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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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noch länger warten?«, rief Segestes.
    Sie raffte den Rock und lief zu ihm.
    »Was wollte der von dir?«
    Sie drehte sich noch einmal zu Arminius um, aber Segestes packte sie grob an der Schulter und führte sie weg.
    Die sinkende Sonne tauchte die Wiese vor dem Römerlager in rötliches Gold und warf lange Schatten. Knechte und Mägde waren geschäftig, um alles für das große Gelage vorzubereiten. Tische wurden herbeigeschleppt, an denen die Alten, die Vornehmen und die römischen Offiziere niederen Ranges Platz nahmen. Die Männer des Cheruskerstammes und die einfachen Legionäre hatten bereits Feuer angezündet und lagerten im Gras. Abseits, am Waldrand, saßen die Frauen der Germanen in Grüppchen unter den Bäumen. Mägde mit Krügen, die Wein, Met und Bier enthielten, gingen herum und füllten Becher und Trinkhörner. An den Spießen brieten Schweine und Hammel.
    »Nun?«, sagte Segestes und schüttelte seine Tochter, die er noch immer an der Schulter gepackt hielt. »Willst du wohl reden? Was wollte er?«
    »Er sagte nur, dass es ihm leid täte, weil das mit Furi passiert ist«, erwiderte sie stockend.
    »Und das war alles? Ich habe gesehen, wie du dich an ihn gelehnt hast. Er hat dich gestreichelt!«
    »Er wollte mich trösten.«
    »Andere haben es auch gesehen. Es reden schon alle darüber. Was hat er noch zu dir gesagt?«
    »Er hat gesagt, dass… dass er sich schuldig fühlt.«
    »Wahrhaftig, das ist er… schuldig! Wozu musste er einen so hohen Gast herausfordern? Drusus hat sich verletzt, aber das scheint ihn nicht zu rühren. Und das Pferd – ein Verlust. Es war mindestens zehn Goldstücke wert. Das kümmert ihn auch nicht. Er macht sich noch an meine Tochter heran!«
    »Aber er hat doch nur…«
    »Schweig!« Segestes holte aus, schlug aber nicht zu. »Wie siehst du überhaupt aus? Das Kleid zerrissen und schmutzig… die Haare zerzaust… auch das Gesicht mit Dreck verschmiert…«
    »Ich habe so geweint… wegen Furi.«
    »So legst du Ehre für mich ein! Segimer spreizt sich mit seinen Söhnen… und ich? Was habe ich dagegen zu bieten? Vielleicht wendet sich noch alles zum Guten«, fuhr Segestes etwas versöhnlicher fort. »Den einen, Gaius Germanicus, hast du beeindruckt. Er sprach mich an und lobte dich. Allerdings nur für dein Latein.«
    »Mir hat er auch gefallen«, murmelte Nelda, um ihrem Vater etwas Angenehmes zu sagen.
    »Das heißt natürlich noch lange nicht, dass er dich heiraten wird. Tiberius hat sich nicht geäußert, und es kommt allein auf ihn an. Ich habe ihn noch einmal eingeladen, den Wehrhof zu besuchen, aber er lehnte ab. Er hat es eilig, will neuen Kriegsruhm erwerben. Als ob es dabei auf einen einzigen Tag ankäme! Doch nichts zu machen… morgen wird abmarschiert. Segimer freut das alles natürlich. Er spricht es nicht offen aus, gibt aber jedem zu verstehen, dass Tiberius meine Gastfreundschaft ausschlägt. Der glaubt schon, er hat mich überholt, denkt, er ist jetzt der Erste in den Cheruskergauen…«
    Nelda ließ ihren Vater grollen, sie hörte kaum noch zu.
    »Du gehst jetzt hinüber zu den Frauen«, befahl er schließlich, nachdem er seinem Ärger über Tiberius und Segimer Luft gemacht hatte. »Deine Mutter erwartet dich. Wenn die Sonne verschwindet, werdet auch ihr verschwinden. Ein paar Männer von der Gefolgschaft werden euch zum Wehrhof begleiten. Nun, versöhnen wir uns.« Segestes zog seine Tochter an sich und küsste sie. »Bedenke immer, dass ich nur eines will: dass du die Frau eines mächtigen, reichen, bedeutenden Mannes wirst! Und dieser Mann muss ein Römer sein, denn von den Römern hängt unsere Zukunft ab. Du bist noch zu jung, um das zu verstehen, aber später wirst du mir dankbar sein. Geh zum Bach und wasch dein Gesicht. Du brauchst nicht mehr zu weinen. Schon morgen bekommst du ein neues Pferd.«
    »Ich will keines«, sagte sie rasch. »Ich will kein anderes Pferd.«
    Segestes lachte. »Warum nicht? Du wirst doch nicht dumm sein. Warst doch bis jetzt meine kluge Tochter. Ich hoffe, das bleibt so.«
    Damit ging er zu den Bankgenossen seiner Gefolgschaft hinüber, die schon beim Becher saßen.
    Nelda hatte es nicht eilig, sich der Mutter, den Tanten und ihren Vorwürfen auszusetzen. Auch das Geschwätz der Freundinnen, die in der Nähe der Frauen im Kreise hockten, wollte sie nicht hören. Sie warf verstohlene Blicke zu den Männern der Auxilien hinüber. Dort fielen schon die Würfel, ein Streit war aufgeflammt und ein Offizier musste

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