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Die Gesichter der Zukunft

Die Gesichter der Zukunft

Titel: Die Gesichter der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Moskowitz
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Henry, Sie sind ja ganz blaß! Ist Ihnen nicht gut?«
    »Ja – nein, meine ich. Mir fehlt nichts. Aber sagen Sie nicht, daß ich dies oder das tun solle. Keine Anregungen und Vorschläge, bitte. Ich …« Aber wie konnte er es ihr erklären? Die plötzlichen Möglichkeiten, die sich ihm boten, ängstigten ihn halb zu Tode. Er brauchte sich nur etwas vorzustellen, und diese Szene war diejenige, in der er sich fand. Oder ein anderer gab ihm einen Gedanken ein, und zack! – schon war er dort. Zuerst war es ein wenig schwierig gewesen, aber jetzt hatte der Gedanke, diese gigantische Bestie, die Macht an sich gerissen.
    »Ihr Anzug«, sagte Lizzie.
    Aber er hatte Angst, sich auszuziehen. Was, wenn er plötzlich dächte …
    Nein, er mußte lernen, diese Sache zu beherrschen. Irgendwie war ihm etwas entgangen. Wenn er die ganze Gleichung und ihre Lösung zu Papier brächte, würde er die volle Antwort haben.
    Henry stürzte an Mrs. Doolin vorbei und in sein Arbeitszimmer. Er setzte sich schnell an seinen Schreibtisch und ergriff den Füllhalter. Da war Gleichung C. Wenn er nun den Rest davon lösen könnte, würde sich wahrscheinlich eine Möglichkeit ergeben, den Faktor des Willkürlichen auszuschalten …
    Lizzie folgte ihm ins Arbeitszimmer. »Henry, ich glaube, Sie müssen verrückt geworden sein. Sie können alle diese Männer in der Universität doch nicht einfach warten lassen!«
    Wups!
     
    Henry stöhnte und hörte den Rektor sagen: »Wir hatten damit gerechnet, daß Professor Mudge heute abend den Eröffnungsvortrag über das Thema …«
    Jemand zupfte ihn am Ärmel. »Er steht neben Ihnen, Sir.«
    Der Rektor schaute, und da war Henry Mudge, mit ausgebeulter Tweedjacke, Tintenflecken, Filzpantoffeln und allem. Schweißperlen standen auf Henrys gewölbter Stirn.
    »Fangen Sie gleich an«, flüsterte der Rektor. »Ich billige Ihre Aufmachung nicht, aber jetzt ist es zu spät.«
    Henry stand am Rednerpult, feuerrot und gewürgt vom Lampenfieber. Er überblickte die Menge der amüsierten Gesichter und räusperte sich. Langsam kehrte Ruhe ein.
    »Meine Herren«, sagte Henry, »ich habe eine höchst alarmierende Entdeckung gemacht. Vergeben Sie mir, daß ich so vor Ihnen erscheine, aber es war nicht zu vermeiden. Die Menschheit hat seit langem die Existenz eines Geisteszustands erwartet, in dem es möglich sein würde, dem Gedanken zu folgen. Doch niemals gelang eine tatsächliche Transposition des Körpers durch Gedanken allein, denn die Menschheit hatte nach einer vierten positiven Dimension Ausschau gehalten, statt die Frage nach einer negativen Dimension zu stellen. Die negative Dimension aber kann nicht die vierte Dimension sein, sondern sie ist, genau genommen, keine Dimension. Die Existenz von nichts als etwas …« Er brach verwirrt ab, als ihm seine Hauspantoffeln in den Sinn kamen. Einige der würdevollen Herren in der ersten Reihe zeigten erheiterte Mienen.
    Henry Mudges Knie zitterten. Jemand in der vierten Reihe verbarg einen offenen Heiterkeitsausbruch hinter seinem Taschentuch.
    »Ich meine«, fuhr Mudge verzweifelt fort, »daß, wenn ein Mann sich im Geist an einen anderen Ort versetzt, sein Geist tatsächlich für den Moment abwesend ist. Der Begriff ist uns allen bekannt und trifft den Kern der Sache. Der Jogi kennt verschiedene Wege, diesen Prozeß bis zur Vollkommenheit zu beherrschen. Von Buddha, der ein großer Denker war, ist bekannt, daß er körperlich an einem Ort erscheinen konnte, wo er nicht war. Die Metaphysik kennt übernatürliche Qualitäten ganz ähnlicher Art, und in der Parapsychologie gibt es den Begriff ›Apport‹ für ein Phänomen, in dem Menschen und Gegenstände in einem Raum erscheinen, ohne durch eine Tür gegangen zu sein …«
    Lieber Himmel, dachte er, dies ist ein furchtbares Durcheinander. Er konnte die Wahrheit hinter seinen Worten fühlen, aber wie sollte er sie überzeugend darstellen? Er schob seine Brille hoch und fuhr fort: »Wenn ein Mensch an einem anderen Ort zu sein wünscht, ist es ihm durchaus möglich, sich mittels seiner Phantasie augenblicklich an diesen Ort zu versetzen. Stelle man sich vor …«
    Er schluckte qualvoll. Ein schrecklicher Gedanke hatte ihn getroffen, schockierend genug, ihn seine Zuhörer und seine Kleidung vergessend zu machen. Man konnte sich irgendeinen Ort vorstellen und dann, praktisch im selben Augenblick, dort sein. Aber wie konnte man genügend Willenskraft aufbringen, sich aller Vorstellungen zu enthalten, deren Verwirklichung

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