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Die geprügelte Generation

Die geprügelte Generation

Titel: Die geprügelte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Müller-Münch
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das nicht zusammenhängt. Aber es hat lange gedauert.«
    Einer ihrer Liebhaber hat sie nicht nur beinahe halbtot geschlagen.Wonach sie wochenlang im Krankenhaus lag. Sondern er hat sie auch noch herabgewürdigt, mit Schweigen bestraft, ständig kritisiert. »Ich hab dann gedacht, der wird wohl Recht haben. Es war mir vertraut. Dass jemand mich kritisiert, dass jemand mich runtermacht. Und dass ich, wie bei den Gerichtsverhandlungen, einsehen müsste: der andere hat Recht. Ich kam mir dann immer schuldig vor. Also, es fällt mir sehr schwer mal zu sagen, nein ich bin nicht schuld. Wenn mich jemand kritisiert, dann fress ich erst mal an diesem Knochen. Ganz lange. Ich kann nicht spontan sagen, och du bist ja selber doof oder so. Sondern bin sehr lange damit beschäftigt, mich daran abzuarbeiten. Meine erste Reaktion ist immer, ah ja, ich bin schuld.«
    Kürzlich zum Beispiel. Da passierte es ihr wieder. Sie ging auf einem Zebrastreifen über die Straße. Ein Auto fuhr sie an. Es ist nicht viel passiert, nur ihre Kleidung war ramponiert und an einigen Stellen beschädigt. Es war unstrittig, dass der Fahrer Schuld hatte und nicht sie. Dennoch ist sie sofort, nachdem sie sich vom Boden aufgerappelt hatte, zu dem Autofahrer gelaufen und hat sich entschuldigt. »Ich glaube, das hat mit dem zu tun, was ich in meiner Familie erlebt habe. Dass ich mich einfach grundsätzlich schuldig fühle. Und auch die Depressionen, unter denen ich jetzt noch leide, kommen daher. Aus diesem Gefühl, quasi immer schuld zu sein. Dieses ewige Schuldgefühl und dieses mangelnde Selbstwertgefühl rühren sicher aus dieser gewaltsamen oder auch grausamen Erziehungsmethode meiner Eltern her«, sagt sie heute. »Es hat mein Leben schwer gemacht. Oft habe ich so ein Gefühl von Schwere, und ich bin immer froh über die Tage, wo das mal nicht ist.«
    Ihr stand niemand zur Seite
    Man kann gut nachvollziehen, welche Gefühle das Verhalten der Eltern bei ihrer kleinen Tochter auslöste. Wie oft Theresia sich verraten, wie oft verlassen fühlte. Ohne jemanden an ihrer Seite,der zu ihr hielt, der ihr beistand. Traumatherapeut Hofmann ist in seiner Praxis oftmals mit Menschen konfrontiert, die auf diese Weise seelische Traumatisierungen erlebten und die letztlich davon psychisch aber auch körperlich krank geworden sind. Depressionen sind eine der häufigsten Folgeerkrankungen. Hofmann bezeichnet die bei Theresia angewandte Erziehungsmethode als »emotionalen Missbrauch«, der sehr schwer zu fassen, oft sehr schwer zu beschreiben ist. Für ihn ist dies eine Gewaltform, die Gesundheitsschäden und Gesundheitsfolgen nach sich zieht. Häufig kommen zu ihm Menschen in Therapie, die Ähnliches erlebt haben wie Theresia. Die ihm erzählen, ihre Eltern hätten sie immer abgelehnt. Die Mutter hätte irgendwann mal gestanden, man habe das Kind eigentlich abtreiben wollen. »Also massivste Mitteilungen von Ablehnungen, von Entwertungen bis hin zu Beschämungen. Das sind Menschen, die emotionale Übergriffe, Erniedrigungen, Demütigungen erlitten haben und nicht unbedingt sexuelle oder körperliche Gewalt. Und die trotzdem psychische Krankheitssymptome haben. Sogenannte Trauma-Folgestörungen.«
    Noch heute dominiert die Mutter
    Theresia hat sich nie getraut, ihre Eltern später mit dem zu konfrontieren, was sie ihr angetan haben und welche Konsequenzen dies für sie hatte. Der Vater ist früh gestorben. Ihre Mutter inzwischen über 90 Jahre alt. Und klagt darüber, dass Theresia sich ihr gegenüber so distanziert verhalte. Theresia hat dann immer ein schlechtes Gewissen. Kann es aber nicht ändern, kann einfach keine Nähe herstellen. Das erstaunt sie besonders, weil sie als Kind immer so gern ihrer Mutter nahe gewesen wäre. Aber jetzt, wo die Mutter dies einfordert, kann sie es nicht. »Es ist mir ganz und gar schwer, sie zu umarmen, ihr körperlich nahe zu sein. Es ist fast so, als ob ich mich ekeln würde.« Dabei hat sie schon mehrmals alte Menschen gepflegt, hat ihr ehemaliges Kindermädchenimmer gern angefasst. Eigentlich ekelt sie sich nicht leicht. Aber vor der Mutter empfindet sie dieses Gefühl sehr heftig. Was ihr ein sehr schlechtes Gewissen macht.
    Die Mutter bohrt auch ständig darin herum. So wollte sie, dass die Tochter ihr beim Baden helfe. »Mama, das fällt mir schwer, ich möchte das eigentlich nicht machen«, hat Theresia ihr zu verstehen gegeben. Doch die Mutter hat weiter darauf gedrungen. Hat gesagt, »doch, das musst du machen. Das wird dir

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