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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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das ist ja…«, sagte Nelda erschrocken. »Das ist meine Furi!«
    »Hast du Angst um sie?«, fragte Ramis. »Bis jetzt ist ja alles gut gegangen. Die Unseren sind geübte Springer.«
    »Ja, du hast recht…«
    Im Grunde war Nelda sogar stolz darauf, dass ihre Furi dabei war. Es gab ihr das Gefühl, selbst dabei zu sein und Einfluss darauf zu haben, wie der Wettstreit ausgehen würde. Sie kannte einen Zauberspruch, der Glück verhieß, und murmelte ihn vor sich hin. Von ganzem Herzen wünschte sie, dass Arminius siegte – über den Vetter, den sie für dumm und boshaft hielt, und über den dicken jungen Römer, der sie verspottet hatte.
    Der Ungeduldigste, Segithank, machte den ersten Sprung. Er landete auf dem vierten Pferd, einem Hengst, der heftig buckelte und hochstieg. Da er leicht und gelenkig war, konnte der Rotschopf sich aber mit einer halben Drehung nach hinten abgleiten lassen. Flüche ausstoßend erhob und entfernte er sich.
    Der Offizier der Hilfstruppen wollte dem Sohn seines Feldherrn den Vortritt lassen. Der aber entschied sich dafür, nach Art eines Triumphators zuletzt aufzutreten. Mit einer lässigen Handbewegung forderte er den Cherusker auf, vor ihm zu springen.
    Arminius trat zehn, zwölf, fünfzehn Schritte zurück, straffte den Gürtel, lockerte ein wenig den Knoten seines Halstuchs, pumpte die Lunge voll, raste los und mit einem gewaltigen Satz, die Arme gespreizt, die Knie angezogen, überflog er die fünf Pferde. Er sprang so weit, dass er auch ein sechstes leicht hinter sich gelassen hätte.
    Ringsum gab es Beifall für die außergewöhnliche Leistung. Segimer sprang auf, riss die Arme hoch und genoss den Erfolg seines Sohnes. Nelda umarmte Ramis und die anderen Mädchen.
    »Nicht übel, das konnte sich sehen lassen«, sagte Drusus gönnerhaft zu Arminius. »Ich habe mir eben auf dieser scheußlichen Kuhweide den Fuß vertreten. Trotzdem werde ich mich nicht drücken und die Zähne zusammenbeißen.«
    Wieder wurde die Bank für den Absprung gebracht. Drusus, plötzlich auffällig humpelnd, lief noch einmal um die fünf Pferde herum und beschimpfte Brun und die Knechte, weil die Tiere nicht eng genug beieinanderstanden. Dann trat er an, zog den runden Kopf zwischen die Schultern, wiegte den Oberkörper ein paar Mal vor und zurück, sprang auf die Bank und drückte sich ab. In der Luft aber zuckte er plötzlich zurück, als fürchtete er etwas, warf die Arme hoch und landete mit der geballten Wucht seines massigen Körpers auf dem Rücken des fünften Pferdes, der kleinen Stute.
    Das Tier brach unter ihm zusammen.
    Nelda schrie auf und rannte los.
    Arminius war gleich bei Drusus und half ihm auf. Der dicke Jüngling hatte sich verletzt und hinkte nun tatsächlich. Ein paar Männer aus der Umgebung des Feldherrn eilten heran und stützten ihn. Tiberius erhob sich und kehrte, gefolgt von seinen Vertrauten und den höheren Offizieren, ins Lager zurück. Was nun noch kommen sollte – Unterhaltung für die Truppe und ein germanisches Fress- und Saufgelage – war ihm zuwider.
    Die Knechte führten die Pferde weg. Das Gefallene strampelte hilflos und kam nicht mehr hoch. Sie ließen es liegen, andere würden sich darum kümmern. Vermutlich war das Rückgrat gebrochen und es würde verenden. Bei Spielen kam so etwas vor. Die Legionäre verloren nur wenige spöttische Worte über den Unfall, weil ihn der Sohn des Feldherrn verursacht hatte. Die meisten hatten sich bei den Wettkämpfen gelangweilt.
    Aus den Arenen, wo Menschen und Tiere zu Hunderten starben, waren sie Besseres gewöhnt.

 
5
     
    Am Rande der Wiese hockte Nelda bei Furi.
    Ihre Tränen fielen in die Mähne der kleinen rotbraunen Stute, die auf der Seite lag, ein Bein bizarr in die Luft gestreckt. Sie hob ab und zu ein wenig den Kopf, bewegte ein Ohr. Das große dunkle Auge war bereits starr, wie erloschen.
    Nelda streichelte das sterbende Tier, das sie geliebt hatte wie eine Freundin. Bei seiner Geburt war sie zugegen gewesen, hatte mit dem Fohlen herumgetollt, hatte zusehen können, wie es wuchs und kräftiger wurde. Willig und zutraulich hatte Furi sie dann auf ihrem Rücken geduldet und sie unzählige Male ausdauernd getragen. An diesem Morgen hatten sie noch zusammen einen Ausflug gemacht, an einer Quelle angehalten und sich nebeneinander niedergebeugt und getrunken.
    Bei dem Gedanken daran schluchzte Nelda so heftig, dass es sie schüttelte. Sie warf sich über das Tier, umschlang seinen Hals und wühlte den Kopf in seine

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