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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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einen kurzen Blick zu Martin. Er verzog keine Miene, doch schien er ihren Worten sehr konzentriert zu lauschen. Rasch sah sie wieder auf den Rand einer der Silberschalen auf dem Tisch. «Während der langen Reise und später während der heftigen Kämpfe im Heiligen Land begegneten Radulf und Jost einem weiteren Ritter, Eginolf von Küneburg.»
    «Meinem Ahnvater», warf Elisabeth rasch ein.
    «Zwischen den drei Männern muss eine tiefe Freundschaft entstanden sein», fuhr Luzia fort. «Bevor sie nach Hause zurückkehrten, teilten sie eine Reliquie untereinander auf, die sie den heidnischen Sarazenen entrissen hatten, und schworen einander für alle Zeit und für alle ihnen nachfolgenden Generationen gegenseitige Freundschaft, Treue und Unterstützung.»
    «Ei der Daus!», entfuhr es Augusta. «Wie kommt es, dass niemand mehr in unserer Familie etwas von diesem Schwur weiß?»
    «Darauf kann ich dir leider keine Antwort geben», erwiderte Martin und versuchte kurz, Luzias Blick einzufangen, doch sie wich ihm konsequent aus. «Vielleicht ergibt die Übersetzung der Briefe, die ich gefunden habe, einen Hinweis darauf. Ich werde gleich morgen jemanden auftreiben, der dies übernehmen kann.»
    «Ich habe noch eine bessere Idee», unterbrach Elisabeth ihn. «Wir erwarten in Kürze Bruder Georg bei uns. Er wird uns ganz sicher gerne helfen, die Schriftstücke zu übersetzen.»
    «Wer ist Bruder Georg?», wollte Konrad wissen.
    Elisabeth lächelte. «Bruder Georg war seit meiner Kindheit mein Beichtvater. Derzeit lebt er bei meinen Eltern auf der Küneburg, doch aus …» – sie zögerte kurz – «verschiedenen Gründen habe ich ihn vor kurzem gebeten, uns zu besuchen. Sobald er in Koblenz eintrifft, werde ich ihm mit Freude berichten, dass wir endlich die Familie Radulfs von Wied ausfindig gemacht haben.» Sie wandte sich Martin zu. «So gesehen ist es direkt ein glücklicher Zufall, dass Ihr uns vor zwei Jahren gegen meinen Stiefonkel beistehen konntet.»
    «Das war, noch bevor ich die Schriftstücke fand», antwortete Martin. «Ja, es mag ein glücklicher Zufall gewesen sein. Zumindest hat er mich in die Lage versetzt, wenigstens einen winzigen Teil der über zwei Jahrhunderte versäumten Unterstützung wieder wettzumachen.»
    «Ich glaube nicht, dass wir da etwas aufwiegen müssen», erwiderte Elisabeth ernsthaft. «Bestimmt gibt es eine einleuchtende Erklärung dafür, dass die Geschichte in Eurer Familie in Vergessenheit geriet. Auch ist mir nicht bekannt, dass es irgendeine Verpflichtung gab, einander immer und in jeder Generation beizustehen. Nur das Versprechen, es zu tun, wenn sich die Gelegenheit ergibt.»
    «Dennoch scheint der Anteil meiner Familie sehr ins Hintertreffen geraten zu sein. Soweit ich es beurteilen kann, habt sowohl Ihr als auch die Familie Bongert von Anbeginn daran festgehalten.»
    «Nein, Herr Wied, so ist es nicht», widersprach Luzia. «Frau Elisabeth und ich entdeckten auch erst vor drei Jahren die Verbindung zwischen unseren Familien, als ich in ihren Dienst trat und wir feststellten, dass jede von uns einen Teil jener wertvollen Reliquie besaß. Und Ihr braucht Euch auch nicht zu sorgen, dass Euer Part des Schwurs ins Hintertreffen geraten ist. Radulfs Bruder, Arnold von Wied, hat den Anteil seines Bruders an dem Versprechen übernommen und an die Familie der Grafen von Kempenich, insbesondere an seinen Bruder Siegfried, weitergegeben. Zwischen meiner Familie und dem Grafengeschlecht von Kempenich besteht seither eine enge Verbindung.» Dass diese Verbindung hauptsächlich darin bestanden hatte, dass Siegfried auf Radulfs Wunsch hin Jost Bongert aus der Leibeigenschaft befreit und ihn mit einem Hof zu Blasweiler samt etwas Land belehnt hatte, verschwieg sie wiederum. Natürlich hatte auch ihre Familie über die Generationen immer wieder einen Weg gefunden, den Kempenichern zur Seite zu stehen, doch auch dazu wollte sie sich nicht weiter äußern.
    Martin nickte ihr zu. «Dann ist Radulf also gar nicht aus dem Heiligen Land zurückgekehrt?»
    Elisabeth schüttelte den Kopf. «Soweit uns bekannt ist, blieb er in Jerusalem zurück. Was genau er dort tat und wohin er später ging, ist uns nicht bekannt.»
    «Nun, zumindest muss er verheiratet gewesen sein», folgerte Augusta, «denn wie sonst kann es sein, dass seine Nachfahren später als Kaufleute in Wied auftauchten?»
    «Sehr gut bemerkt, Mutter», sagte Martin. «Ich sehe, wir werden noch einiges an Arbeit vor uns haben, wenn wir diesem

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