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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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So was Schönes hab ich meiner Lebtage nicht gesehen. Kein Wunder, dass Ihr es verbergt. Gewiss gibt es Leute, die ihre rechte Hand für so was Wertvolles geben würden.» Ehrfurchtsvoll beäugte die Hurenwirtin das Schmuckstück. «Darf ich es berühren?»
    Unwillkürlich kamen Luzia die Worte ihrer Mutter in den Sinn, die diese in Luzias Traum an sie gerichtet hatte:
«Dein Glücksbringer. Nie hätten wir gedacht, dass dies eine so mächtige Reliquie ist. Sie dient nur denjenigen, die im Herrn wandeln, Luzia. Jeden anderen wird sie vernichten.»
    Unsicher blickte sie Klarissa in das erwartungsvolle Gesicht. Eine Hure, Wirtin eines Bordells, war doch gewiss kein Mensch, der im Herrn wandelte, oder? Würde Klarissa etwas Schlimmes geschehen, wenn sie die Reliquie berührte?
    Ehe sie die Hurenwirtin jedoch davon abhalten konnte, hatte Klarissa bereits eine Hand ausgestreckt und tippte leicht gegen den silbernen Rahmen des Kruzifixes.
    Nichts geschah.
    «Wie außergewöhnlich», murmelte Klarissa und umfasste das Kreuz neugierig.
    Luzia atmete auf. Für einen Moment hielt Klarissa das Kreuz fest, betrachtete es mit dem Anflug eines Lächelns und ließ es anschließend vorsichtig an seinen Platz an Luzias Brust gleiten. Dabei achtete sie gewissenhaft darauf, Luzia nicht zu berühren. «Wie eigenartig», sagte sie und betrachtete ihre Hand. «Es fühlt sich richtig warm an. Bestimmt weil Ihr es so nah am Körper tragt, nicht wahr?» Klarissa blickte Luzia bedeutungsvoll an: Die Augen der Hurenwirtin brachten zum Ausdruck, dass sie verstanden hatte, dass ihre Worte nicht der Wahrheit entsprachen.
    Luzia nickte ihr zu. «So wird es sein, Klarissa. Ich trage es immerzu unter meinem Kleid.»
    «Ich glaube, jetzt weiß ich, warum ich Euch so mag», bekundete Klarissa. «Ich wünschte, ich könnte Eure Freundin sein.»
    Luzia lächelte leicht. «Ich denke, das bist du, Klarissa. Ich denke, das bist du.»

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20. Kapitel
    P rüfend blickte Martin sich auf dem menschenleeren Deck der
Ludwina
um. Es war kurz nach Mittag und ungewöhnlich warm für diesen Frühlingstag. Der Hafen lag beinahe verlassen da, weil die meisten Schiffsleute und Arbeiter sich zum Schutz vor der stechenden Sonne ein schattiges Plätzchen gesucht hatten. Ihm kam die beinahe unwirkliche Ruhe gut zupass, half sie ihm doch, ungestört über seine nächsten Pläne nachzudenken. Rasch kletterte er über die Brücke an Land und schulterte den Beutel mit dem wertvollen Kästchen darin. Er würde zunächst einen zuverlässigen städtischen Boten ausfindig machen, dem er den Brief, den er am Morgen für Luzia verfasst hatte, zusammen mit dem Kästchen anvertrauen konnte. Ein Bewaffneter musste es sein, denn der Inhalt des Kastens wäre reiche Beute für Räuber und Wegelagerer. Dann würde er Anton beauftragen, die Pferde reisefertig zu machen. Hier konnte er nicht mehr viel tun. Er würde sich also auf den Heimweg begeben, jedoch nicht, wie er zunächst vorgehabt hatte, auf dem Schiffsweg. Nein, er würde den Rhein entlang über Land reiten und einen kleinen Abstecher durch den Hunsrück machen, wo es einige Burgen gab, die er schon lange nicht mehr aufgesucht hatte.
    Als er den Marktplatz überquerte, ließ der lustige Klang einer Flöte ihn aufmerken. Lauschend blieb er einen Moment stehen, steuerte dann auf das Spektakel zu, das bereits von einer Menschentraube umringt wurde. Ein Trupp Gaukler kündigte gerade eine Vorstellung an. Die Stimme des Anführers schallte laut und deutlich über die Köpfe der Menschen hinweg und drang ohne Schwierigkeiten bis in die hintersten Reihen. Jubelrufe und Applaus wurden laut. Martin schob sich unter Benutzung seiner Ellenbogen durch die Reihen nach vorne und erblickte einen schmalen kleinen Mann mit dunklem Haar und Kinnbärtchen, der ein Hündchen durch einen Ring springen ließ. Wieder klatschten die Menschen ringsum begeistert.
    Noch einmal erklang die Flöte mit einer fröhlichen Weise. Martin versuchte, den Spieler auszumachen, und entdeckte ihn schließlich auf der Ladefläche eines Ochsenkarrens. Es war Roland, wie er auf den ersten Blick erkannte.
    Still betrachtete er den hübschen jungen Mann mit den langen schwarzen Haaren, die er im Nacken zu einem glatten Zopf gebunden trug. Martins erster Impuls war Eifersucht. Schon wollte er sich abwenden, doch dann entschied er sich anders. Er wartete, bis die Gaukler ihre Vorstellung beendet hatten; anschließend schob er sich durch die sich

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