Die Gewürzhändlerin
Stimmungsumschwung jedoch schon. Was verspricht er sich davon, mein Schwiegervater zu werden? Er hat selbst einen Sohn, der seine Nachfolge antreten wird. Siegfried ist ein guter Kaufmann und wird über einen Teilhaber möglicherweise nicht allzu erfreut sein.»
«Hast du schon einmal mit ihm gesprochen, seit du zurück bist?»
«Nein, er scheint derzeit nicht in Koblenz zu sein.»
«Er hat sich zu einem rechten Schürzenjäger entwickelt, wie man hört. Treibt sich gerne mit den eigenen Mägden herum und macht braven Bürgerstöchtern schöne Augen.» Augusta rümpfte die Nase. «Thal täte gut daran, zunächst einmal seinen Sohn zu verheiraten, finde ich. Aber was geht es mich an?» Sie musterte Martin prüfend. «Du wirst also übermorgen bei Thal zu Abend essen.»
«So ist es ausgemacht. Entscheiden werde ich mich aber erst …» Martin hielt inne, als er hörte, dass die Haustür ungestüm aufgestoßen wurde. Schritte näherten sich; im nächsten Moment flog die Stubentür auf, und Konrad stürmte herein. Erbost schoss er auf seinen älteren Bruder zu und fixierte ihn.
«Du hast vor zu heiraten?» Konrads Stimme zitterte leicht vor unterdrücktem Zorn.
Martin blickte überrascht auf. In derartiger Stimmung kannte er seinen Bruder nicht. Konrad war normalerweise eher sanftmütiger Natur. «Wer sagt das?»
Konrad trat noch einen Schritt auf ihn zu und starrte ihn wütend an. «Das tut nichts zur Sache. Ich will wissen, ob es wahr ist. Hast du vor, Irmhild zu heiraten?»
Langsam erhob sich Martin. «Thal hat mir ihre Hand angetragen. Ich habe weder zugesagt noch abgelehnt. Allerdings würde es mich interessieren, was dich das …»
«Verdammt, das wirst du nicht tun!», unterbrach Konrad ihn und packte ihn am Kragen. Mit unerwarteter Kraft schüttelte er Martin durch.
Augusta sprang entsetzt auf. «Konrad, was ist denn in dich gefahren?»
«Es ist mir gleich, ob du der Ältere von uns beiden bist und das Vorrecht hast!», schrie Konrad seinen Bruder an. «Ich will nicht, dass du das tust. Ich lasse es nicht zu, hörst du?»
Martin griff nach Konrads Händen und versuchte, sie von seinem Wams zu lösen. Als es ihm gelungen war, stieß er seinen Bruder von sich. «Was soll das, Konrad? Bist du verrückt geworden?» Mit einer flinken Bewegung wehrte er seinen Bruder ab, der sich erneut auf ihn stürzen wollte, und gab ihm eine Ohrfeige, die gerade fest genug war, dass Konrad innehielt.
Martin blickte ihm prüfend ins Gesicht. «Nun noch einmal von vorne. Weshalb soll ich Irmhild nicht heiraten?»
Konrad wollte erneut aufbrausen, doch diesmal legte ihm Augusta eine Hand auf den Arm. «Junge, reiß dich zusammen», mahnte sie.
«Ich weiß nicht, was der alte Thal dir erzählt hat», sagte Konrad mit zitternder Stimme. «Aber Irmhild will dich ganz bestimmt nicht heiraten.»
«Will sie nicht?»
«Nein.»
«Und woher weißt du das?»
Konrad schluckte. «Ich … sie … Wir sind verlobt.» Er stieß heftig die Luft aus. «Heimlich verlobt.»
«Konrad!» Erschrocken schlug Augusta eine Hand vor den Mund.
«Soso.» Martin setzte sich wieder. «Das ist allerdings ein gutes Argument, Bruder.» Sein Blick verfinsterte sich. «Konntest du mir das nicht früher sagen?»
Konrad senkte betrübt den Blick. «Ich wusste nicht, wie. Wir haben so schon genug Probleme, und es wäre ja an dir, zuerst eine Braut zu erwählen.»
«Ach du liebe Zeit, was wolltest du denn tun? Auf ewig heimlich verlobt sein?» Martin schüttelte verständnislos den Kopf. «Dir muss doch klar sein, dass Thal seine Tochter mit dem Meistbietenden verheiratet, wenn es ihm passt.» Er schwieg einen Moment. «Wie lange geht das schon mit euch?»
Konrads Schultern sackten nach unten. «Seit dem Frühjahr, fünf Monate etwa.»
«Du meine Güte, und ich habe nichts davon bemerkt», klagte Augusta und rang die Hände.
«Du willst das Mädchen also heiraten.»
Konrads Kopf ruckte hoch. «Natürlich. Wozu sonst verlobt man sich?»
Martin, den die Empörung seines Bruders amüsierte, unterdrückte ein Lächeln. «Dann haben wir jetzt ein Problem. Thal hat sich in den Kopf gesetzt, Irmhild mir anzuverloben. Das hat keine anderen Gründe als geschäftliche. Mit dem jüngeren Bruder wird er sich nicht zufriedengeben. Ich bin nach Bertholff der nächste Erbe des Kontors. Bertholff scheidet aus; er hat in Italien das Erbe unseres Onkels angetreten und wird auf das hiesige Geschäft verzichten.» Er seufzte. «Es tut mir leid, Bruder, aber ich sehe
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