Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
treffen… nach dem, was du mir berichtet hast. Und Boiacalus müssen wir fassen.«
    »Ihr werdet ihn doch nicht töten!«
    »Natürlich nicht. Nur dafür sorgen, dass er schweigt.«
    »Ob er schweigt oder nicht – es ist ja heraus!« Sie ergriff seine Hände, sah ihm fest in die Augen und machte einen letzten Versuch, ihn umzustimmen. »Warum bist du so sicher, dass Varus nichts unternehmen wird? Er hat Offiziere und Berater. Vielleicht setzt er noch heute Truppen in Marsch. Vielleicht sind sie bald hier. Ihr müsst euch zurückziehen. Du musst fort! Und ich komme mit dir! Warum fliehen wir nicht gemeinsam?«
    Er zog sie an sich und strich ihr sanft über das Haar.
    »Das würde uns kein Glück bringen, Liebste. Dafür würden die Götter uns strafen. Wenn es Zeit ist zu kämpfen… davonlaufen? Nein!«
    Sie küssten sich noch einmal, und dann löste er sich von ihr und sagte: »Segithank wird dich zurückbringen. Du musst nun stark sein. Hoffentlich hat dein Vater nichts bemerkt. Erfülle alle seine Befehle. Tu, was immer er von dir verlangt!«
    »Und wenn er mich zwingt, mit den Römern über den Rhenus zu gehen?«
    »Dazu wird es nicht kommen. Vertrau auf mein Wort. Ich werde nicht zulassen, dass sie das Mädchen, das ich liebe, nach Rom verschleppen. Und nun leb wohl. Wir sehen uns bald wieder!«
    Der rothaarige Vetter, der sich in allen Gegenden des Landes auskannte, brachte Nelda sicher zurück zu den Zelten ihrer Stammesgenossen. Sie schickte ihn vor, um zu erkunden, ob ihr Vater anwesend war. Zwar hatte sie sich unterwegs im Bach die Beine gewaschen, doch das Kleid war verschmutzt und zerrissen, ihre Arme waren von blutigen Kratzern bedeckt, ihre Nase war aufgeschwollen. Segithank kam mit der Nachricht, dass Segestes, um sein Festgewand anzulegen, noch einmal zurückgekehrt und dann erneut verschwunden war. Er hätte sich nach Nelda erkundigt und Brun hätte ihm vorgelogen, sie wäre mit Gaius und anderen zum Ufer des Visurgis hinuntergegangen, um einem Wettschwimmen zuzusehen. Der gutmütige alte Onkel, der seine letzten grauen Haare schon lange nicht mehr mit Butter bestrich, fütterte die Pferde, als Nelda schmutzig und mit zerfetztem Kleid herankam. Erschrocken riss er die Augen auf. Er wusste nicht, dass sie einen Geliebten getroffen hatte, ahnte es aber wohl. Und er ahnte wohl auch, dass es Arminius war. Deshalb hatte er seinen Schwager, den er fürchtete, mutig belogen. Zum Glück hatte sie niemand gesucht. Es stellte sich heraus, dass Gaius Sempronius nicht gekommen war und nur einen Diener geschickt hatte, der ihn einiger Pflichten wegen, die er beim Abbruch des Sommerlagers übernommen hatte, entschuldigen musste. Segestes wollte erst spät am Abend zurückkehren. So blieb Nelda Zeit, sich herzurichten und zu überlegen, was der Onkel und sie dem Vater erzählen sollten.
    Doch nach allem, was sie an diesem Tag erlebt hatte, konnte sie ihre von Furcht und Spannung beherrschten Gedanken nicht auf Nebensächliches lenken. Und es war auch nicht nötig.
    Als ihr Vater am späten Abend zurückkam, wollte er davon nichts wissen. Der lange Cherusker war über das, was ihm widerfahren war, immer noch außer sich. Er zitterte vor Zorn und Entrüstung.

 
14
     
    »Heute Morgen«, sagte Segestes, nachdem er gepoltert und geflucht, einen Becher Wein hinuntergestürzt und sich schließlich so weit beruhigt hatte, dass er seiner Gefolgschaft einen zusammenhängenden Bericht über das, was ihm widerfahren war, geben konnte, »heute Morgen kam plötzlich ein Reiter ins Lager. Ein Brukterer oder Chattuarier, jedenfalls einer von diesen Stämmen da oben. Brachte eine angeblich wichtige Meldung. In einem der Gaue sei es zu Unruhen gekommen. Ein Steuereinnehmer und sein Wachtrupp seien erschlagen worden. Das erzählte uns Varus beim Abschiedsgelage. Er fragte uns, ob auch wir etwas wüssten, etwas gehört hätten. Und ob er – nach unserer Meinung – die Sache ernst nehmen sollte. Da sagte einer: ›Das würde ich dir raten, Legat! Und wenn du erlaubst, mache ich einen Vorschlag. Übergib mir noch einmal das Kommando über einen Trupp der Auxilien, den ich durch eigene Leute verstärken werde – und ich marschiere dorthin und trete die Flamme aus, bevor sie zum gefährlichen Brand wird!‹ Und wisst ihr auch, wer das war – wer diesen hochherzigen Vorschlag machte? Es war Ar-mi-ni-us!«
    Segestes betonte diesen Namen so abschätzig und blickte dabei so verächtlich, dass sich einige seiner Leute, die seine

Weitere Kostenlose Bücher