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Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman

Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman

Titel: Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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ihr alle Zimmerfluchten gezeigt, die an Geschmack und schlichter Eleganz bewunderungswürdig seien. Er habe ihr in seinem Kabinett zehntausend Livre ausbezahlt und noch einige Schmuckstücke hinzugefügt, darunter auch den Halsschmuck und die Perlenarmbänder, die sie zuvor von seinem Vater erhalten hatte. Von dort habe er sie in einen Salon geführt, den sie noch nicht gesehen hatte, wo sie einen vorzüglichen Imbiss vorgefunden habe. Er habe ihr durch die neuen Bediensteten aufwarten lassen, die er für sie eingestellt hatte, und diesen befohlen, sie künftig als ihre Herrin anzusehen. Schließlich habe er ihr die Kutsche, die Pferde und alle übrigen Präsente vorführen lassen; danach habe er ihr vorgeschlagen, eine Partie zu spielen, während sie auf das Nachtmahl warteten.
    «Ich gestehe Ihnen», fuhr sie fort, «dass ich von dieser Pracht beeindruckt war. Ich habe mir überlegt, dass es doch schade wäre, wenn wir mit einem Schlag all diese Schätze verlören und ich mich damit zufriedengäbe, die zehntausend Franc und den Schmuck einzustecken, denn dieses Vermögen ist doch wie geschaffen für Sie und mich, und wir könnten auf Kosten von G… M… in Freuden leben. Statt ihm den Besuch der Comédie vorzuschlagen, verfiel ich darauf, seine Einstellung Ihnen gegenüber zu erkunden, um herauszufinden, welche Mittel und Wege wir hätten, einander zu sehen, falls mein Plan sich verwirklichen ließ. Ich fand ihn sehr umgänglich. Er fragte mich, was ich von Ihnen hielte und ob ich nicht etwa Bedauern empfände, Sie zu verlassen. Darauf sagte ich, Sie seien so liebenswert und hätten mich immer so zuvorkommend behandelt, dass es wider die Natur sei, wenn ich Sie zu hassen vermöchte. Er räumte ein, dass Sie etliche Vorzüge besäßen und er die Neigung verspürt habe, Ihre Freundschaft zu suchen. Er wollte wissen, wie Sie meines Erachtens mein Fortgehen hinnehmen würden, vor allem wenn Sie erführen, dass ich jetzt ihm gehörte. Ich gab zur Antwort, der Beginn unserer Liebe liege so weit zurück, dass sie mit der Zeit ein wenig abgekühlt sei, dass Sie im Übrigen nicht gerade gut gestellt seien und es vielleicht nicht als großes Unglück ansähen, mich zu verlieren, denn das würde Ihnen eine Bürde nehmen, die auf Ihnen laste. Ich fügte noch hinzu, dass ich, weil ich vollkommen überzeugt gewesen sei, Sie würden sich friedfertig verhalten, Ihnen ohne Weiteres habe sagen können, ich führe wegen einiger Besorgungen nach Paris, dass Sie Ihre Zustimmung gegeben hätten und dass Sie, da Sie selbst auch dorthin fuhren, nicht sonderlich beunruhigt erschienen seien, als ich von Ihnen ging.
    ‹Wenn ich glauben könnte›, so sagte er darauf, ‹dass er seiner Gemütsart nach gut mit mir auskommen würde, wäre ich der Erste, ihm meine Dienste und mein Entgegenkommen anzubieten.›
    Ich versicherte ihm, meiner Einschätzung Ihres Wesens nach hegte ich keinerlei Zweifel, dass Sie darauf in ehrlicher Weise eingehen würden, zumal, so fuhr ich fort, wenn er Ihnen in Ihren geschäftlichen Angelegenheiten dienen könne, um die es sehr schlecht bestellt sei, seit Sie sich mit Ihrer Familie überworfen hätten. Er unterbrach mich, um mir zu beteuern, dass er Ihnen jeden Dienst erweisen würde, der in seiner Macht stünde, und dass er, wenn Sie sich gar auf eine neue Liebe einlassen wollten, Ihnen eine hübsche Geliebte zuführen werde, welche er verlassen habe, um sich mir zu verbinden. Ich habe seiner Idee Beifall gezollt», setzte sie hinzu, «um jeglichem Argwohn von seiner Seite möglichst zuvorzukommen, und da ich mich mehr und mehr in meinem Vorhaben bestärkt fand, wollte ich vor allem einen Weg finden, Sie davon in Kenntnis zu setzen, da ich fürchtete, Sie würden sich allzusehr beunruhigen, wenn Sie sähen, dass ich unsere Vereinbarung nicht einhielt. Allein deshalb habe ich ihm vorgeschlagen, Ihnen die neue Geliebte noch am selben Abend zu schicken, denn damit hatte ich Gelegenheit, Ihnen zu schreiben; ich musste auf diese List zurückgreifen, denn ich konnte nicht hoffen, dass er mich auch nur einen Moment allein ließ.
    Er lachte über meinen Vorschlag. Er rief seinen Lakaien, und nachdem er ihn gefragt hatte, ob er seine frühere Geliebte schnellstens finden könne, trug er ihm auf, sie an jedem erdenklichen Ort zu suchen. Er meinte, sie müsse sich nach Chaillot begeben, um Sie aufzuspüren, doch ich erklärte ihm, dass ich, als ich mich von Ihnen verabschiedete, versprochen hätte, Sie am Theater zu

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