Die Geschichte von Zoe und Will
oder Papierhandtüchern, wenn sie welche haben –, dann komme ich wieder heraus und erkläre dem Kassierer, dass sie kaputt ist. Er wird sie säubern gehen.« Sie hat ihre Hand auf meine Wange gelegt. »Alles, was wir brauchen, ist eine Minute, in der du hineinlaufen kannst, dir nimmst, was wir brauchen, und wieder verschwindest. Diesmal wird niemand verletzt, Will.«
Ich warte im Auto auf meinen Einsatz in ihrem Plan. Nach einer Minute sehe ich sie aus dem Laden kommen und um die Ecke biegen. Ich höre, wie sich eine Tür schließt, und Sekunden später ist Zoe zurück. Mein Herz schlägt schneller. Das ist der Teil, wo sie den Kassierer aus dem Laden lockt. Ich steige aus, gehe schweigend zum Eingang und verstecke mich hinter der Eismaschine. Hier stinkt es nach verbranntem Öl, und der Geruch versetzt all meine Sinne in Alarmbereitschaft.
Es dauert viel zu lange.
Wir haben keinen Plan, falls das hier nicht klappt, und wir kommen nicht mehr sehr weit mit dem Benzin, das noch im Tank ist. Sie muss sich beeilen. Mein Puls hämmert in meiner Brust, in meinem Handgelenk, hinter meinen Augen. Meine Finger sind eiskalt, aber mir steht der Schweiß auf der Stirn. Ich wische ihn mir mit dem Unterarm weg und murmle leise ihren Namen.
»Wo bist du?«
Dann höre ich es.
Ich springe hinter der Eismaschine hervor und reiße die Ladentür auf. Zoe steht an der Kasse, hat das Gesicht in den Händen vergraben. Ich bin verwirrt, verloren. Der Kassierer betrachtet sie von seiner Ladentheke aus, aber da ist niemand, der ihr wehtut. Warum weint sie dann nur so?
»Ich muss wirklich mal«, wimmert sie. »Können Sie die Toilette nicht reparieren?«
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, Sie können die Männertoilette benutzen.«
Sie lässt die Hände an ihren Seiten herabfallen. Die Tränen hinterlassen schwarz zerlaufene Spuren auf ihren Wangen, und ihre Augen sind rot und geschwollen. Sie sieht aus wie eine Süchtige.
»Das ist widerlich!«
»Hör mal, Kleine, ich führe hier keine Raststätte …«
Ich schleiche mich an die Theke und schaue Zoe direkt ins Gesicht. Das ist gespielt. Denke ich. Hoffe ich.
»Hey, Mann. Ist doch keine große Sache, mal nachzuschauen.«
Der Kassierer funkelt mich kurz an und sieht dann wieder zu Zoe.
»Komm schon, Prinzessin, ich darf den Laden nicht verlassen.«
»Das ist offensichtlich! Wann war denn das letzte Mal, dass Sie die Toilette geputzt haben?«
Ich zucke mit den Schultern. Als hätte ich nichts mit der Sache zu tun. »Sandwiches sind hinten?«
»Ja, im Kühlregal, neben dem Bier.« Er zeigt einen Gang hinunter, und ich bedanke mich mit einem Nicken, bevor ich in den hinteren Teil des Ladens spaziere.
Ich nehme das durchweichte, in Plastik verpackte Brötchen mit Schinken und Pastrami unter die Lupe, als der Kerl endlich mit Zoe im Schlepptau den Laden verlässt. Ich schleudere das Sandwich auf den Fußboden und stürze zur Ladentheke. Erreiche sie in wenigen Sätzen. Ich hatte auf eine Taste mit dem Wort LADE ÖFFNEN gehofft. Aber die gibt es nicht.
Ich blicke zum Eingang. Nichts.
Ich hämmere mit der Faust auf die Tasten ein. Kein Glück. Ich werde das ganze Mistding auf den Boden werfen. Das verdammte Geld aus der Kasse herausprügeln. Aber ich darf nicht so viel Lärm machen. Blut pocht in meinem Ohr. Das dauert viel zu lang. Länger, als es dauern dürfte . Ich drücke wahllos auf Tasten. Das verfluchte Ding piepst mich an, aber die Schublade öffnete sich nicht. Verdammt.
Ich schaue wieder auf. Wo sind sie nur? Schlage mit den Fäusten auf die Maschine ein. Es ist zu laut. Da muss doch irgendwo ein Hammer sein. Etwas Schweres. Um aus dem Scheißding Kleinholz zu machen. Ich suche auf der Ladentheke, unter den Regalen. Nichts.
»Verdammt!«
Aber da gibt es Kaugummis und anderes Zeug. Ich schnappe mir ein Päckchen und fahre mit dem Scanner über den Barcode. Neunundachtzig Cent. Ich drücke die FÜNF und dann den Knopf für CASH. Die Lade gleitet auf. Unter der Ladentheke blitzen Papiertüten und noch was anderes auf. Ich packe eine Tüte. Stopfe das Bargeld hinein. Es gibt nicht viel, nicht so viel, wie ich gehofft hatte. Aber genug, um uns von hier wegzubringen.
Er schreit sie an, und Zoe weint immer noch. Ich knalle die Lade zu. Ducke mich. Ich sehe seinen Schädel draußen vor dem Schaufenster, über den Zeitschriftenständern. Er kommt, ist nur noch ein paar Schritte von der Tür entfernt. Er packt den Griff. Ich spähe über die Ladentheke. Sehe Zoe durch die
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