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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Herzen genommen? Zum ersten Mal war sie nicht vor ihm zurückgeschreckt. Natürlich hatte er ihr Zögern bemerkt, bevor sie sich auf seinen Arm gestützt hatte. Er wusste nicht recht, ob er sich darüber freuen sollte, dass sie nun offenbar bemüht war, ihre Abneigung ihm gegenüber zu unterdrücken oder zumindest besser zu verbergen. Wenn er nur ebenso gut in der Lage wäre, seine verwirrenden und widersprüchlichen Gefühle ihr gegenüber unter Verschluss zu halten, würde er die Gespräche mit ihr und vor allem ihre Schlagfertigkeit durchaus genießen können. Er hatte das Gefühl, dass sie sich gerne stritt: eine Beschäftigung, der auch er nicht abgeneigt war, wenn er denn einen ebenbürtigen Gegner vor sich hatte. Und ebenbürtig war sie ihm, wie es schien – zwar nicht vom Stande her, doch in jedem Falle im Geiste.
    Als Martin das Anwesen Ulrich Thals erreicht hatte, verbannte er tunlichst alle Gedanken an Luzia aus seinem Kopf und konzentrierte sich auf den Grund, der ihn hergeführt hatte.
    * * *
    Obgleich sie sich redlich bemühte, ihre Hände zu beschäftigen und sich abzulenken, raste ihr Herz immer noch in ihrer Brust. Sie hatte sich geirrt, ganz gewiss. Es war nicht Roland gewesen, den sie in der Menschenmenge erkannt zu haben meinte. Wie viele Männer mit langem schwarzem Haar gab es wohl? Und wer wusste, ob er überhaupt noch lebte. Während der großen Pestilenz waren so viele Menschen gestorben; außerdem war das Leben eines fahrenden Gauklers recht hart.
    Geistesabwesend rieb sie mit den Fingerspitzen über einen Fleck auf dem Schragen. Wenn er noch am Leben war, würde er dann nicht mit seiner Truppe von Jahrmarkt zu Jahrmarkt reisen? Wäre Koblenz nicht ein sehr lohnendes Ziel? Luzia schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verscheuchen. Das war verrückt! Wie lange hatte sie nicht mehr an Roland gedacht? Und hatte sie nicht alle Erinnerungen an ihn in den hintersten Winkel ihres Herzens verbannt? Es hatte keinen Sinn, Vergangenem nachzutrauern.
    Sie hatte Roland einst auf Burg Kempenich kennengelernt, als er dort mit seiner Truppe das Winterlager aufgeschlagen hatte. Damals, es war der Abend eines großen Festbanketts gewesen, hatte er sie vor dem Übergriff eines betrunkenen Fuhrknechts bewahrt und war ihr danach nicht mehr von der Seite gewichen. Obwohl Elisabeth nicht begeistert davon gewesen war, hatte Luzia sich fortan immer häufiger mit Roland getroffen, seinen Geschichten und Liedern gelauscht und die aufregenden Gefühle der ersten großen Liebe kennengelernt.
    Auch Roland hatte sie geliebt. Das hatte er ihr nicht nur immer wieder gesagt, sondern sie hatte es gespürt. Nie hatte er sie gedrängt, ihm zu Willen zu sein oder mehr zu tun als das, wozu sie bereit war. Fast ein halbes Jahr waren sie glücklich miteinander gewesen, bis Roland und seine Truppe kurz nach Ostern anno 1349 wieder fortziehen mussten.
    Wie schwer war es für sie beide gewesen, Abschied zu nehmen! Sie wussten, dass ihre Liebe keine Zukunft haben konnte. Roland lebte auf der Straße; Luzia hingegen hatte eine gute Stellung bei Elisabeth, die aufzugeben mehr als unvernünftig gewesen wäre. In der letzten Nacht vor Rolands Abreise hatte sich Luzia ihm schließlich doch hingegeben, und dieses letzte Beisammensein hatte sie im Herzen behalten wollen. Dort hatte die Erinnerung daran nach wie vor einen festen Platz, auch wenn sie sie im Verlaufe der zweieinhalb Jahre, die seither vergangen waren, immer mehr verdrängt hatte. Die Liebe, die sie miteinander geteilt hatten, war einzigartig gewesen; und das nicht nur, weil sie in dem Bewusstsein gehandelt hatten, dass sie einander vermutlich niemals wiedersehen würden. Roland war ihrem Herzen und ihrem Geiste so nahe gewesen wie niemals jemand zuvor.
    Konnte es sein, dass er nach Koblenz gekommen war? Dass er vielleicht gerade in diesem Augenblick irgendwo auf dem Florinsmarkt oder in einer der angrenzenden Gassen seinen Onkel, den Troubadour Heinrich, oder die beiden ungleichen Zwillinge Friedbert und Siegbert auf seiner Flöte begleitete, während sie ihre Scherze trieben und lustige oder unflätige Lieder sangen?
    Ohne sich dessen bewusst zu werden, hob sie den Kopf und lauschte den Geräuschen ringsum. Stimmengewirr, die Rufe der Marktschreier, gackernde Hühner, blökende Schafe, schreiende und lachende Kinder und natürlich irgendwo auch Musik. Sie vernahm den Rhythmus einer Trommel, das Schnarren einer Schalmei, auch Flötenklänge wehten zu ihr herüber,

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