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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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gelesen? Und das
Liber Abbaci
!
    Martin ballte die Hände zu Fäusten. Welche Frau hatte ihn jemals zuvor mit einem einzigen Blick derart aus dem Gleichgewicht gebracht?
    Besser war es, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, weshalb er sie doch nicht als Gehilfin benötigte. Das war ganz sicher das Beste für alle Beteiligten. Allzu böse würde sie ihm nicht sein – so widerwillig, wie sie auf seine Bitte, ihm zu helfen, eingegangen war. Vermutlich wäre es ihr nur recht, von dieser Verpflichtung befreit zu werden.
    Kopfschüttelnd blickte er auf seine verkrampften Fäuste und entspannte seine Finger ganz bewusst wieder. Gleich morgen früh würde er Elisabeth aufsuchen, sich bei ihr entschuldigen und erklären, dass er anderweitig Hilfe gefunden hatte.
    Vor dem Eingang seines Hauses blieb er stehen und griff nach dem Schlüsselbund an seinem Gürtel. Zwar war es bereits tiefe Nacht, doch neben der Tür hing noch eine kleine Öllampe, die etwas Licht spendete. Ein sicheres Zeichen, dass seine Mutter die Knechte angewiesen hatte, nicht den Riegel von innen vor die Tür zu legen, damit Martin noch ins Haus kam, ohne einen der anderen Bewohner wecken zu müssen.
    Überrascht hob er den Kopf, als er hinter sich leise Schritte vernahm. Augenblicke später bog ein Mann um die Ecke und steuerte ebenfalls auf die Haustür zu. Beim Anblick Martins blieb er abrupt stehen.
    «Konrad?» Verblüfft ging Martin einen Schritt auf seinen jüngeren Bruder zu. «Wo kommst du denn jetzt noch her?»
    «Martin.» Konrads Stimme klang verlegen. «Ich hatte nicht gedacht, dass du jetzt noch unterwegs bist.» Er räusperte sich. «Warst du bei …?»
    «Ich war in der Badstubengasse.» Martin musterte seinen Bruder ausgiebig. «Und du?»
    Konrad schien noch verlegener zu werden. «Ich, ah, war in … in …»
    Martin unterdrückte ein Grinsen und winkte ab. «Vergiss es, ich will es gar nicht wissen. Hoffentlich hast du dich gut amüsiert.»
    «Äh, also, na ja, mmh …» Mehr als ein Stottern brachte Konrad nicht heraus. Mit äußerster Aufmerksamkeit betrachtete er seine Schuhspitzen.
    Martin schüttelte den Kopf. «Lass uns hineingehen. Es ist viel zu spät, um lange hier herumzustehen. Morgen wird ein langer Tag.» Er schloss die Tür auf und ließ Konrad den Vortritt. Sorgfältig legte er den schweren Riegel vor die Tür und ging dann rasch in seine Schlafkammer hinauf. Aus der Kammer seines Bruders auf der anderen Seite des Ganges drang leises Rumoren, dann war es still im Haus. Lediglich die Dachbalken knarrten hin und wieder.
    Rasch entkleidete sich Martin und wusch sich ausgiebig mit dem kalten Wasser, das in einem großen irdenen Krug bereitstand, und der scharfen, jedoch wohlriechenden Seife, die er aus Italien mitgebracht hatte. Das tat er immer, wenn er von Klarissas Haus zurückgekehrt war. So gerne er die Dienste der Hübschlerinnen in Anspruch nahm, so wenig wollte er riskieren, sich eine der Krankheiten einzufangen, die in Bordellen immer mal wieder umgingen und deren Ursprung niemand kannte.
    Danach schob er sich unter seine Decke und lächelte kurz, als er mit den Zehen gegen den in ein Tuch gewickelten und noch warmen Ziegelstein stieß. Die Nächte wurden bereits empfindlich kalt; erster Frost lag in der Luft. Was gab es da Angenehmeres als ein bereits vorgewärmtes Bett?
    Martin biss erneut die Zähne zusammen; er versuchte seine Gedanken zu zwingen, nicht in die befürchtete Richtung zu entgleiten. Er verlor den Kampf. Anstelle des Ziegelsteins, der seinen Dienst als Wärmequelle sicherlich ausreichend erfüllte, war vor Martins innerem Auge die Gestalt eines weichen, anschmiegsamen Frauenleibes getreten. Ungehalten stieß er die Luft aus; fast klang es wie das Fauchen eines Wildtieres. Er schalt sich selbst einen dummen Hund und bemühte sich dann nach Kräften, jenem Frauenkörper einen Kopf mit langem blondem Haar aufzusetzen. Oder doch lieber mit braunem? Er versuchte, sich Gerlies vorzustellen. Sie hatte recht hübsches braunes Haar. Über den inneren Kampf, den er mit sich ausfocht, schlief er schließlich ein.

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9. Kapitel
    L uzia kämpfte mit sich. Den gesamten Weg zum Florinshof überlegte sie, wie sie Martin Wied am besten absagen könnte. Sie wusste, es war nicht recht, ihn im Stich zu lassen. Nicht nur weil es diesen Schwur gab, an den die drei Familien gebunden waren, sondern auch weil es einfach nicht ihre Art war, ein Versprechen zurückzunehmen. Wenn es stimmte, was sie über

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