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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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von Küneburg im Dienst?»
    «Von Manten», korrigierte Luzia sie lächelnd. «Eigentlich schon, aber jetzt gerade nicht.»
    «Wie das?» Leni sah sie verständnislos an.
    Luzia bückte sich und hob ein Ende der Strohschütte an. Sogleich packte Leni mit an, und sie wuchteten den Sack in die Mitte der Kammer. «Ich bin hier als Gehilfin des Kaufmanns Martin Wied. Du kennst ihn doch.»
    «Sicher kenne ich ihn. Gehilfin? Wie wird man denn so was?»
    «Das ist eine lange Geschichte, Leni.»
    Die Magd lachte. «Dann komm mit in die Küche. Thea hat bestimmt was Gutes zu essen für uns. Wie wird sie sich wundern, wenn sie dich sieht!» Sie wandte sich zum Gehen, doch Luzia hielt sie zurück.
    «Warte! Ich glaube, Frau Hedwig will, dass ich heute Abend mit im Speisezimmer esse.»
    «Was, das auch noch? Meiner Treu, du hast es ja weit gebracht. Trudi wird vor Neid erblassen, wenn sie das hört! Aber ich hab ja schon immer gesagt, dass du ein Glückskind bist.» Leni hakte sich bei Luzia unter. «Bis zum Abendessen ist es noch eine ganze Stunde hin. So lange können wir doch bestimmt in der Küche zusammensitzen, oder?»
    Lächelnd gab Luzia nach. «Ich wüsste nicht, was dagegen spräche.»
    * * *
    Fest in ihre Wolldecke gehüllt, stand Luzia am Fenster ihrer Kammer und blickte in die kühle Frühlingsnacht hinaus. Bei Tage konnte man von hier über die dichten Laubwälder und die Felder der Bauern blicken, die zu dieser Jahreszeit gerade erst gepflügt wurden oder erstes frisches, saftiges Grün zeigten. Verrenkte man sich den Hals ein wenig, konnte man rechts ein Stück des Weges erkennen, der in die kleine Stadt Kempenich hinabführte. Doch jetzt, am späten Abend, gab es dort draußen nichts als Finsternis und hin und wieder den Ruf eines Nachtvogels.
    Nach so langer Zeit wieder auf Burg Kempenich zu sein fühlte sich seltsam an. Viele Erinnerungen durchzogen Luzias Gedanken, schöne wie auch schreckliche. Hier hatte ihr neues Leben als Elisabeths Magd begonnen. Hier hatte sie die Liebe entdeckt – und wieder verloren; hier hatte sie die Schrecken der Pest erlebt – und überlebt. Wie sehr hatte sich die Welt seither verändert!
    Hedwig hatte ihr beim Abendessen den Platz neben Martin gegeben, sodass sie von allen Personen am Tisch am weitesten unten an der Tafel saß. Dennoch war sie von allen sehr höflich und zuvorkommend behandelt worden. Früher hatte sie niemals im Speisezimmer gegessen. Ihr Platz war beim übrigen Gesinde in der Küche gewesen.
    Noch immer schwirrte ihr ein wenig der Kopf von Hedwigs fröhlichem Geplauder, das kaum einmal für einen Moment abriss. Glücklicherweise hatte Martin es übernommen, dem Burgherrn und seiner Frau zu erklären, wie es sich begeben hatte, dass Luzia seine Gehilfin geworden war. Die Bestürzung über Konrads Unfall war groß gewesen, ebenso Hedwigs Anteilnahme, als Martin berichtete, dass Konrad nun nach langen Wochen endlich nach Hause gebracht worden war, wo er jedoch noch immer der Pflege bedurfte, da sowohl seine Kopfwunde als auch die inneren Verletzungen noch nicht wieder vollständig verheilt waren.
    Luzia hatte sich inzwischen so etwas wie einen Namen im Gewürz- und vor allem Farbenhandel gemacht. Bereits zehn Kunden kauften inzwischen bei ihr ein. Natürlich hatte sie die meisten von ihnen Martins Fürsprache zu verdanken, dennoch war ihr Name in Koblenz derzeit in aller Munde. Selbst Ulrich Thal hatte sie bisher immer recht zuvorkommend behandelt, obgleich sie gehört hatte, dass er mit Konkurrenten sonst nicht so gnädig verfuhr. Siegfried hatte sie nach jenem sonntäglichen Mittagsmahl nicht noch einmal eingeladen, was aber wohl daran lag, dass er sich fast ständig auf Reisen ins Umland befand. Doch sooft sie einander in der Kirche oder in der Stadt begegneten, war er immer voll der Bewunderung und sparte nicht mit Komplimenten. Sie wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. Elisabeth hatte bereits die Vermutung geäußert, Siegfried wolle ihr den Hof machen, doch Luzia bezweifelte dies. Auch wenn die Familie Thal ihre Herkunft nicht kannte und sie für eine verarmte Bürgerstochter hielt, würde doch das Fehlen einer Mitgift Siegfried von dergleichen Gedanken abhalten. Unglücklich war sie nicht darüber, denn obgleich sich Siegfried ihr gegenüber immer äußerst freundlich gab, wäre es ihr niemals in den Sinn gekommen, seinem Werben nachzugeben.
    Seufzend wandte Luzia sich vom Fenster ab. Sie öffnete die Verschnürung ihres Surcots und zog ihn

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