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Die Gespenster von Berlin

Die Gespenster von Berlin

Titel: Die Gespenster von Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Khan
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schrie auch die Schwester, vor Schmerz, da saß der Teufel auf ihrem Buckel.
    »Ich verspreche dir, ich nehme den Teufel mit«, sagte sie.
    An diesem Morgen fuhren sie zum Besprechen, da wurde die Schwester in Hypnose versetzt. Eine tiefe Männerstimme sprach aus ihr: »Ich heiße Horst.«
    Da wussten sie, dass der Arbeitskollege dahintersteckt, der war ein guter Kumpel der Schwester gewesen. Er war ihr Brigadier in der LPG bei der Pflanzenproduktion gewesen und kurz zuvor auf Rügen gestorben. Der hatte immer viel getrunken und geraucht und mit seinem Leben rumgespielt, aber er war eigentlich ein guter Mensch. Der zog an ihr, der wollte sie mitnehmen. Er war wohl immer in sie verliebt gewesen und wollte wenigstens im Tod ihre ewige Treue. So war die Schwester kaum noch auf dem Boden, sie guckte immer nach oben in den Himmel und war schon fast weg. Nach der Hypnose ging es ihr wieder besser. Aber die Unruhe und der Wind waren immer noch im Haus, denn das mag der Teufel nicht, wenn man denjenigen hilft, die er unterhat. – Am Abend fuhr die Schwester zurück nach Rügen, und in dem Moment, als ihr Zug in Rostock ankam, war schlagartig wieder Ruhe im Haus. Das war Frau Erika so unheimlich, sie hat sich fast zu Tode gegruselt.
Frau Erika kassiert Lichtgeld
    Ende der 1980er Jahre hat sie im Ort Lichtgeld kassiert, für die Elektrizität. Sie ging von Haus zu Haus und hat die Zähler abgelesen und das Geld angenommen. Jedes Vierteljahr kam sie abkassieren, aber ohne Ankündigung, ohne Termin, die Leute wussten ja, dass Frau Erika irgendwannkommt. Und wenn sie sich eine Weile unterhielt mit jemandem, dann dauerte es eben bis zum nächsten Haus etwas länger. In einem der Häuser lebte eine ältere Dame, die stand oft hinter der Küchentür im toten Winkel. Die hatte zur Hofseite kein Fenster und konnte weit und breit nichts sehen von ihrer Ecke aus. Wann immer Frau Erika reinkam, egal zu welcher Zeit, stand sie schon hinter der Tür und rief: »Na Frau Erika, sind Sie schon wieder da?« Das war so merkwürdig, Frau Erika hatte immer ein schlechtes Gefühl und bekam eine Gänsehaut und hat sich arg erschrocken, wenn die alte Dame da wieder im Winkel stand und kein Fenster weit und breit und sie trotzdem wusste, wer da kam. »Na Frau Erika, sind Sie schon wieder da?«
    Als sie das nächste Mal auf Rügen war, erzählte sie ihrer Mutter davon und die Mutter riet ihr Folgendes: »Wenn du das nächste Mal hingehst, dann spuckst du vorher dreimal auf den Boden und rufst dreimal: ›Leck mich am Arsch!‹« Und so tat sie es, sie spuckte dreimal auf den Boden und rief dreimal »Leck mich am Arsch!«, bevor sie hineinging. Was geschah? Die Alte stand nicht mehr in ihrem Winkel. Sie saß hinten am Ofen mit dem siebten Buch Mosis und blätterte hektisch darin, die war ganz durcheinander.
    Da trat Erika näher an sie heran und sagte: »Na, so eine große Bibel hab ich noch nie gesehen.« Da war die Alte ganz erschrocken, hat das Buch fallen lassen, aber Erika hat sich nicht gebückt und es auch nicht angefasst. Seit diesem Vorfall wechselte die Alte stets die Straßenseite, wenn sie Frau Erika kommen sah, und sie stand nie wieder in dem Winkel in der Küche und hat nie wieder so unheimlich gegrüßt, wenn Frau Erika über den Hof kam, um dasLichtgeld zu kassieren. Deshalb hat Frau Erika auch immer eine Sicherheitsnadel dabei, damit die Bösen nicht an sie rangehen, denn die wollen sich nicht an ihr stechen. Und wenn die kleine Enkelin fragt, warum die Oma immer die Sicherheitsnadel dabeihat, sagt sie: Wenn ich nach Berlin fahre und ein Knopf geht ab, dafür ist das.
    Die alte Dame ist dann bald gestorben, aber sie hat das Buch vorher an einen Mann weitergeben müssen, sonst hätte sie nicht sterben können. Wenn man Frau Erika fragt, wer es jetzt wohl hat, dann sagt sie, sie weiß es nicht. Vielleicht hat die Alte es an denjenigen weitergegeben, der sich vor ihrem Tod um sie kümmerte. Der war kein Verwandter, aber er nannte die Alte immer Tante. Vielleicht hat er jetzt das siebte Buch Mosis. Vorsichtshalber sagt Erika immer insgeheim ihren guten Spruch, dreimal »Leck mich am Arsch«, wenn sie ihn in der Kaufhalle sieht, dann geht er nicht an sie ran.
Frau Erika und das schwere Sterben
    Frau Erika hat einen lieben und guten Mann abgekriegt, der zu arbeiten weiß und auch weiß, wie man das Geld nach Hause bringt, der auch im Haus von Nutzen ist, weil er geschickte Hände hat. Aber der gute Mann hatte eine sehr gehässige

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