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Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Titel: Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ronald Reuel Tolkien
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Name unter den Waldmenschen.
    Am Morgen trugen sie Níniel nach Ephel Brandir. Der Weg ging steil aufwärts, bis er an die Stelle kam, wo er über den herabstürzenden Celebros führte. Dort hatte man eine hölzerne Brücke gebaut, und unter ihr floss der Strom über die Rundung eines ausgewaschenen Steins und fiel über viele schäumende Stufen tief hinab in ein felsiges Becken. Die ganze Luft war mit Dunst wie von einem feinen Regen erfüllt. Am oberen Ende der Fälle war eine weite Rasenfläche, von Birken gesäumt; von dort hatte man einen weiten Blick über die Brücke bis zu den ungefähr zwei Meilen entfernten Schluchten des Teiglin. Die Luft war dort immer kühl, und im Sommer rasteten hier die Reisenden und tranken von dem kalten Wasser. Dimrost, die Regentreppe, wurden diese Fälle genannt, aber seit diesem Tag nannte man sie Nen Girith, das Schauderwasser. Turambar und seine Gefährten machten nämlich dort Halt, und sobald Níniel an diesen Platz kam, wurde ihr kalt, und sie schauderte, und man konnte sie weder wärmen noch ihr sonst helfen. Deshalb eilten sie weiter auf ihrem Weg; doch bevor sie nachEphel Brandir kamen, war Níniel bereits an einem Fieber erkrankt.
    Lange lag sie krank danieder, und Brandir wandte seine ganze Kunst auf, ihr zu helfen, und die Frauen der Waldmenschen wachten Tag und Nacht bei ihr. Doch nur wenn Turambar in der Nähe blieb, ruhte sie friedlich, ohne im Schlaf zu stöhnen. Eines aber fiel allen auf, die bei ihr wachten: Während der ganzen Zeit, da sie im Fieber lag und oft arge Qualen litt, murmelte sie nie ein Wort, weder in der Sprache der Elben noch der Menschen. Und als ihre Gesundheit allmählich zurückkehrte und sie aufstehen konnte und wieder zu essen anfing, da mussten die Frauen von Brethil Níniel wie ein Kind Wort für Wort das Sprechen lehren. Doch sie lernte schnell und hatte Freude daran, wie jemand, der große und kleine Schätze wiederfindet, die er verlegt hat. Als sie endlich genug gelernt hatte, um sich mit ihren Freunden zu verständigen, sagte sie mitunter: »Wie nennt man dieses Ding? In meiner Dunkelheit habe ich seinen Namen vergessen.« Als Níniel wieder umhergehen konnte, suchte sie Brandir in seinem Haus auf; denn sie war sehr begierig, die Namen aller Lebewesen kennenzulernen, und in diesen Dingen kannte er sich gut aus. Und sie gingen zusammen im Garten und auf den Waldlichtungen spazieren.
    Da begann Brandir sie lieb zu gewinnen, und als sie zu Kräften kam, stützte sie ihn, den Lahmen, und nannte ihn ihren Bruder. Ihr Herz aber hatte sie an Turambar verloren, und nur wenn er zu ihr kam, trat ein Lächeln in ihr Gesicht, und nur wenn er scherzte, lachte sie.
    An einem Abend im goldenen Herbst saßen sie beisammen, und die Sonne ließ den Berghang und die Häuser Ephel Brandirs erglühen, und es herrschte eine tiefe Stille.Da sagte Níniel zu Turambar: »Ich habe nun nach dem Namen aller Lebewesen gefragt, nur nach dem deinen nicht. Wie nennt man dich?«
    »Turambar«, antwortete er.
    Da hielt sie inne, als lausche sie auf ein Echo; doch sie sagte: »Und was bedeutet das, oder ist es nichts weiter als ein Name?«
    »Es bedeutet Meister des Dunklen Schattens«, sagte er. »Denn auch ich, Níniel, hatte meine Dunkelheit, in der manches verloren ging, was mir lieb war. Aber jetzt habe ich es überwunden, denke ich.«
    »Und bist du auch davor geflohen und fortgerannt, bis du in diese lieblichen Wälder kamst?«, fragte sie. »Und wann bist du ihm entkommen, Turambar?«
    »Ja«, sagte er. »Ich bin viele Jahre lang geflohen. Und ich bin entkommen, als du kamst. Denn vorher, Níniel, war es dunkel, aber seitdem ist es immer licht gewesen. Und es scheint mir, dass das, was ich so lange vergeblich gesucht habe, endlich zu mir gekommen ist.« Und als er in der Abenddämmerung zu seinem Haus zurückging, sagte er zu sich selbst: »Haudh-en-Elleth! Sie kam von der grünen Anhöhe. Ist das ein Zeichen, und wie soll ich es deuten?«
    Nun neigte sich das goldene Jahr und ging in einen milden Winter über, dem ein weiteres strahlendes Jahr folgte. In Brethil herrschte Frieden, die Waldmenschen selbst verhielten sich ruhig, verließen ihre Gegend nicht und erfuhren nichts Neues aus den Ländern ringsum. Die Orks, die zu dieser Zeit südwärts in Glaurungs dunkles Reich kamen oder als Späher an die Grenzen Doriaths gesandt wurden,mieden die Teiglin-Stege und zogen weit im Westen jenseits des Flusses vorbei.
    Nun war Níniel völlig geheilt, und sie war

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