Die Geometrie der Wolken
Denken, die Einrichtungen ...«
»Zu viele Leute - ich arbeite lieber allein, gehe neue Wege und überprüfe meine eigenen Theorien in kleineren praktischen Experimenten. Wie beim Torf damals. Ich konnte seine Porosität nur dort im Moor in seiner ursprünglichen Struktur zufriedenstellend bestimmen.« Er hob sein Wasserglas. »Also habe ich eine Vorrichtung aufgebaut. Eine Schale mit Torf... ich habe sie vorsichtig mit einem schmalen Messer aus dem Boden geschnitten und dann Wasser daraufgegossen und gemessen, wie lange es zum Durchlaufen benötigte.«
Am anderen Ende des Tischs wurde Grants Stimme lauter. Er erklärte der armen Frau Ryman immer noch etwas über das Böse und den Krieg. »Gott selbst verursacht keine Kriege. Die Auslöschung von Leben gefällt ihm nicht. Der Tod kommt durch den Neid des Teufels in die Welt, wie jeder erfährt, der ihm folgt.«
Es wurde still. Durch das Fenster, aus dem Ryman hinausgestarrt hatte, sahen die Bäume schwarz aus. Sie bewegten sich wie die Wolken, die hinter ihnen vorüberjagten. Drinnen fielen die geröteten Augen des Pfarrers auf Ryman, und die beiden Männer sahen sich einen Moment lang an.
Es schien, als würde der Wettstreit der Weltsichten fortgesetzt werden, und diesmal nahm der Professor die Herausforderung bereitwillig an. »Ich glaube, ich habe gezeigt, dass die Religion selbst der häufigste Grund für Krieg ist. Gefolgt von der Rüstungsindustrie.«
»Ich dachte, Sie sind Quäker!«, rief Grant im Ton gekränkter Verzweiflung.
Ryman lächelte bei seiner Antwort. »Bin ich, aber nur im biologischen Sinn. Ich glaube, dass Gott der Akkusativ zum Verb anbeten ist - der Adressat eines biologisch notwendigen Prozesses.« Seine Augen leuchteten. »Also sagt nicht >Erhebet die Herzen !< Sagt: >Reorganisiert eure Hypothalami!< Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss aufs Klo!«
Wir saßen ein paar Sekunden lang still da, bevor Grant sprach. »Wenn man bedenkt, dass er solche Meinungen hegt, wirkt es doch seltsam, dass der Professor überhaupt in die Kirche geht, Mrs Ryman.«
Sie wurde rot. »Mein Mann ist manchmal etwas direkt. Es tut mir leid. Es ist schwer zu erklären. Ich bin Quäkerin, er ist Wissenschaftler. Er teilt mit mir und allen wahren Christen die Sehnsucht nach etwas Größerem und Besserem.«
Dieser Ausbruch von Frömmigkeit erheiterte mich, aber als ich sie beim Sprechen ansah, blitzte und knisterte etwas anderes durch mein Gehirn - oder durch den noch tieferen Ort, an dem Gefühle, Gedanken und Stimmungen sich zu einer einzigen Erfahrung vereinigen. Es war die Wahrnehmung, dass Gill Ryman schön war. Es hatte mit ihrer Kinnlinie zu tun, wenn sie sprach, mit der Neigung ihres Kopfes und der Art und Weise, wie ihre Lippen sich vor den weißen Zähnen öffneten.
Während ich noch darüber sinnierte, kehrte Ryman zurück, was Grant die Gelegenheit gab, den Kampf wieder aufzunehmen. »Wie würden Sie also Glauben definieren?«, fragte er ganz direkt, als der Professor sich setzte.
»An ein Vakuum glauben«, erwiderte Ryman ebenso direkt. »Die Fakten ignorieren. Warten, bis genügend Leute von derselben Sache überzeugt sind.«
»Es gibt keinen Grund zu streiten«, unterbrach ich die beiden. »Ich bin mir sicher, Professor, dass der Herr Pfarrer genauso wenig wie die viktorianischen Bischöfe sein möchte, die den Darwinismus verdammten, wie Sie jegliche Spiritualität aus dem menschlichen Leben verbannen wollen. Ich würde Ihnen gerne noch einige Fragen über Ihre Arbeit stellen.«
Ryman nahm die Brille ab. »Das glaube ich Ihnen gern. Doch dafür ist jetzt keine Zeit«, sagte er.
Ich sah Gill Ryman an, aber sie senkte den Blick und zupfte dreimal an ihrer Serviette. »Ich gehe den Nachtisch holen«, sagte sie und machte sich auf in die Küche.
Auch ich erhob mich. »Bitte entschuldigen Sie mich.«
»Nicht spülen«, rief Ryman mir hinterher. »Wir spülen nur, wenn es sichtlich notwendig wird!«
Ich kam im Flur an einer Lampe und einem Tisch vorbei und stieg die Treppe hinauf zur Toilette. Ich konnte hören, wie Gill unten in der Küche Töpfe räumte und Ryman und Grant ihren Streit fortsetzten. Meiner Meinung nach brachte er keinen von beiden dem näher, worauf sie aus waren, was wohl einerseits wissenschaftliche Wahrheit und andererseits göttliche Offenbarung war. Ich fand das Hickhack ziemlich ermüdend - aber wo wäre die Menschheit ohne Meinungsverschiedenheiten? Ohne den großen Familienstreit zwischen Organismen,
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