Die Gewürzhändlerin
vergnügt. «So eine Überraschung, damit hatte ich ja nicht gerechnet.» Neugierig musterte sie Luzia von Kopf bis Fuß. «Was machst du denn hier? Ich dachte, du seiest Elisabeths Leibmagd. Nun reist du in Begleitung von Herrn Wied und …» Sie schlug eine Hand vor den Mund und lachte. «Oh, jetzt verstehe ich! Na, das ist ja wohl eine Neuigkeit, die ich sogleich Simon berichten muss …»
«Verzeiht, Frau Hedwig», unterbrach Martin rasch den Redestrom der Burgherrin. «Ich fürchte, ich muss da ein Missverständnis aufklären. Luzia und ich sind nicht … Sie reist als meine Gehilfin mit mir. Ihr Bruder, der mein Lehrling ist, begleitet uns ebenfalls.» Er deutete auf Anton, der sich zusammen mit Alban um die Pferde kümmerte.
«Gehilfin? Wo gibt es denn so etwas?» Verblüfft wanderte Hedwigs Blick zwischen Luzia und Martin hin und her. «Aber andererseits ist es Euer Glück, Herr Wied. Ich wollte Euch gerade schon schelten, weil Ihr dem armen Kind keine weibliche Hilfe zugestanden habt.» Wieder lachte sie. «Ich muss mich entschuldigen. Hier ist es doch oftmals sehr langweilig; eine solche Geschichte, wie ich sie bei Euch vermutete, hätte unsere Tage deutlich erhellt und uns neuen Gesprächsstoff geliefert. Andererseits … Wenn ich es recht bedenke, wäre es unsinnig, nicht wahr? Luzia ist ein liebes Mädchen, aber eine Bauerntochter dürfte wohl einem Mann wie Euch kaum anstehen. Sie besitzt ja nicht einmal eine nennenswerte Mitgift. Nichts für ungut, Luzia. Ich weiß, wie sehr Elisabeth dich schätzt. Aber nun bist du die Gehilfin eines Kaufmanns. Wie seltsam. Wie es dazu kam, muss ich unbedingt beim Abendessen erfahren!»
«Sie ist nicht nur meine Gehilfin», fügte Martin mit einem Seitenblick auf Luzias verschlossene Miene hinzu. Zwischen ihren Augen hatte sich eine steile Falte gebildet. «Sie ist außerordentlich talentiert und beginnt gerade, sich als Händlerin für Gewürze sowie Buch- und Tuchfarben einen Namen zu machen.»
«Ach, sagt bloß!» Hedwigs Stimme verriet deutliche Zweifel.
«Aber ja», bekräftigte Martin. «Gerade kommen wir von der Benediktinerabtei Laach, wo sie dem Bruder Cellarius eine Lieferung Cinnabarit, Auripigment, Rubia und noch einige andere Farben übergeben hat.»
«Nein, wirklich? Ich sehe schon, das wird ein interessanter Abend! Aber nun kommt erst einmal herein. Ich habe im zweiten Obergeschoss eine Kammer für Euch herrichten lassen. Eure Knechte können im Gesindehaus übernachten. Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass Ihr mit einem Lehrling und einer Gehilfin anreist. Aber Leni wird natürlich sogleich noch eine Kammer für die beiden herrichten. Wenn sie Geschwister sind, können sie ja wohl zusammen in einem Bett schlafen, nicht wahr?»
«Ich denke, das geht in Ordnung.» Martin nickte ihr freundlich zu.
«Also gut, dann folgt mir. Habt Ihr Gepäck, das nach oben gebracht werden muss?»
«Nichts, was wir nicht mit eigenen Händen tragen könnten», erwiderte Martin.
Hedwig wirbelte um ihre eigene Achse und eilte ins Haus. Martin und Luzia folgten ihr etwas langsamer.
«Danke, das hättet Ihr nicht zu tun brauchen», murmelte Luzia.
«Was meint Ihr?» Fragend hob er eine Augenbraue.
Sie zuckte mit den Achseln. «Es war nicht nötig, Ihr von den Farben zu erzählen.»
Er kniff kurz die Augen zusammen. «Aber es war notwendig, sie von dem Gedanken abzubringen, wir beide könnten verlobt oder gar verheiratet sein.»
«Ja.»
«Ja.» Er biss die Zähne zusammen.
«Stellt Euch vor», raunte sie, «was für Gerüchte sonst aufgekommen wären. Welch ein Bild hätte das auf Euch … auf uns geworfen.»
«Nach Euch», zischte er, als sie die steinerne Wendeltreppe erreichten, die das Erdgeschoss des Palas mit den oberen Wohnräumen verband.
* * *
«Nee, das is’ jetz’ nich’ wahr, oder?», kreischte Leni, die kleine, dralle Magd, als sie Luzia in der winzigen Kammer stehen sah. Sie ließ den schweren Strohsack einfach zu Boden gleiten und fiel Luzia um den Hals. «Das gibt’s nicht, das gibt’s nicht! Du bist es ja wirklich.»
Luzia erwiderte die Umarmung herzlich. Leni war eine der ersten Freundinnen gewesen, die sie auf der Burg gehabt hatte. «Lass dich ansehen», sagte sie und betrachtete die Magd eingehend. «Du siehst gut aus.»
«Ach was, ich seh wie immer aus. Aber meiner Treu, was hast du dich verändert», sprudelte es aus Leni hervor. «Siehst ja aus wie eine Herrin, nicht mehr wie eine Magd. Stehst du noch bei Elisabeth
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