen uns aus Schottland.«
    Wieder nichts als Stille. »Es ist wirklich sehr wichtig, Sir, dass ich bei Ihnen in der Fabrik den Windkanal benutzen kann«, wiederholte ich. »Mein Name ist Henry ...«
    »Ich weiß genau, wer Sie sind«, fiel Mr Blackford mir mit ernster Stimme ins Wort. »Ihr Brief ist heute Morgen angekommen. Was erlauben Sie sich eigentlich?«
    »Ich wollte mich nur entschuldigen. Wenn es möglich wäre, würde ich es auch gerne persönlich tun.«
    »Sie will Sie nicht sehen. Sie sind der Letzte, den sie ... und ich auch. Ich will Sie auch nicht sehen, Meadows. Ich weiß nicht, ob ich mich beherrschen könnte. Wallace und ich haben hier zusammengearbeitet. Sie sind hier nicht willkommen ...«
    Er verstummte, als hätte die Wut seine Stimme erstickt.
    »Das tut mir wirklich leid«, sagte ich - und das tat es wirklich. »Doch es bleibt dabei, dass ich zu militärischen Zwecken Ihren Windkanal in Anspruch nehmen muss, und zwar schon morgen.«
    »Das ist etwas anderes«, erwiderte er kurz. »Ich werde anordnen, dass man Sie hereinlassen soll. Aber glauben Sie ja nicht, dass das entschuldigt, was Sie getan haben, Meadows. Ich rede nicht nur von Wallace. Ich mache Sie auch für den Tod des Kindes meiner Tochter verantwortlich. Sie hätte es diesmal vielleicht geschafft, wenn Sie nicht nach Wallaces Tod solche Qualen durchgemacht hätte.«
    Er legte auf.
    Bestürzt legte auch ich auf und lehnte mich gegen die Wand. Ich ließ mich zu Boden rutschen, da ich spürte, dass ich sonst das Gleichgewicht verlieren würde. Sollte ich denn nie befreit werden von diesem Unglück, das mir jetzt schon wie aus einem anderen Leben vorkam? Seitdem hat es mich oft wieder eingeholt und unter sich begraben; als würde sich eine Falltür öffnen und plötzlich Schlamm aus dem Himmel gießen. Schlamm, der erst einen Strudel bildet und dann um mich herum hart wird, der sich verfestigt wie ein Mondkra ter, Schlamm, aus dem ich mich herauswinden und -zerren und ausbrechen muss - bis es wieder geschieht und ich in das tiefe Loch falle und die Energie sammeln muss, um mich hinauszuziehen.
    Bei der Abendkonferenz, die an diesem Freitag um acht Uhr stattfand, ging es mir schon wieder etwas besser. Aber was die Wettervorhersage anging, steckten wir noch immer fest. Widewing plädierte stark für eine Invasion am Montag, Dunstable stark dagegen. Die Admiralität, deren Seewetterund Dünungsprognosen sehr wichtig waren, sah die Lage auch eher pessimistisch. Es gab einen Aufruhr, ein Stimmengewirr.
    Gegen halb neun hatte Stagg genug. »Das kann doch nicht wahr sein!«, schrie er. »Jetzt hören Sie mir mal alle zu. In einer halben Stunde muss ich General Eisenhower eine Prognose vorlegen, mit der alle einverstanden sind. Also helfen Sie mir doch bitte!«
    Er schlug den Hörer auf und lief mit der Hand vor dem Mund nach draußen. Ich konnte hören, wie er sich draußen auf den Boden erbrach. Bei den Würgegeräuschen bekam auch ich Magenschmerzen.
    »Mann«, sagte Krick. »Der ist aber sauer. Ich weiß gar nicht, worüber er sich so aufregt. Vielleicht müssen wir uns einfach darauf einigen, dass wir uns nicht einigen können.«
    »Schön, dass wir mal einer Meinung sind«, erwiderte Petterssen.
    Die beiden lachten, für meinen Geschmack allerdings etwas zu hämisch. Dann ging die Tür der Hütte wieder auf.
    »Tut mir leid, Meadows«, sagte Stagg, als er hereinkam, und wischte sich mit dem

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