Die Geschichte von Liebe und Sex
»Platz an der Sonne« haben und wetteiferte mit anderen europäischen Großmächten um Land in Afrika und Asien (auch Kolonien genannt, daher: Kolonialismus ).
Das Militär inszenierte sich mit prunkvollen Uniformen und Marschmusik. Nur der wurde als »richtiger Mann« angesehen, der einen militärischen Rang vorweisen konnte. Wer die Frage »Haben Sie gedient?« verneinen musste oder nur mit einem einfachen Rang beantworten konnte, |146| hatte es schwer in seiner beruflichen oder gesellschaftlichen Karriere. Alle Gefühle hatten sich dem Militärischen unterzuordnen: Jungen mussten »abgehärtet« und Mädchen auf ihre zukünftige Rolle als Mutter vorbereitet werden.
Nicht alle Menschen ordneten sich jedoch diesem Diktat unter. Auch wenn Kritiker es nicht leicht hatten, so fanden sich doch immer mehr Stimmen, die die Ausbeutung der Armen sowie die Bevorzugung alles Militärischen anprangerten. In Russland und Deutschland kam es nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) für kurze Zeit sogar zu einem radikalen Umschwung, der jedoch historisch ein Zwischenspiel blieb: In Deutschland musste der Kaiser am Ende eines mit viel Protzerei 1914 begonnenen und 1918 rettungslos verlorenen Ersten Weltkriegs abdanken und zog sich bis zu seinem Tod 1941 ins Exil nach Holland zurück. Der dadurch ermöglichte kurze Frühling der Demokratie von 1918 bis 1933, der auch in Bezug auf Liebe und Sex zu einem »Frühlings-Erwachen« führte, wird im nächsten Kapitel näher beschrieben.
Er fand ein jähes Ende im Januar 1933, als Adolf Hitler (1889 – 1945) mit seiner Nazipartei die Macht nach den letzten demokratischen Wahlen ergreifen konnte, bei denen ihn mächtige Wirtschaftsbosse unterstützten, die sich in der Demokratie unliebsamer Kritik ausgesetzt sahen. Auch viele arme Menschen gaben dem »neuen starken Mann« ihre Stimme, da er versprach, »Arbeit zu schaffen«. Schuld an allem Elend hatte ihm zufolge die »schlappe Demokratie«, die vor allem eine »Erfindung der Juden« sei, die er rücksichtslos bekämpfen würde.
Vor 54 000 Jugendlichen sagte er am 14. September 1933: »Was wir von unserer deutschen Jugend wünschen, ist etwas anderes, als es die Vergangenheit gewünscht hat. In unseren Augen, da muss der deutsche Junge der Zukunft schlank und rank sein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl.« Obwohl Hitler kein Anhänger des Kaisers war, vertrat er das Ideal des militärisch abgehärteten Jungen. Auch die Nationalsozialisten träumten von der »Weltherrschaft« und hatten dafür dringend begeisterte junge Männer als Soldaten nötig. Anders als in der prüden Kaiserzeit erweckten die Nazis anfangs den Eindruck, als würden sie den Bedürfnissen von Jugendlichen nach Freizeit, Wandern und Unter-sich-Sein ähnlich wie in der freien Jugendbewegung der Jahre 1918 bis 1933 |147| viel Raum geben. In Wirklichkeit wurden alle Jugendorganisationen der demokratischen Weimarer Republik (von den »Wandervögeln« bis zu den sozialistischen, gewerkschaftlichen und christlichen Jugendgruppen) jedoch »gleichgeschaltet«: in den Bund deutscher Mädel (BdM) und die Hitlerjugend (HJ) für Jungen. Wer dort dazugehörte, konnte es sicher trotzdem als Anerkennung und vor allem Freiraum gegenüber dem Elternhaus empfinden.
Die »Freiheit« der Nazis war jedoch zum großen Teil nichts anderes als eine Form der Kriegsvorbereitung. Kaum einer der damaligen deutschen Jungen konnte wohl ahnen, dass die meisten von ihnen nur wenige Jahre später als Kanonenfutter im Zweiten Weltkrieg (1939 – 45) verheizt werden würden. Ganze Schulklassen wurden an die Front geschickt, und nur wenige kehrten lebend zurück.
Nicht dazu gehörten viele: Jüdische Jungen und Mädchen, aber auch die Kinder politisch Oppositioneller, behinderte und kranke Kinder und Jugendliche, Roma- und Sinti-Kinder oder Jugendliche («Zigeuner«), homosexuelle Jugendliche, junge Leute, die aus religiösen oder anderen Gewissensgründen nicht HJ oder BdM beitreten wollten oder konnten.
Bis heute ist kaum bekannt, dass in Nazideutschland Ärzte und Betreuer mithalfen, mindestens 5000 geisteskranke Kleinkinder zu ermorden. Etwa 100 000 psychisch kranke und behinderte Erwachsene wurden vergast und rund 400 000 als »erbkrank« diffamierte Menschen wurden zwangssterilisiert, von denen etwa 5000, überwiegend Frauen, an Komplikationen nach dem Eingriff starben.
1935 wurden im Rahmen der »Nürnberger Gesetze« auch sexuelle Kontakte zwischen Juden und
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