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Die Geschichte der Anna Waser (German Edition)

Die Geschichte der Anna Waser (German Edition)

Titel: Die Geschichte der Anna Waser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Waser
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Nürnberg geehelicht habe. Ja, das paßte nun wohl zu dem neuen Lukas, vielleicht gar konnte es ein Glück für ihn sein. Ihr bedeutete es nichts mehr; für sie war es ja abgeschlossen — lange schon.
    Ihr Leben hatte sich neu gemacht, ernst und streng zuerst, aber dann freier, und hier und da war es schon fast wie eine kleine Fröhlichkeit, die sich ankündigte, erst schüchtern, aber mit der Zeit immer vernehmlicher: wann Herr Lukas Hofmann ihr Briefe voll Lobes schrieb, die in den Augen der Eltern ein zufrieden stolzes Lächeln entzündeten, oder wann man nun auch in der Vaterstadt anfing, ihr Aufträge zu geben. Und hie große herzklopfende Freude, als der Vater eines Abends nach dem Tischgebet mit feierlicher Stimme, daraus man aber eine heimliche Freude wohl vernahm, verkündete, daß ihrem Haus eine hohe Ehr widerfahren sei, maßen die durchlauchtigsten Herrschaften, der Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg und dessen Schwester, die Markgräfin von Durlach, ihre Contrafete bei niemand anders denn seiner Tochter Anna in Miniatur übersetzen zu lassen wünschten.
    Ah, die stolzen Augen des Vaters und der Mutter tränenfeuchte Rührung und Marias Lächeln, das gar nimmer trüb war, sondern mit einem heiteren, schier sonnigen Glanz, und der jüngeren Geschwister erstaunte, bewundernde Augen! Aber Rudolf sprang auf, umarmte Anna und lachte: „Das müssen wir feiern, Schwesterlein! Ein wenig frische Luft, die kannst ohnedies brauchen, du Zimmerpflänzlein, mit deinem weißen, weißen Gesicht. Auf den See wollen wir, der Abend ist schön!“ Und er deutete nach dem Brunnenturm, der mit einem roten Schein durch das schmale Gäßlein herabzündete. Und als sie im Kahn saßen, Rudolf, Elisabeth und sie, und Annas Hände nach so langer Zeit wieder einmal die Ruder führten und ihr mit jeder strammen Bewegung ein kräftiges und warmes Leben durch den Körper ging, war ihr, als ob die alte, lang vergessene Freude wieder in ihr aufstünde und aus ihren eigenen Augen neu und wissend in die Welt blickte.
    Sie trieben unter dem Grendeltor durch in den offenen See hinaus mit eilenden Ruderschlägen, daß die im Widerschein des Abends erglänzende Wasserfläche vor ihren Augen rasch und mächtig sich weitete. Anna saß im Stern des Schiffes, den Rücken gegen den See, und blickte nach der Stadt und dem westlichen Himmel hinüber. Das war das Bild, das sie so oft in Stunden des Heimwehs heraufbeschworen, früher, als sie fern war: Zürich im Abendbrand, mit dunkeln, weithin spiegelnden Füßen aus der roten Flut steigend und mit glänzenden und schwarzverschatteten Häuptern in den flammenden Himmel aufragend, mächtig und lieblich, unwahrscheinlich und wunderbar wie himmlische Gesichte. Und wieder fiel ihr auf, wie verschieden die beiden Stadtteile, die der Fluß nach links und rechts auseinanderlegte. Dem westlichen Himmel zugewandt lag die mehrere Stadt da, sodaß der Abendschein mit gelben Lichtern und violetten Schatten ein seltsames Farbenspiel über die hohen Zinnen und winklig verstauten Häuser warf und die hochgestellten Großmünstertürm sich in einem rosigen Dampf über sich selbst hinaus zu recken schienen. Von der Grendelhütte weg, die mit lustigen Erkerchen gespreizt auf der rechten Seite mitten im Wasser stand, dort, wo der Grendel mit langer Palisadenreihe den Fluß vom See trennte, zog sich ein vielgestaltiges Ufer mit allerlei Zierlichkeiten flußabwärts. In buntem Ungestüm drängten sich die schmalfrontigen Häuser und festen Türm an die Limmat heran, wie Kinder, die zum Baden gehen und von denen die einen sich noch schüchtern dem Wasser fernhalten oder kaum ein vorsichtig Füßchen hineinzustrecken wagen, derweil andere schon tief drin stehen in der kühlen Flut. So recht als ein tapferer Taucher erhob sich der Wellenberg mitten aus dem Fluß, einäugig und trotzig mit seinem spitzen Helmdach, und ließ die vornehme Wasserkirche weit hinter sich, die ihren schlanken Schatten nach dem hellen Spiegel der Häuser am Stad hinüberwarf. Zufernst im Fluß aber erhob sich das Rathaus mit weißen Gerüsten und hellen neuen Mauern und ließ seine modisch welsche Schönheit auf den alten breitspurigen Wasserfüßen mit viel Stolz erglänzen.
    So war es ein unterhaltliches und reichgestaltiges Bild zur Rechten, während die mindere Stadt am linken Ufer ihre festgesammelte Silhouette dunkel vom roten Abend abhob. Wie mannliche treue Stadtwächter rückten die schwarzen Türm der Ringmauer am Himmel herauf,

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