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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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Taschentuch das Gesicht ab. »Aber die da ...« Er fuchtelte mit dem braun gefleckten Taschentuch in Richtung der Wetterkarten. »Ich kann die einfach nicht mehr sehen. Sagen Sie den anderen, dass die Konferenz vorbei ist. Ich muss es so versuchen.«
    Er verließ den Raum. Als ich seiner Anweisung gefolgt war, setzte ich mich hin und studierte die Zahlen von WANTAC. Das Ganze war ein Rätsel, das war sicher. Ob es mit den Instrumenten selbst zu tun hatte oder mit verschiedenen turbulenten Strömungen auf engstem Raum - was bedeuten würde, dass die Ryman-Zahl ins Spiel kam -, wusste ich nicht. Aber ich war entschlossen, es herauszufinden.
    Gegen elf Uhr abends kam Stagg von Eisenhower zurück. Er wirkte etwas entspannter. Er sagte mir, dass er im Großen und Ganzen die gestrige Vorhersage und daher - zumindest vom meteorologischen Standpunkt - auch die Unmöglichkeit eines Angriffs am Montag bestätigt hatte. »Ich habe mich eher nach der Einschätzung von Dunstable gerichtet und gesagt, dass die Situation jetzt sehr bedrohlich aussieht. Eisenhower hat mich nach dem Wetter für Dienstag gefragt. Ich habe ihm erklärt, dass man zu diesem Zeitpunkt nur mutmaßen kann, dass es aber unwahrscheinlich ist, dass das Wetter Dienstag und Mittwoch schlechter ist als Sonntag und Montag.«
    »Was hat Eisenhower gesagt?«, fragte ich.
    »Nichts. Gar nichts hat er gesagt. Und laut General Bull bleibt Montag der Termin für den D-Day.« Stagg stellte sich an das kleine Fenster der Hütte und sah hinaus in den Nachthimmel, der keine Anzeichen von Sturm zeigte. »Wissen Sie, Meadows, ich habe fast schon die Hoffnung aufgegeben, dass wir richtig liegen. Manche von diesen verdammten Generälen schauen einfach aus dem Fenster, sehen schönes Wetter und sagen: Los geht's!«
    »Hören Sie«, sagte ich und nahm den Mut zusammen, mich Staggs berüchtigtem Jähzorn zu stellen. »Ich finde wirklich, Sie sollten mich die WANTAC-Instrumente überprüfen lassen. Sie sind heute angekommen.«
    »Und was genau haben Sie vor?«, fragte Stagg und biss die Zähne zusammen, als könnte er nur so die wütenden Flüche dahinter zurückhalten.
    »In den Saunders-Roe-Werken in Cowes gibt es einen Windkanal und die andere nötige Ausrüstung. Ich brauchte mit Hin- und Rückfahrt nur einen Tag. Ich führe dort ein paar Experimente durch, und die Ergebnisse zeigen uns, ob die Angaben von WANTAC fehlerhaft waren oder nicht. Dann wissen wir, ob es am Wetter selbst lag oder nur an den Instrumenten.«
    Es dauerte scheinbar eine Ewigkeit, bis er antwortete. Ich weiß noch, dass er dort auf seinem Stuhl in der Hütte am Hang zu frösteln schien, als würde er unter dem Gewicht der Verantwortung zittern, die ihm auferlegt worden war.
    »Ist gut, Henry. Aber nur einen Tag.«
     

3.
    Der Windkanal bei Saunders-Roe hatte einen achteckigen Querschnitt und war gut zwölf Meter lang. Er bestand aus Plexiglas, damit die Experimente von außen beobachtet werden konnten, und die nutzbare Fläche war dreieinhalb Meter breit. Der Wind wurde von einem elektrischen Industrieventilator erzeugt. Für Turbulenz sorgten die drei Flügel, deren Winkel verstellbar waren, um die nötige Drehzahl der Stärke der Störung anzupassen.
    Früher am Morgen, dankbar, dass am Samstag so wenig Leute dort waren, hatte ich schon die Barometer vor Ort in einer Druckkammer überprüft. Sie funktionierten einwandfrei. Jetzt musste ich noch verschieden schnelle Winde an den Anemometern vorbeijagen, die ich im Kanal aufgebaut hatte, um zu sehen, wie exakt ihre Messungen waren.
    Ich hatte den ganzen Kanal im Blick, der in voller Länge mit Glühlampen von der Decke beleuchtet wurde. Ich schaltete den Ventilator ein, und mit einem Höllenlärm brach der Sturm los. Es war gar nicht so einfach, die Messwerte der einzelnen Skalen aufzuschreiben - der Wind verwirbelte mir immer wieder den Notizblock -, aber bald kam ich zu dem Schluss, dass auch die Anemometer von WANTAC zuverlässig waren.
    Wenn es also nicht an Instrumentenfehlern lag, musste das Wetter selbst für die abweichenden Werte verantwortlich sein. Ich war so aufgeregt, dass ich vergaß den Wind abzustellen und hinter dem Versuchsaufbau auf und ab lief wie ein kleiner Junge, der am Strand auf die Schiffe im Sturm zeigt, während ich versuchte, mir auszurechnen, was diese Erkenntnis für die Invasion am Montag bedeutete. Das von WANTAC angedeutete zukünftige Wetter war zwar noch nicht ruhig genug, um die Landungen zu ermöglichen, aber es sah

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