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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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Teil des Staates, der aussah, als zeigten die Vereinigten Staaten ihrem Nachbarn Kanada den Mittelfinger. Er fuhr durch Cæur d’Alene. Der Name ließ an ein schweizerisches Skidorf denken, aber tatsächlich war der Ort bekannt als Heimat einer Rassistenbewegung namens Aryan Nations. Will hatte Bilder davon im Netz gesehen: Männer in Phantasie-Nazi-Uniformen, das Schild »Nur für Weiße« an der Ortseinfahrt. Es wäre faszinierend gewesen, hier Station zu machen, aber er wollte woanders hin.
    Sein Ziel lag hinter dem Idaho-Finger im westlichen Teil Montanas. Die Straßen waren schmal, aber das machte Will nichts aus. Er fuhr gern durch Amerika, das Land der endlosen Straßen. Er liebte die Reklametafeln, die Werbung für ein fünfunddreißig Meilen weit entferntes Möbelgeschäft machten. Er liebte die »Dairy Queen«-Raststätten, und er liebte die Autoaufkleber, die ihm über die politischen, religiösen und sexuellen Präferenzen der anderen Autofahrer Auskunft gaben. Außerdem hatte er seinen Angriff zu planen.
    Er hatte bereits mit Bob Hill telefoniert; der Mann erwartete ihn. Entgegenkommenderweise hatte Hill genau der Medienkarikatur des hinterwäldlerischen Waffennarren entsprochen. Er hatte Will nach seinem vollen Namen und seiner Sozialversicherungsnummer gefragt. »So kann ich Sie überprüfen. Rauskriegen, ob Sie der sind, für den Sie sich ausgeben.« Will versuchte sich vorzustellen, was Hills Recherchen ergeben würden. Ein Brite? Das wäre okay. Die meisten Amerikaner mochten Briten. Selbst wenn sie die europäischen Schwuchteln mit ihrem schlaffen Händedruck nicht ausstehen konnten, waren Briten in Ordnung: Sie waren sozusagen Ehrenamerikaner. Der Vater ein Bundesrichter? Könnte problematisch sein; Bundesbeamte verabscheute man. Aber Richter warf man meist nicht in einen Topf mit dem Rest der verhassten Bürokraten, die »die Regierung« darstellten. Manchmal betrachtete man sie sogar als Beschützer der Freiheit, die den Klauen der Politiker Einhalt geboten. Aber wenn Hill wirklich gründlich suchte, würde er in Richter Monroes Vergangenheit genügend finden, das bei ihm Anstoß erregen würde. Hoffentlich grub der Mann nicht zu tief.
    Was noch? Die Eltern geschieden: Das könnte den Milizleuten gegen den Strich gehen. Wohlgemerkt, das hier war nicht Alabama, die Survivalisten waren nicht das Gleiche wie die christliche Rechte. Manches deckte sich, aber sie waren nicht identisch.
    Seine schweifenden Gedanken fanden ein Ende, als er die Schilder sah: »Willkommen in Noxon, 230 Einwohner.« Er warf einen Blick auf den Zettel, der auf seinem Schoß lag: Hills Wegbeschreibung. An der Tankstelle sollte er links in eine Straße abbiegen, die sich in einen Feldweg verwandeln würde. Der Allradwagen schwankte in den ausgefahrenen Lehmfurchen hin und her und verdiente sich – dachte Will wenigstens – die zusätzliche Gebühr, die er und daher die Times dafür hatten bezahlen müssen.
    Nach einiger Zeit kam er zu einem Tor. Kein Namensschild. Er wollte Hill anrufen, wie sie es vereinbart hatten, aber als er die Nummer zur Hälfte gewählt hatte, sah er durch die Frontscheibe einen Mann auf sich zukommen. Anfang sechzig, Jeans, Cowboystiefel, schwere alte Jacke. Der Mann lächelte nicht. Will stieg aus.
    »Bob Hill? Will Monroe.«
    »Haben Sie uns gut gefunden?«
    Will ließ eine Lobeshymne auf Hills wunderbare Wegbeschreibung los – schamlose Schmeicheleien, die das Eis brechen sollten. Sein Gastgeber grunzte nur beifällig. Dann stapfte er eine harte Lehmböschung hinauf und ging auf ein dichtes Waldstück zu. Erst als sie näher kamen, sah Will einen Lichtschimmer zwischen den Bäumen, und er begriff, dass dort eine erstklassige getarnte Hütte stand.
    Hill griff zu einem Schlüsselbund, der schwer an einer Gürtelschlaufe hing und zu einem Gefängniswärter gepasst hätte. Er schloss die Tür der Hütte auf.
    »Da ist ein Sessel. Machen Sie sich’s bequem. Ich werd Ihnen was zeigen.«
    Will nutzte die paar Sekunden Zeit, um sich umzuschauen. An der Wand hing ein metallener Schild mit militärisch wirkenden Insignien. Er blinzelte: MoM. »Militia of Montana«. Daneben ein paar gerahmte Fotos, unter anderem eins von seinem Gastgeber, der den Kopf eines Bocks in den Händen hielt. Auf einem Stahlregal ein Karton mit Handzetteln. Will spähte hinein: »Die Neue Weltordnung: Operation Takeover.«
    »Bedienen Sie sich. Nehmen Sie einen.« Will fuhr herum; Bob Hill stand dicht hinter ihm. Ledernacken,

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